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NBA-Profi Kanter fürchtet um sein Leben

Basketball-Star Enes Kanter hat Angst, dass er außerhalb Nordamerikas getötet werden könnte. Der in der Türkei geborene Center verzichtet deswegen auf eine Reise mit seinem NBA-Team nach Europa. Nun soll in seinem Heimatland sogar die Auslieferung gefordert werden.

Enes Kanter
In den USA ein Star, in der Türkei im Fokus: Enes Kanter (M). Foto: Mark J. Terrill
In den USA ein Star, in der Türkei im Fokus: Enes Kanter (M). Foto: Mark J. Terrill

LONDON. Auf dem NBA-Parkett scheut Enes Kanter keinen Konflikt, auch abseits der Arenen legte sich der Basketball-Star aus der Türkei lange furchtlos mit Präsident Recep Tayyip Erdogan an. Doch nun hat der 2,11-Meter-Riese Angst um sein Leben.

»Es besteht die Möglichkeit, dass ich getötet werde«, sagt der 26-Jährige. Kanter verzichtet deswegen auf eine Reise aus den USA nach London. In der englischen Metropole treffen seine New York Knicks am Donnerstag (21.00 Uhr) in einem Pflichtspiel auf die Washington Wizards.

Laut eines Medienberichts fordert die Generalstaatsanwaltschaft in Istanbul nun sogar die Auslieferung Kanters. Zudem soll er auf die internationale Fahndungsliste der Polizeiorganisation Interpol gesetzt werden, berichtete die regierungsnahe Zeitung »Sabah«. Ein Gericht muss den Antrag der Staatsanwaltschaft in der Regel noch annehmen. Grund sei ein Verfahren wegen Mitgliedschaft in einer Terrororganisation gegen Kanter, berichtete die »Sabah« weiter. Kanter teilte den Bericht auf Twitter und schrieb: »Ich habe keine Angst vor Euch.«

Seine Oppositionshaltung zu Erdogan bereitet Kanter schon lange Probleme. »Traurigerweise kann ich nicht dorthin reisen wegen diesem verdammten Wahnsinnigen, dem türkischen Präsidenten«, sagte Kanter. Seit 2017 ist er nach Aberkennung der türkischen Staatsangehörigkeit staatenlos. Auch Visa-Probleme verhindern den Trip, teilten die Knicks mit. »Es ist traurig, dass all das Zeug meine Karriere und den Basketball beeinflusst, weil ich da draußen sein will und meinem Team zum Sieg verhelfen will.« Mit durchschnittlich fast 15 Punkten und elf Rebounds ist der Center ein Leistungsträger der Knicks.

Kanter nannte Erdogan einen »Diktator«, früher auch schon den Adolf Hitler dieser Zeit. Er selbst ist Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den die türkische Regierung für den gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich macht. Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororganisation. Bis zum öffentlichen Bruch 2013 waren Gülen und Erdogan Verbündete.

»Für den Willen Gülens würde ich meine Mutter, meinen Vater und meine ganze Familie opfern. Meine Liebe für Gülen ist größer als die Liebe für meine Eltern und meine Geschwister«, schrieb Kanter 2016. Zuvor hatte ihn seine Familie verstoßen. »Ich habe Enes gewarnt, aber er hat einfach nicht aufgehört, Tweets gegen den Präsidenten zu schreiben«, teilte Vater Mehmet Kanter einst in einem Brief mit.

Von einer »politischen Diffamierungskampagne gegen die Türkei« durch Kanter schreibt indes Hidayet Türkoğlu, 15 Jahre lang selbst Profi in der nordamerikanischen Profiliga NBA. Türkoğlu gilt als Freund Erdogans, sein Angriff überrascht wenig. Beide gehörten einst zum Kader der Nationalmannschaft. Seit 2015 wird Kanter allerdings nicht mehr eingeladen. Offizieller Grund: Er soll 2015 Anrufe des damaligen Trainers nicht beantwortet haben. Kanter sieht das ganz anders und sagte: »Es gibt nur einen einzigen Grund: Ich wurde wegen meines Glaubens und meiner politischen Ansichten ausgeschlossen.«

Aufgrund seiner Äußerungen über die politischen Verhältnisse in der Türkei und Erdogan persönlich soll Kanter, der seit 2011 in der NBA aktiv ist und seitdem über 550 Spiele absolvierte, nach eigenen Angaben schon Morddrohungen erhalten haben. Doch ist die Angst vor einem Anschlag wirklich gerechtfertigt? Zu Mordkampagnen gegen Regierungskritiker im Ausland gibt es keine konkreten Hinweise.

Der türkische Geheimdienst MIT hat allerdings 2016 damit begonnen, angebliche Gülen-Anhänger in die Türkei zurückzubringen - bisher aber vor allem aus Ländern mit wackligen Rechtssystemen oder befreundeten Staaten in der Region. Die Umstände blieben oft im Dunkeln, obwohl die Türkei die »Rückkehr« der Betroffenen mitunter über Medien meldet. Manchmal schienen örtliche Behörden mitgeholfen zu haben. Von Deutschland und anderen Ländern fordert die Türkei die Auslieferung von angeblichen Gülenisten über die regulären Kanäle. So nun offenbar auch bei Kanter.(dpa)

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