Pokljuka (dpa) - Nach dem perfekten Biathlonrennen waren bei Denise Herrmann auch die letzten Selbstzweifel verflogen.
»Dass ich so einen Einzel mal gewinne, das hätte ich nicht gedacht. Das fühlt sich wie ein Ritterschlag an«, sagte die überwältigte Sächsin. Weil die frühere Langläuferin erstmals in ihrer Karriere viermal fehlerfrei schoss, war die 31-Jährige im Weltcup-Einzel von Pokljuka nicht zu schlagen. »Wunder passieren immer wieder«, sagte Herrmann: »Ich bin einfach nur überglücklich, dass mir das so gelungen ist.«
Ihr »bestes Rennen überhaupt« habe sie gezeigt, sagte Deutschlands derzeit stärkste Biathletin nach dem ersten Erfolg seit ihrem WM-Verfolgungsgold vor mehr als zehn Monaten und dem fünften Weltcupsieg ihrer Laufbahn insgesamt. Nicht alles lief zuvor in diesem Winter perfekt, Herrmann kam aufgrund teilweise durchwachsener Leistungen am Schießstand zwischenzeitlich schon ins Grübeln. »Heute ist es mir wirklich gut gelungen, bei mir zu bleiben. Ich habe das Scheibe für Scheibe sehr gut abgearbeitet«, sagte sie.
Gut drei Wochen vor dem Start der WM in Antholz setzte Herrmann mit dem ersten Saisonsieg der deutschen Skijägerinnen nun das lange erhoffte Achtungszeichen. »Mit Blick auf die WM gibt das schon mehr Selbstvertrauen, wenn man auch trifft«, sagte Herrmann, die schon gar nicht mehr daran geglaubt hatte, jemals 20 Treffer in einem Rennen zu schaffen. »Ich habe schon mal mit meiner Mama philosophiert, ob mir das überhaupt mal gelingt«, sagte sie mit einem Lachen.
Im Einzel über 15 Kilometer hatte es Herrmann bisher noch nie in die Top Ten geschafft, ihr bestes Ergebnis war ein 18. Rang. Doch diesmal ging endlich mal alles auf - und sie verwies Weltmeisterin und Olympiasiegerin Hanna Öberg aus Schweden sowie die Französin Anais Bescond auf die nächsten Plätze. »Was Denise gezeigt hat, war phänomenal. Vom Langlauf umzusteigen und dann viermal null Fehler in einem Einzelrennen zu schießen – das hat sie super gemacht«, sagte Kristian Mehringer, der Cheftrainer der deutschen Damen. Zugleich war es der lange ersehnte erste deutsche Frauensieg nach dem Karriereende der im Mai zurückgetretenen Doppel-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier.
Eine überragende Leistung am Schießstand lieferte auch Franziska Preuß ab. Schnell und sicher fielen ihre 20 Scheiben, nur in der Loipe konnte die 25-Jährige noch nicht mithalten - geschuldet ihren gesundheitlichen Problemen zuletzt. »Läuferisch bin ich gerade nicht in Bestform, ich kann es leider nicht herzaubern. Ich bin sehr froh, dass das Schießen so gut geklappt hat«, sagte Preuß. Vanessa Hinz wurde 15., Karolin Horchler (20.), Janina Hettich (26.) und Maren Hammerschmidt (42.) schafften dagegen erneut nicht die WM-Norm.
Läuferisch ist Herrmann ohnehin immer in der absoluten Spitze dabei. Aber sie hatte in dieser Saison immer wieder mit Problemen am Schießstand zu kämpfen - so war von Rang zwei bis Platz 41 so gut wie alles dabei. Denn die Sächsin ist, was die Arbeit mit dem Gewehr angeht, immer noch eine Lernende. Nach ihrem Umstieg im Sommer 2016 vom Langlauf zu den Skijägerinnen wollte sie in dieser Saison im Vergleich zu den Arrivierten bei der Schießgeschwindigkeit zulegen, dabei ging ihr aber etwas die Treffsicherheit verloren.
Herrmann ging wieder an die Grundlagen des Schießens, machte einen Schritt zurück beim Training - und das Motto »Treffer vor Zeit« zahlte sich nun aus. Diesmal war sie in der Schießzeit nur 24 Sekunden langsamer als die Schnellste Julia Simon aus Frankreich, zudem war sie die Zweitschnellste auf der Strecke.
Im WM-Casting haben Hammerschmidt, Hettich und Horchler ihre letzte Chance für die sportliche Qualifikation zur Weltmeisterschaft derweil nicht nutzen können. Nur Herrmann, Hinz und Preuß haben die Kriterien erfüllt. Fünf Athletinnen werden die Trainer aber mitnehmen, denn im WM-Sprint haben die Deutschen durch das WM-Verfolgungsgold von Herrmann fünf Startplätze. Zudem braucht man immer eine Ersatzfrau. Am Ende wird der Trainerentscheid das Aufgebot bestimmen.
Letztmals vor der WM in Südtirol finden am Samstag (ab 13.15 Uhr/ARD und Eurosport) die beiden Mixed-Wettbewerbe statt. Zum Abschluss kommt es am Sonntag in Slowenien zu den Massenstartrennen. Bei den Männern könnte Ex-Weltmeister Erik Lesser dabei mit einem Resultat unter den besten Acht auf den letzten Drücker noch das WM-Ticket lösen.