LEIPZIG. Die Beteiligung des Profi-Fußballs an Polizeikosten bei Risikospielen ist grundsätzlich rechtmäßig. Das stellte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Freitag fest. Der konkrete Rechtsstreit zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und der Hansestadt Bremen über den Gebührenbescheid über 415.000 Euro wurde von Richter Wolfgang Bier aber an das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen zurückverwiesen.
»Wir haben hier eine Entscheidung, die sicher anders ausgefallen ist, als wir angenommen haben«, sagte DFL-Präsident Reinhard Rauball nach der Urteilsverkündung: »Das muss man einräumen. Das geht jetzt ans OVG Bremen zurück. Das muss man abwarten, da ist noch manches aufzuklären.«
»Jetzt sind die Landesinnenminister in der Pflicht«
»Ich hoffe, dass die DFL erkennt, dass sie dieses Spiel verloren hat«, sagte Ulrich Mäurer. Die Stimmungslage des Bremer Innensenators entsprach schon eher dem glanzvollen Großen Saal, in dem die bedeutsame Entscheidung verkündet worden war. »Ich glaube, das Bundesverwaltungsgericht hat mit der heutigen Entscheidung Rechtsgeschichte geschrieben. Es ging um eine Grundsatzfrage, die lautete: Ist es zulässig, dass die Kosten der Polizeieinsätze teilweise der DFL in Rechnung gestellt werden? Und die Antwort heute war eindeutig: Ja, es ist zulässig«, sagte der SPD-Politiker.
Eine Entscheidung, die auch der Bund der Steuerzahler begrüßte. »Unserer Ansicht nach sind jetzt die Landesinnenminister in der Pflicht: Ich fordere die Innenministerkonferenz auf, dieses Thema mit großer Dringlichkeit zu behandeln, um eine bundesweit einheitliche Lösung zu schaffen«, sagte Präsident Reiner Holznagel in einer Pressemitteilung.
Er schlug – und das entspricht auch der Vorstellung Mäurers, eine Fonds-Regelung vor. Diese war von der DFL in der sechsstündigen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am Dienstag aber auch abgelehnt worden. Rauball fürchtet nun um die Chancengleichheit. »Einige Vereine werden in Anspruch genommen, andere nicht. Bei den Größenordnungen, die diese Bescheide beinhalten, macht sich das schon deutlich bemerkbar«, sagte er. Der Ligapräsident sprach von einem Flickenteppich. Wenn er die Urteilsbegründung analysiert hat, will er Kontakt zu den Vereinen aufnehmen. »Ein bundesweit einheitliches Vorgehen wäre wünschenswert, damit es in dieser Frage keinen Flickenteppich gibt«, sagte Thüringens Ministeriumssprecher Oliver Löhr.
Bundesinnenminister Horst Seehofer will sich erst die Urteilsbegründung genau anschauen, ehe er die Entscheidung bewertet, erklärte der CSU-Politiker am Freitag am Rande seiner Deutschlandreise im sachsen-anhaltischen Bernburg.
Auslöser des Rechtsstreits, der durch mittlerweile drei Instanzen ging, war der Gebührenbescheid des Landes Bremen für die zusätzlichen Kosten, die beim Derby zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV am 19. April 2015 entstanden waren. Dafür wurden der DFL gut 400 000 Euro in Rechnung gestellt, insgesamt 969 Polizeibeamte waren damals im Einsatz. »Die Gebühr ist auch nicht unverhältnismäßig, obwohl sie eine beträchtliche Höhe erreichen kann«, erklärte das Gericht.
Klärungsbedarf sah der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier aber »bei der Frage, ob und inwieweit bestimmte Kosten – insbesondere für die nicht unerhebliche Zahl polizeilicher Ingewahrsamnahmen anlässlich des fraglichen Fußballspiels – vorrangig gegenüber einzelnen Störern geltend zu machen waren«. Daher wurde der konkrete Fall an die vorherige Instanz zurückverwiesen. Im Wesentlichen aber bestätigte das Gericht den Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts, das die Klage der DFL gegen den Gebührenbescheid abgewiesen hatte. (dpa)
SECHS LÄNDER WOLLEN KEINE MEHRKOSTEN FÜR VEREINE
Lediglich Rheinland-Pfalz begrüßt bisher das Urteil
Sechs Bundesländer wollen nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu den Kosten von Hochrisikospielen im Fußball derzeit kein Geld von Vereinen verlangen. Rheinland-Pfalz erwägt nach der Urteilsverkündung am Freitag, Vereine an den Kosten für Polizeieinsätze zu beteiligen. »Ich begrüße das Urteil ausdrücklich«, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD). Dagegen lehnten Niedersachsen, Bayern, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein eine Kostenbeteiligung der Clubs ab. Fünf Länder sind noch unentschlossen, aus drei Innenministerien gab es keine aktuelle Reaktion. (dpa)