Frankfurt/Main (dpa) - Nach den Gesetzen der Fußballbranche hat sich Martin Hinteregger eigentlich selbst demontiert. Über seinen Trainer Manuel Baum sagte alte Österreicher den schon zum Kult gewordenen Spruch: »Ich kann nichts Positives über ihn sagen und werde auch nichts Negatives sagen.«
Im Sommer ließ der der 27 Jahre alte Spieler sich dann mit Alkohol gehen, seine Eskapade wurde in einem Video dokumentiert und veröffentlicht. Und als wäre das nicht genug, artete wenige Wochen später auch noch eine Geburtstagsfeier des Profis von Eintracht Frankfurt im Nationalteam aus.
Doch sportlich hat all das Hinteregger nicht geschadet, im Gegenteil. Die Baum-Schelte brachte »Hinti« erst per Leihe vom FC Augsburg nach Hessen. Der Alkoholvorfall im Sommer half letztendlich, die schweren Gespräche der beiden Vereine über einen Kauf zu beschleunigen. Und nun tritt Hinteregger am 7. Februar (20.30 Uhr/DAZN) mit der Eintracht im direkten Duell gegen seinen Ex-Club Augsburg an. Über sich selbst sagte er jüngst in einem Interview des österreichischen Magazins »Ballesterer«: »Ein Kultkicker ist ja nicht nur am Platz beliebt, sondern unternimmt auch außerhalb Sachen, die nicht fußballerlike sind. So sehen mich viele.«
Bei den verrückten Fans von Eintracht Frankfurt trifft das allemal zu. Sie widmeten dem Österreicher einen eigenen Song »Hinti Army now« und wünschten sich ihren neuen Helden bereits im Sommer mit dem Hashtag »#freehinti« zurück. Das Wohlfühl-Umfeld (»Ich freue mich, wieder zuhause zu sein«) in der Mainmetropole treibt Hinteregger zu Höchstleistungen. Während er vor einem Jahr mit dem FCA noch im Abstiegskampf steckte, ist er nun Europa-League-Halbfinalist, EM-Teilnehmer und dazu einer der besten Innenverteidiger der Liga.
»Er ist ein guter, klarer Junge. Manchmal schlägt er über die Stränge. Wichtig ist, dass wir ihn mitnehmen und klar sagen, wo die Grenzen sind«, sagte Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic über den Defensivspieler, der seit September nur noch sportlich auffällt. Die Reaktionen auf seine Geburtstagsparty haben ihn überrascht. Für seine Eltern seien Schlagzeilen wie »Hinteregger verfeiert seine Karriere« nicht schön, »mich macht das fertig. Als ob es in Österreich keine größeren Problemen gäbe, als wenn einer an seinem Geburtstag feiern geht«.
Bei der Eintracht ist der zweikampf- und spielstarke Verteidiger mit der Nummer 13 nicht mehr wegzudenken: In 18 von 20 Liga-Partien spielte er in dieser Saison durch, unter Trainer Adi Hütter hat er quasi eine Stammplatzgarantie. Den Wechsel von Augsburg nach Frankfurt bezeichnete er als »alternativlos«, die Suspendierung in Augsburg durch Baum und Stefan Reuter im Januar 2019 war für ihn »wie eine Befreiung«.
Hinteregger versucht sich trotz Profifußballer-Laufbahn so gut wie möglich von diesem Business fernzuhalten. Nach der Karriere will er Pilot werden, zu seinen Hobbys zählt er neben dem Fliegen das Jagen sowie den Wald und die Natur. Kontakte zu Fußballer-Kollegen pflegt er nur wenige. »Du redest einfach anders mit dem Masseur als mit dem Mitspieler«, begründete Hinteregger. Wenn die Karriere vorbei ist, will er zurück nach Kärnten, wo er mit 19 bereits ein Haus gebaut hat. »Um mich daran zu erinnern, dass ich einmal heimziehe«, sagte Hinteregger.
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