STUTTGART. Es war schon vor Saisonbeginn klar, dass ihm diese Sätze nachhängen werden. »Ich bin mir sehr sicher, dass wir in dieser Saison mit dem Abstieg nichts zu tun haben werden«, sprach Sportvorstand Michael Reschke, als es für den VfB Stuttgart in der Saisonvorbereitung bestens lief. Kein Spiel verloren, alle Transfers vorzeitig unter Dach und Fach, auch Benjamin Pavard zeigt keine Abwanderungsgedanken, als jeden Tag ein neues Angebot für den Weltmeister durch die Gazetten geistert.
Und jetzt? Die ersten drei Pflichtspiele sind gespielt, alle drei verloren, noch kein Tor erzielt. Ein historisch schlechter Saisonstart, der VfB Stuttgart befindet sich in der zweiten Saison nach dem direkten Wiederaufstieg erneut in Tabellenregionen, die Michael Reschke vor dem Saisonstart weit von sich gewiesen hatte. Und ausgerechnet jetzt auch noch eine Länderspielpause. »Das kommt zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, das wird eine grausam lange Zeit«, sprach der Sportvorstand nach der absolut desillusionierenden 0:3 (0:1)-Niederlage gegen den deutschen Rekordmeister FC Bayern München.
»Wir dürfen uns jetzt nichts einreden lassen. Das wäre das Schlimmste«
Zwar weigert sich Reschke beharrlich, einen Zusammenhang zwischen der chancenlosen Niederlage gegen den FC Bayern und der tatsächlichen Verfassung der Stuttgarter Mannschaft zu sehen (»Die spielen in einer anderen Liga. Was den FC Bayern anbelangt, ist nichts passiert, was mich irgendwie überrascht. Die werden Meister in dieser Saison, in der nächsten und auch in der übernächsten werden sie es wieder«), aber getroffen hat ihn der Rückschlag trotzdem. »Das war extrem heftig, null Punkte, das ist eine schwierige Situation, keine Frage aber wir sind absolut überzeugt davon, aus dieser misslichen Lage wieder heraus zu kommen.«
Nach dem Pokal-Aus in Rostock (0:2) und dem Liga-Start in Mainz (0:1) weiter ohne Tor, das gab es noch nie. Noch nicht einmal einen Torschuss gaben Mario Gomez und seine Freunde gegen die Münchner ab. »Die waren uns in allen Belangen überlegen, keine Frage, die Niederlage geht auch in dieser Höhe vollkommen in Ordnung«, gab Reschke zu.
Mario Gomez versuchte direkt nach dem Spiel, gegenzusteuern. »Natürlich haben wir uns das anders vorgestellt, aber wie wir aufgetreten sind, hast du gegen den FC Bayern keine Chance. Deshalb dürfen wir uns aber nichts einreden lassen, das wäre das Schlimmste.« Der SC Freiburg und Fortuna Düsseldorf, die Gegner nach der Länderspielpause, »das sind die Mannschaften, mit denen wir uns messen müssen in der Bundesliga«.
Hoffnung machte der Auftritt gegen den FC Bayern aber auch nicht. Trainer Tayfun Korkut entschied sich für vier defensive Mittelfeldspieler vor der Viererkette, mehr Defensive geht kaum noch. Klar, dass bei einer solchen Ausrichtung der Weg zum gegnerischen Tor sehr weit ist. Reschke sagt noch schnell, »das taktische Konzept unseres Trainers kam mir schlüssig vor«. Nur keine Zweifel.
Korkut wechselte auf ungewohnt vielen Positionen. Holger Badstuber musste nach seinen katastrophalen Vorstellungen in Rostock und Mainz ebenso draußen bleiben wie Nicolás Gonzalez und zunächst Erik Thommy. Daniel Didavi hatte sich ebenfalls Hoffnung auf die Startformation gemacht, musste aber auch auf der Ersatzbank Platz nehmen. Dafür rückte Anastasios Donis in die Startelf. Korkut entschied sich für Benjamin Pavard und Timo Baumgartl in der Innenverteidigung, auf den Außenpositionen Pablo Maffeo und Emilano Insua. Sie hofften auf Konter, aber dazu kamen sie gegen die Bayern nicht, phasenweise sahen die Stuttgarter trotz guten ersten 30 Minuten keinen Ball. 12:0-Ecken für die Mannschaft von Trainer Niko Kovac sind eine eindeutige Angelegenheit. Bundestrainer Joachim Löw staunte auf der Tribüne.
Trotzdem dauerte es bis zur 37. Minute, ehe Leon Goretzka mit seinem ersten Bundesliga-Tor für seinen neuen Club nicht nur Kommentator Lothar Matthäus (»Länderspielreife Leistung«) jubilieren ließ, sondern auch die Taktik der Stuttgarter zusammenfallen ließ wie das sprichwörtliche Kartenhaus. Mit dem ersten Bayern-Tor war das Spiel entschieden. Robert Lewandowski (62.) und Thomas Müller (76.) erzielten die übrigen Treffer. Es hätten noch mehr werden können, für die Bayern hatte die Begegnung ohnehin nach dem ersten Tor nur mehr den Charakter eines Trainingsspiels.
»Keine Frage, das müssen wir ganz schnell abhaken, das war gar nichts. Vielleicht ist die Pause gar nicht schlecht, um uns neu auszurichten«, bemerkte Torwart Ron-Robert Zieler. (GEA)