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Nach Özil-Rücktritt: DFB nimmt Stellung

Der scharf kritisierte DFB-Präsident Grindel gerät im Fall Mesut Özil immer stärker unter Druck. Harsche Kritik kommt wieder vom FC Bayern: Diesmal aber an Özil.

Reinhard Grindel
Steht nach der Özil-Schelte heftig unter Druck: DFB-Präsident Reinhard Grindel. Foto: Boris Roessler
Steht nach der Özil-Schelte heftig unter Druck: DFB-Präsident Reinhard Grindel. Foto: Boris Roessler

Frankfurt/Main (dpa) - Der Deutsche Fußball-Bund hat den von Mesut Özil erhobenen Vorwurf des Rassismus in einer Stellungnahme zurückgewiesen. Der DFB bedauerte den Abschied des Mittelfeldspielers aus der Nationalmannschaft.

Özil hatte sich am Vortag in einer dreiteiligen Erklärung via Twitter über seine Rolle als WM-Sündenbock beschwert und dem DFB bei seiner massiven Attacke sogar schwerere Rassismusvorwürfe im Zuge der schwelenden Affäre um die Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gemacht.

Özil und Erdogan
Mesut Özil (l) posiert mit dem türkischen Präsidenten Erdogan im Mai für ein Foto. Foto: Uncredited/Pool Presdential Press Service/AP
Mesut Özil (l) posiert mit dem türkischen Präsidenten Erdogan im Mai für ein Foto. Foto: Uncredited/Pool Presdential Press Service/AP

»Mit schwerem Herzen und nach langer Überlegung werde ich wegen der jüngsten Ereignisse nicht mehr für Deutschland auf internationaler Ebene spielen, so lange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit verspüre«, schrieb Özil am Sonntagabend in seinem inszenierten und viel beachteten Abgang nach 92 Länderspielen für sein Geburtsland. »Ich werde nicht länger als Sündenbock dienen für seine Inkompetenz und seine Unfähigkeit, seinen Job ordentlich zu erledigen«, betonte Özil an die Adresse von Grindel, der durch die schweren Anschuldigungen selbst immer stärker unter Druck gerät.

Harald Stenger
Für Ex-DFB-Pressesprecher Harald Stenger »war und ist Grindel der schlechteste DFB-Präsident, den ich je erlebt habe«. Foto: Jens Wolf
Für Ex-DFB-Pressesprecher Harald Stenger »war und ist Grindel der schlechteste DFB-Präsident, den ich je erlebt habe«. Foto: Jens Wolf

Noch bevor der DFB sich in der Causa Özil zu Wort meldete und auf die schwerwiegenden Vorwürfe reagierte, war damit die Bühne im deutschen Fußball frei für Attacken und Schuldzuweisungen: Bayern-Präsident Uli Hoeneß gegen Özil, diverse Politiker und ein ehemaliger DFB-Sprecher gegen Verbandschef Grindel - gefühlt wetterte jeder gegen jeden. Die ersten Stunden nach dem plötzlichen Abtritt Özils verdeutlichten, dass die dreieinhalb Wochen nach dem historischen Aus in der WM-Vorrunde wohl nur ein Vorgeschmack auf das waren, was den DFB jetzt erwartet: Eine schwere Verbandskrise, die weit über den Fußball hinausreicht.

Mesut Özil und Angela Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel gratuliert Mesut Özil nach dem EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei in der Mannschaftskabine des Berliner Olympiastadions. Foto: Guido Bergmann/Bundesregierung
Bundeskanzlerin Angela Merkel gratuliert Mesut Özil nach dem EM-Qualifikationsspiel gegen die Türkei in der Mannschaftskabine des Berliner Olympiastadions. Foto: Guido Bergmann/Bundesregierung

Mitten in die hochpolitische Debatte um Integration, Rassismus und gesellschaftliche Probleme platzte Chefkritiker Hoeneß. »Ich bin froh, dass der Spuk vorbei ist. Der hat seit Jahren einen Dreck gespielt. Den letzten Zweikampf hat er vor der WM 2014 gewonnen. Und jetzt versteckt er sich und seine Mist-Leistung hinter diesem Foto«, sagte der Bayern-Chef in einem Kreis von Reportern vor dem Abflug des Clubs zu einer US-Tour. Hoeneß mokierte sich zudem über Özils angebliche 35 Millionen Follower, die es »natürlich in der wirklichen Welt nicht gibt«.

Bierhoff und Özil
DFB-Teammanager Oliver Bierhoff (l) tröstet Mesut Özil nach der WM-Niederlage gegen Mexiko. Foto: Christian Charisius
DFB-Teammanager Oliver Bierhoff (l) tröstet Mesut Özil nach der WM-Niederlage gegen Mexiko. Foto: Christian Charisius

Am Sonntag hatte der Spielmacher des FC Arsenal seine Bilder mit dem umstrittenen Staatschef Erdogan in den sozialen Medien wortreich verteidigt und politische Absichten bestritten. Der Rundumschlag, den Özil detailgenau und gewiss über einen längeren Zeitraum vorbereitet hatte, traf den DFB schwer und unvorbereitet.

Mesut Özil
Mesut Özil will nicht mehr für das deutsche Fußball-Nationalteam spielen. Foto: Christian Charisius
Mesut Özil will nicht mehr für das deutsche Fußball-Nationalteam spielen. Foto: Christian Charisius

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) respektierte am Tag nach dem Rücktritt Özils Entscheidung. »Die Bundeskanzlerin schätzt Mesut Özil sehr. Mesut Özil ist ein toller Fußballspieler, der viel für die Fußball-Nationalmannschaft geleistet hat«, sagte eine Regierungssprecherin am Montag. »Mesut Özil hat jetzt eine Entscheidung getroffen, die zu respektieren ist.«

Für Bundesaußenminister Heiko Maas gibt es in der schwelenden Affäre nicht den einen Hauptschuldigen. »Ich glaube, alle Beteiligten in der Causa sollten einmal in sich gehen. Ich sehe wenige, die nach meiner Wahrnehmung sich dort einigermaßen richtig verhalten haben«, sagte der SPD-Politiker. Rückschlüsse vom Fall Özil zum Stand der Integration in Deutschland möchte er nicht ziehen. »Ich glaube (...) nicht, dass der Fall eines in England lebenden und arbeitenden Multimillionärs Auskunft gibt über die Integrationsfähigkeit in Deutschland«, sagte Maas.

Özils beispiellos offene Anfeindung war eine Attacke auf Land, Leute und Kritiker, auf Sponsoren und Medien - und vor allem auf Grindel. Der 29-Jährige hatte den DFB-Chef nicht nur rassistische Vorwürfe gemacht, sondern diesen auch als karrieregeil und desinteressiert an seiner Herkunft beschrieben.

Für den ehemaligen DFB-Pressesprecher Harald Stenger »war und ist Grindel der schlechteste DFB-Präsident, den ich je erlebt habe«, wie dieser in mehreren Interviews betonte. Auch mehrere Politiker fordern nach Özils Anschuldigungen bereits offen einen Rücktritt Grindels. Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte den CDU-Politiker schon in der Vorwoche scharf attackiert und moniert, der DFB sei »eigentlich nur noch durchsetzt von Amateuren«. (dpa)