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Löw: Nachfolger soll für »Explosion« sorgen

Joachim Löw lebt gut mit seiner Rücktrittsentscheidung. Um seinen Nachfolger müssen sich nun andere bemühen

Sehr entspannt in Frankfurt auf dem Weg zur Videokonferenz: Bundestrainer Joachim Löw. FOTO: DEDERT/DPA
Sehr entspannt in Frankfurt auf dem Weg zur Videokonferenz: Bundestrainer Joachim Löw. FOTO: DEDERT/DPA
Sehr entspannt in Frankfurt auf dem Weg zur Videokonferenz: Bundestrainer Joachim Löw. FOTO: DEDERT/DPA

FRANKFURT. Joachim Löw wirkt richtiggehend erleichtert, fast entspannt. Zufrieden mit seiner Entscheidung, nach der Fußball-Europameisterschaft nicht mehr Bundestrainer zu sein. Und er macht in Frankfurt einen sehr konzentrierten Eindruck. Wie ein Athlet, der vor seinem letzten Rennen steht und dabei ist, in die Startblöcke zu steigen.

Lange wirkte Löw nicht mehr so souverän wie bei der Videokonferenz mit Fritz Keller, dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), und Oliver Bierhoff, der vom Präsidium des Verbandes den Auftrag erhalten hat, den Nachfolger von Löw ausfindig zu machen.

»Der Entschluss von Joachim Löw wird eine neue Ära einleiten, es war der richtige Zeitpunkt für diese Entscheidung«, sagt der Präsident. »Wir wollen in aller Ruhe und Sorgfalt seinen Nachfolger finden, der Auftrag ist Oliver Bierhoff erteilt.« Keller wird aushalten müssen, dass jeden Tag neue Spekulationen auftauchen. Die ihn eigentlich motivieren müssten, den Prozess der Kandidatensuche zu beschleunigen. Darauf will sich Keller aber nicht einlassen. »Wir haben alle Zeit der Welt. Und es gibt keine Denkverbote, aber Qualität geht vor Geschwindigkeit«, sagt Keller, der den Bundestrainer kennt, seit er als Profi beim SC Freiburg seine ersten erfolgreichen Gehversuche startete.

Der weiter amtierende Bundestrainer gibt sich abgeklärt, er habe sich schon im letzten Jahr seine Gedanken gemacht und hat sich gefragt: »Wo stehen wir, wo stehe ich?« Er verteidigt den Umbruch, den er in der Nationalmannschaft eingeleitet hat, betont aber gleichzeitig, als die Rede ist von Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng, dass er als Trainer die Tür weder auf- noch zugemacht habe. Löw hatte ja schon Tage zuvor davon gesprochen, dass der Neuaufbau im Hinblick auf die Europameisterschaft vielleicht sogar unterbrochen werden müsste. Er will die beste Nationalmannschaft aufbieten, die denkbar ist. Dazu braucht er vermutlich die von ihm zunächst Aussortierten. Es ist sein letztes Turnier als Bundestrainer, er muss den optimalen Erfolg im Blick haben.

»Ich werde jetzt alles mobilisieren, alle Kräfte bündeln, um ein erfolgreiches Turnier zu spielen.« Löw hebt die Stimme, um die Bedeutung seiner Worte zu betonen. Es ist allerhöchste Zeit für den Endspurt, daran lässt Löw nicht den geringsten Zweifel. Oliver Bierhoff hat von Löws Entschluss zuerst erfahren, »weil wir so lange vertrauensvoll zusammenarbeiten«, sagt Löw. Und dann hat er mit Manuel Neuer, Toni Kroos und Ilkay Gündogan gesprochen. Was niemand wundert.

Bierhoff war von der Entscheidung nur mäßig überrascht »nicht wie vom Blitz getroffen, er hat auf sein Inneres gehört, ich bedaure seine Entscheidung, aber ich habe auch größten Respekt vor ihr«, sagt Bierhoff, der sich nun damit auseinandersetzen muss, dass jeden Tag mit neuen Namen spekuliert wird. Bierhoff und Keller wollen sich ausdrücklich nicht mehr öffentlich zu dem Thema Löw-Nachfolge äußern, bis im September das Präsidium seine Entscheidung getroffen hat, betont Pressesprecher Jens Grittner zum Abschluss der Videokonferenz. »Es wird von mir keinerlei Zwischenstandsmeldungen geben«, unterstreicht Bierhoff.

Kandidat Nummer eins auf die Nachfolge von Joachim Löw: Hansi Flick, Cheftrainer des FC Bayern. FOTO: HOPPE/DPA
Kandidat Nummer eins auf die Nachfolge von Joachim Löw: Hansi Flick, Cheftrainer des FC Bayern. FOTO: HOPPE/DPA
Kandidat Nummer eins auf die Nachfolge von Joachim Löw: Hansi Flick, Cheftrainer des FC Bayern. FOTO: HOPPE/DPA

Ralf Rangnick hat sich äußerst interessiert gezeigt, Löws Nachfolge anzutreten, Jürgen Klopp hat alle Spekulationen um seine Person sofort dementiert und Hansi Flick, der vielen als Favorit auf die Nachfolge gilt, hat sich bisher noch gar nicht geäußert. Was vielleicht darauf hindeutet, dass er schon die ersten Gespräche mit Bierhoff hinter sich hat.

Für seine persönliche Zukunft »kann ich nichts ausschließen«, sagt Löw, »ich kann aber auch noch nicht sagen, wie die Zukunft konkret aussieht«. Eine Empfehlung, wer sein Nachfolger werden soll, wird von ihm nicht zu haben sein: »Darüber zu reden, ist nicht meine Aufgabe.« Über Hansi Flick will er sich in Frankfurt nicht weiter äußern. »Jeder weiß, wie wir zueinander stehen, wie extrem erfolgreich unsere Zusammenarbeit war.« Flick ist über jeden Zweifel erhaben, er war als Löws Assistent einer der wesentlichen Bausteine des Weltmeistertitels von Rio de Janeiro 2014. Aktuell ist er aber der Cheftrainer des FC Bayern München, und die hohen Herren beim Rekordmeister haben sich alle Spekulationen über einen Bundestrainer Hansi Flick verbeten. Aber das kann sich bekanntlich schnell ändern.

Löw ist absolut mit sich im Reinen, seine Entscheidung hält er auch im Hinblick auf die Europameisterschaft 2024 in Deutschland für korrekt und nachvollziehbar. »15 Jahre sind heutzutage eine Ewigkeit. Ein neuer Trainer braucht Zeit. Da ist der Zeitraum von drei Jahren für ein Turnier im eigenen Land genau der richtige. Die Möglichkeit sollte man Trainern und Spielern geben. Die Mannschaft braucht Raum, Zeit und Entwicklung.«

2024 soll sein Nachfolger für eine »Explosion« sorgen, fordert Löw. Er selbst wird sich die Dinge dann »aus anderer Perspektive ansehen«. (GEA)