Köln (dpa) - Beim ersten Tor lief Horst Heldt Torschütze Jhon Cordoba bis zur Torauslinie hinterher, beim zweiten sprang er seinem Trainer Markus Gisdol in die Arme, nach dem Schlusspfiff genoss er die Karnevalsmusik in der Kabine.
Den ersten Sieg seiner fast vierwöchigen Amtszeit beim 1. FC Köln genoss der Sportchef und gebürtige Rheinländer in vollen Zügen. Ausgerechnet durch ein 2:0 (0:0) im Derby gegen ein undiszipliniertes Bayer Leverkusen verließen die Kölner den letzten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga und sorgten für kollektives Aufatmen bei den leidgeplagten Kölner Fans.
»Die Erleichterung war groß, nur sein Gesicht war nicht so schön«, sagte Gisdol bei Sky mit einem Lachen über Heldt. Allgemein fühle es sich »gut an, mal einen Glückwunsch nach dem Spiel zu bekommen. Es wurde aber langsam auch mal Zeit«, sagte der Trainer, der durch die Tore von Joker Jhon Cordoba (73.) und Sebastiaan Bornauw (84.) auch den ersten Sieg im vierten Spiel feierte. Ein Grund dafür waren sicher die Platzverweise für die Leverkusener Aleksandar Dragovic (Gelb-Rot/62.) und Leon Bailey (Rot/77.). Doch nachdem sich der FC beim 0:2 am Sonntag zuvor bei Union Berlin regelrecht leblos gezeigt hatte, feierte er am Samstag eine Wiederauferstehung.
»Zum ersten Mal habe ich den Eindruck gehabt, dass jeder bis in die letzte Zelle gespürt hat, was die Situation bei uns erfordert«, sagte Gisdol, der mit viel Skepsis in Köln empfangen worden war: »Wir waren von der ersten Minute an komplett auf Sendung.«
Als Frischzellenkur erwies sich letztlich Gisdols Entscheidung, in Debütant Jan Thielmann (17), Noah Katterbach (18) und Ismail Jakobs (20) gleich drei jungen Eigengewächse in der Startelf aufzubieten. Auf die Frage, ob das Trio Unbekümmertheit mitgebracht habe, sagte Mittelfeldspieler Dominick Drexler: »Das ist genau das richtige Wort.« Und dann ergänzte der 29-Jährige schmunzelnd: »Jetzt müssen wir die Jungs nur irgendwie auf dem Boden halten.« Kapitän Jonas Hector erklärte: »Sie sind nicht so verkopft wie einige andere.«
Gisdol war mit dieser Aufstellung durchaus auch persönlich ins Risiko gegangen. »Als mutig würde ich mich nicht bezeichnen«, sagte er anschließend dennoch: »Ich versuche in solchen Momenten, Strukturen aufzubrechen.« Wichtig dafür, dass es funktioniert habe, sei auch Hector gewesen. »Er hat eine sensationell gute Leistung geboten. Das war Nationalmannschafts-Niveau«, sagte Gisdol: »Dann gelingt es auch den anderen Spielern besser, sich zurechtzufinden.«
Der Sieg sei aber nur ein Anfang, versicherte Gisdol. »Ich hoffe nicht, dass wir wieder den Blick verstellt bekommen«, sagte er: »So, wie nicht nach Niederlagen alles aus war, ist jetzt auch nicht alles vorbei. Es gehört ganz, ganz viel dazu, dieses Ding noch umzubiegen.«
Leverkusens Trainer Peter Bosz war dagegen sichtlich angefressen. »Wir waren heute schlecht«, sagte er. Und: »Wenn man heute nicht für Köln oder Leverkusen war, hat man wahrscheinlich den Fernseher ausgeschaltet. Das war kein guter Fußball.«
In der Kritik stand vor allem der Jamaikaner Bailey. Sein Schlag ins Gesicht von Kingsley Ehizibue brachte ihm die zweite Rote Karte innerhalb von sechs Wochen ein. »Ich habe der Mannschaft nach dem Spiel ein paar Worte gesagt«, sagte Sportchef Rudi Völler: »Aber bei ihm fehlen mir die Worte.«