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Was bedeuten die Wada-Sanktionen für Russland konkret?

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Skeptischer Blick: Russlands Sportminister Pawel Kolobkow nach dem Wada-Urteil. Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa
Skeptischer Blick: Russlands Sportminister Pawel Kolobkow nach dem Wada-Urteil. Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa

LAUSANNE. Moskaus Regierungschef Dmitri Medwedew hat die Strafen der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) gegen sein Land als »antirussische Hysterie« von chronischem Ausmaß kritisiert. Für den amerikanischen Anti-Doping-Kämpfer Travis Tygart gehen sie dagegen noch nicht weit genug.

»Russland einem kompletten Bann entkommen zu lassen, ist ein weiterer verheerender Schlag für die sauberen Athleten, die Glaubwürdigkeit des Sports und Rechtsstaatlichkeit«, sagte der Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur Usada.

Wie hart treffen die Sanktionen Russland wirklich?

RUSADA: Die russische Anti-Doping-Agentur Rusada wird für vier Jahre gesperrt. Zurecht. Denn zur Aufklärung des Staatsdopings hat sie nichts beigetragen, sondern sich eher als Gehilfin beim Vertuschen - zum Beispiel bei den Moskauer Labordaten - profiliert. Dass Athleten des Landes nun bis 2023 nicht unter der russischen Fahne, sondern nur als neutrale Sportler starten dürfen, trifft die stolze Sportnation mitten ins Herz. Der Bann gilt für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2020 in Tokio und 2022 in Peking, Weltmeisterschaften von Sportarten, die dem Wada-Code unterliegen, sowie »Major Sport Events«.

Erfahrungen hat die Sport-Großmacht mit Sanktionen ja schon: In Rio de Janeiro durften 2016 immerhin noch 271 Russen mitmachen, das NOK hatte ursprünglich eine Liste mit 389 Athleten eingereicht. Im gesamten Team stand indes nur eine Leichtathletin: die in den USA lebende Weitspringerin Darja Klischina. Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) verhängte 2016 einen Komplett-Bann gegen russische Sportler. Bei den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang durften 168 russische Sportler starten - unter neutraler Flagge.

BOSSE: Russische Regierungsvertreter dürfen in dieser Zeit nicht an Sitzungen von Vorständen oder Ausschüssen internationaler Sportorganisationen teilnehmen oder in diese Gremien gewählt werden. Das trifft wohl besonders Wladimir Putin hart, denn der Präsident zeigt sich gern auf internationalem Parkett - oft auch bei großen internationalen Sport-Events oder mit IOC-Chef Thomas Bach.

GASTGEBER: Russland darf während des Vierjahreszeitraumes keine Sportgroßveranstaltungen ausrichten und sich um Weltmeisterschaften oder andere wichtige Ereignisse bewerben - und sich auch nicht für die Olympischen Spiele und Paralympics 2032 als Ausrichter bewerben.

Der Bann erstreckt sich damit auch auf die Eishockey-WM 2023 in St. Petersburg - und das schmerzt das Land des Rekord-Weltmeisters in der wohl beliebtesten Wintersportart sicher besonders. Betroffen könnten auch die Rodel-WM im Februar 2020 in Sotschi, die für 2022 nach Russland vergebene Volleyball-WM und die Kurzbahn-WM der Schwimmer 2022 in Kasan sein. Jonathan Taylor, Leiter der unabhängigen Prüfkommission CRC, betonte allerdings, dass eine gewisse Flexibilität bestehen bleiben müsse. Dies könnte bedeuten, dass die Zeit für einen Ersatzausrichter der Rodel-WM zu kurz ist.

Die Sperre für Russland könnte auch für die Olympischen Spiele 2024 in Paris gelten. Dies wäre womöglich der Fall, wenn Russland die Entscheidung der Welt-Anti-Doping-Agentur vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas anfechten sollte. »Wenn die Sperre erst nach den Spielen 2020 in Tokio vom Cas final bestätigt werden würde, würde sie für die vierjährige Periode bis Paris 2024 gelten«, erklärte Taylor.

FUNKTIONÄRE: Weder der Präsident, der Generalsekretär, der Geschäftsführer noch Mitglieder des Exekutivkomitees des russischen Nationalen Olympischen Komitees oder russischen Paralympischen Komitees dürfen an einer größeren Veranstaltung im Vierjahreszeitraum teilnehmen.

GELDSTRAFEN: Die Rusada muss alle seit Januar 2019 angefallenen Kosten der Wada für die Untersuchungen und zusätzlich eine Geldbuße von zehn Prozent ihres Einkommens im Jahr 2019 oder 100 000 Dollar - je nachdem, welcher Betrag niedriger ist - an die Wada zahlen. (dpa)

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