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Skisprung-Bundestrainer Bauer: »Alles auf den Prüfstand«

Den Weltcup-Winter können Andreas Wellinger, Carina Vogt und weitere deutsche Top-Skispringer derzeit nur als Zuschauer verfolgen. Reha oder Training statt Schanzen-Spektakel lautet ihr Programm. Vor allem eine Verletzung macht dem Team zu schaffen. Eine Spurensuche.

Andreas Bauer
Beklagt einen großen Ausfall: Skisprung-Frauen-Bundestrainer Andreas Bauer. Foto: Hendrik Schmidt/zb/dpa
Beklagt einen großen Ausfall: Skisprung-Frauen-Bundestrainer Andreas Bauer. Foto: Hendrik Schmidt/zb/dpa

Planegg (dpa) - Andreas Bauer ist lange im Geschäft, doch so eine Verletzungsserie ist auch für den Bundestrainer der Skispringerinnen neu.

»Ich bin jetzt 24 Jahre als Trainer dabei, aber vier verletzte Stammkräfte hatte ich noch nie«, sagt der 55-Jährige zu den Ausfällen von Carina Vogt, Ramona Straub, Anna Rupprecht und Gianina Ernst. Für seinen Kollegen bei den Männern, Stefan Horngacher, sieht es nicht viel besser aus: Bei Olympiasieger Andreas Wellinger und David Siegel heißt es Comeback-Arbeit statt Schanzen-Vergnügen. Bei allen sechs deutschen Adlern macht das Knie Probleme. Außer bei Anna Rupprecht lautet die Diagnose immer Kreuzbandriss. Die extreme Häufigkeit dieser Verletzung - nicht nur bei den DSV-Adlern - ist kein Zufall.

»Daran sind wir nicht ganz unschuldig«, sagt der Rennleiter des Weltverbandes Fis, Walter Hofer. »Die Skisprung-Ski werden nicht mehr zum Skifahren, sondern nur noch zum Fliegen gebaut.« Anders als früher besteht die Anlaufspur auf der Schanze nicht mehr aus Schnee, sondern aus Keramik und Eis. Die Sportler bleiben dadurch viel sicherer in der Spur, skifahrerisches Können ist auf der Schanze kaum noch gefragt. Man habe die Verletzungsproblematik von der Anlauf- und Flugphase in die Landung verlagert, erklärt Hofer.

Das Problem ist komplex. Die vom Schweizer Simon Ammann bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver erstmals auf großer Bühne verwendete Stabbindung, die Schuhe der Athleten und immer weitere Sprünge spielen eine Rolle. »Woran es genau liegt, weiß niemand so genau«, sagt Horngacher der Deutschen Presse-Agentur.

Der frühere Skiflug-Weltmeister Severin Freund, der nach zwei Kreuzbandrissen und einer Meniskus-Operation gerade wieder um die Rückkehr in den Weltcup kämpft, sieht ebenfalls mehrere Gründe. Er nennt unter anderem höhere Landegeschwindigkeiten und dadurch mehr Druck auf die Knie. »Irgendwann ist halt das Limit erreicht, dann häufen sich solche Verletzungen«, sagt der 31-Jährige. Was also tun?

Die Jury könnte dazu angehalten werden, den Anlauf nach sehr weiten Sprüngen früher und konsequenter als bislang zu verkürzen. Das hätte geringere Anlaufgeschwindigkeiten und damit tendenziell geringere Weiten zur Folge.

Die Punktevergabe bei der Landung könnte ebenfalls angepasst werden. Bei weiten Sprüngen und mit dem derzeitigen Material noch den geforderten Telemark zu setzen, stellt die Körper der Springer vor große Herausforderungen und ist mitunter gefährlich. Auch Veränderungen am Material - beispielsweise am Schuh - sind denkbar.

Egal wie: Bauer, der selbst in der Materialkommission der Fis sitzt, hofft spätestens für die kommende Saison auf Fortschritte. »Ich denke, es ist einfach notwendig, im Frühjahr alles auf den Prüfstand zu stellen«, sagte er der dpa. »Irgendwas sollte passieren, das wäre für mich wichtig.«