München (dpa) - Der Spieltrieb von Philippe Coutinho war nach seinem Drei-Tore-Urknall im Trikot des FC Bayern noch lange nicht gestillt.
Den Spielball, den er nach dem Münchner Tor-Feuerwerk beim 6:1 gegen eine erst wehrhafte und später völlig einbrechende Bremer Mannschaft mit nach Hause nehmen durfte, tippte der kleine Brasilianer auf dem Weg durch die Katakomben der Allianz Arena immer wieder mit der rechten Hand auf den Boden. Nach dem Schlusspfiff hatte er mit Töchterchen Maria auf dem Rasen noch ein wenig Fußball gespielt, gemeinsam mit dem Spanier Thiago, seinem besten Kumpel im Münchner Team. »Das war sein Spiel - überragend«, kommentierte Torjäger Robert Lewandowski, der immerhin auch zweimal getroffen hatte.
Fast vier Monate hat es gedauert, bis der für 8,5 Millionen Euro vom FC Barcelona ausgeliehene Fußball-Magier Coutinho die Bayern-Fans so verzücken konnte, wie es im roten Trikot mit der »10« bis zum Sommer fast ein Jahrzehnt lang Arjen Robben so häufig getan hatte. Coutinhos finaler Kunstschuss zum Endstand erinnerte dabei an den legendären Robben-Move. Nach einem kurzen Haken zirkelte Coutinho den Ball mit dem rechten Fuß passgenau in den rechten Torwinkel. Es war die spiegelverkehrte Ausführung eines typischen Robben-Treffers.
»Ich gebe immer mein Bestes. Ich will immer so gut wie möglich sein. Heute konnte ich drei Tore schießen, weil das Team sehr stark gespielt hat«, sagte Coutinho bescheiden. Die Wahrheit war eher, dass die Bayern das 0:1 durch Milot Rashica (24. Minute) nur deswegen mit sechs Toren beantworten konnten, weil Coutinho so stark spielte.
Ein Abstauber-Tor, ein technisch brillanter Heber, der Kunstschuss à la Robben und als Zugabe zwei feine Torvorlagen für Lewandowski und Thomas Müller - Coutinho trumpfte im 20. Pflichtspiel für den Rekordmeister ganz groß auf. »Ich freue mich unheimlich für ihn, dass der Knoten geplatzt ist«, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Erstmals war der Brasilianer bei einem Spiel im europäischen Fußball an fünf Toren direkt beteiligt. »Weltklasse!«, schwärmte David Alaba.
»Klar, wenn man spielt, ist man immer glücklicher, als wenn man nicht spielt«, sagte Coutinho. Anfangs schien der Zauberfuß einer der Verlierer des Trainerwechsels zu sein. Doch der empathische Flick kümmerte sich um den sensiblen Südamerikaner. »Es ist nicht immer ganz so einfach, in Deutschland Fuß zu fallen«, sagte der Trainer noch am Tag vor Coutinhos Zaubershow zur langen Anpassungsphase.
Flick umarmte seinen »Spieler des Tages« nach der Auswechslung am Spielfeldrand und tätschelte ihn: »Das hat jedem, der im Stadion war, Spaß gemacht. Die Mannschaft hat sich für ihn von Herzen gefreut, dass er so eine Leistung abgeliefert hat: Drei Tore geschossen, zwei vorbereitet – das war einfach klasse«, kommentierte Flick.
»Wir brauchen so einen Spieler. Er hat gezeigt, wie gut er ist und welch großes Potenzial er hat«, sagte Lewandowski über Coutinho. Schon beim 3:1 gegen Tottenham unter der Woche war dieser als Torschütze und Antreiber ein Aktivposten gewesen. »Genau das erwarten wir«, sagte Salihamidzic. Zwangsläufig kamen am Samstag Fragen nach einer festen Verpflichtung Coutinhos für 120 Millionen Euro am Saisonende auf. »Wir wissen nicht, was passieren wird«, antwortete der 27-Jährige: »Es ist nicht an der Zeit dafür. Es ist an der Zeit, bereit zu sein für die Spiele und mein Bestes zu geben.«
Kurzfristig steht nicht Coutinhos Zukunft auf der Agenda der Bayern-Bosse, sondern nur die des Trainers. Der Aufschwung von Coutinho und die gestoppte Ergebniskrise in der Liga sind dabei starke Argumente für eine Verlängerung mit Flick mindestens bis zum Saisonende. Alaba warb quasi als Sprecher der Mannschaft dafür. »Wir fühlen uns sehr wohl. Man kann seine Philosophie in unserem Spiel sehr gut erkennen«, äußerte sich der Österreicher offensiv zu Flick.
»Klar, die Spieler können sich das wünschen, aber am Ende haben wir das letzte Wort«, reagierte Salihamidzic. Der Verein halte am Zeitplan fest, sich nach dem letzten Hinrundenspiel gegen den VfL Wolfsburg mit Flick zu besprechen. »Natürlich schauen wir uns ganz genau an, wie wir arbeiten, wie der Trainer arbeitet, wie die Spieler darauf anspringen«, sagte der Sportdirektor. Alles spricht für Flick, erst recht wenn sich in dieser Woche in Freiburg und gegen Wolfsburg der Weihnachtswunsch der Bosse erfüllen sollte. »Jetzt wollen wir einfach die letzten zwei Spiele gewinnen«, verkündete Salihamidzic.