Doha (dpa) - Regen in der Wüste. Zum Abschluss des Trainingslagers erlebten die langjährigen Dauergäste des FC Bayern in Katar noch ein seltenes Schauspiel. Ein Wolkenbruch ging am Freitagmorgen über Doha nieder, beim letzten Training hingen dunkle Wolken über dem Platz.
Beim Abschlussspiel gab es noch eine Schrecksekunde: Kapitän Manuel Neuer stürmte weit aus seinem Tor und kollidierte im Kampf um den Ball mit dem neuen Münchner Edel-Joker Joshua Zirkzee. Der 18 Jahre alte Nachwuchsstürmer blieb mit Schmerzen am Boden liegen, konnte dann aber doch weiterspielen. Der Holländer erzielte sogar noch das Ausgleichstor für das B-Team gegen die etablierte A-Formation.
Der Wetterumschwung zum Ende änderte nichts am positiven Fazit des Sportdirektors. »Das Trainingslager war ein bisschen intensiver als die, die wir in den letzten zwei, drei Jahren hatten. Die Jungs haben alle sehr gut mitgezogen«, urteilte Hasan Salihamidzic erfreut.
Als ein Gewinner trat Hansi Flick die Rückreise nach Nürnberg an, wo die Bayern am Samstag (15.30 Uhr/Magenta Sport) die Generalprobe für den Bundesliga-Rückrundenstart gegen Hertha BSC bestreiten. Der Trainer schärfte in Katar weiter sein Profil, und das nicht nur mit der forschen Ansage an die Bosse, auf die Verletzungsmisere mit der Verpflichtung von »mindestens zwei Spielern« zu reagieren.
Mit dem verfügbaren Personal arbeitete Flick intensiv und akribisch. Er führte die hauseigenen Talente um den wieder auffälligen Zirkzee näher ans Profiteam heran und schürte mit etlichen Wettkampfformen den Siegeswillen. Flick will in Bundesliga, DFB-Pokal und auch in der Champions League angreifen. »Es ist das Ziel, das Maximale herauszuholen«, sagte der 54-Jährige. Schon vor dem Frühstück setzte er eine morgendliche Laufeinheit um 7.30 Uhr an - das gab es in Katar zuletzt 2013 im einzigartigen Triple-Jahr unter Jupp Heynckes.
Der große Verlierer war Serge Gnabry. Der Nationalspieler konnte wegen Achillessehnenproblemen nicht einmal mit der Mannschaft trainieren. Es war eine verlorene Woche für den Flügelstürmer, anders als bei Torjäger Robert Lewandowski, der nach einer Leisten-OP daheim in München seine Reha absolvierte und gegen Hertha fit sein dürfte.
Ein Rätsel bleibt Philippe Coutinho. »Brav« nannte Teamkollege David Alaba einen Gesangsauftritt des Brasilianers beim Teamabend. Brav statt feurig waren auch die Trainingsauftritte des Technikers. »Was Philippe mit dem Ball kann, ist atemberaubend«, sagte Alaba zwar. Aber Coutinho agiert im Training emotionslos, ist mehr Statist als Protagonist, wie es ein Anführer wie Kapitän Manuel Neuer ist.
Eine spektakuläre Drei-Tore-Gala gegen Werder Bremen wird die Münchner Bosse kaum dazu bewegen, im Sommer 120 Millionen Euro für den Leihspieler an den FC Barcelona zu überweisen. Viel Geld werden sie lieber für Nationalspieler Leroy Sané von Manchester City ausgeben wollen, der nach seiner Knieverletzung als Winter-Transfer aber »kein Thema« ist, wie Salihamidzic in Doha erklärte.
Coutinho-Konkurrent Thomas Müller war in jeder Einheit präsent. Der 30-Jährige ist hungrig und einer der Profiteure des Trainerwechsels. Er habe sich nach einer schwierigen Periode unter Niko Kovac wieder die »Bestätigung herausgearbeitet«, dass er es »schon noch drauf« habe, sagte Müller. Weitere Trainingslager-Gewinner sind der von Flick auch in der Bezeichnung zum »Abwehrchef« beförderte Alaba. Oder der junge Kanadier Alphonso Davies, der sich mit seinem Tempo und enormem Lernwillen als linker Verteidiger etabliert hat. »Im Moment ist er auf dieser Position für uns absolut wichtig«, erklärte Flick.
Joshua Kimmich soll - wie in der Nationalmannschaft - möglichst fix ins Mittelfeld wechseln. Darum fordert Flick vehement einen rechten Verteidiger. »Mir fällt es einfacher, meine Emotionen aufs Feld zu bringen, wenn ich zu jeder Zeit Teil des Spiels bin«, sagte Kimmich. Ein Profiteur des Ausfalls von Kingsley Coman und Gnabry zum Start in die Rückrunde könnte Routinier Ivan Perisic werden. Der Leihspieler beeindruckte im Trainingslager mit einer auffälligen Abschlussquote.