Titisee-Neustadt (dpa) - Inmitten der polnischen Skisprung-Party wurde der Gesichtsausdruck von Karl Geiger im Auslauf immer freundlicher.
Der 26 Jahre alte Oberstdorfer verteidigte sein Gelbes Trikot beim Heim-Weltcup in Titisee-Neustadt nicht nur, sondern baute seine Führung auf Verfolger Stefan Kraft bei schwierigsten Verhältnissen überraschend sogar aus. Damit endete ein turbulentes Wochenende für Geiger doch noch ordentlich, auch wenn die Ränge zwölf und fünf nicht die höchsten Erwartungen der 7000 Zuschauer im Schwarzwald erfüllten. Einem großen Teil des Publikums war das sowieso egal: Sie jubelten für den polnischen Tournee-Sieger Dawid Kubacki, der beide Wettbewerbe für sich entschied.
Das Polster auf den Österreicher Kraft beträgt nach einer Lotterie bei Wind und Schneegestöber am Sonntag nun wieder 83 Punkte. »Es war von vorneherein klar, dass es nicht immer so läuft. Die Schanze fällt mir nicht in den Schoß, es ist nicht so einfach für mich«, resümierte Geiger. Stephan Leyhe (5. und 4.) sowie Constantin Schmid (5. und 9.) kamen im Schwarzwald diesmal besser zurecht.
In einem Winter ohne Nordische Ski-WM und Olympische Spiele ist der Gesamtweltcup für den Tournee-Dritten Geiger das große Ziel. An der Last der plötzlichen Führung nach zwei Erfolgen in Val di Fiemme lag es nicht, beteuerte Geiger: »Das Gelbe Trikot ist auf keinen Fall zu schwer. Es läuft nicht jeder Tag gleich, da muss man durch. Ob ich jetzt mit der Nummer zwei springe oder mit dem Gelben Trikot, das macht keinen Unterschied.« Schon in der kommenden Woche kann Geiger im polnischen Zakopane zurückschlagen.
Bundestrainer Stefan Horngacher kann trotz der starken Leistungen von Leyhe und Schmid hauptsächlich auf seinen Garanten aus dem Allgäu zählen, der Kraft, den mit 25.000 Euro beschenkten Wochenendsieger Ryoyu Kobayashi aus Japan und Kubacki ordentlich fordert. »Man kann nicht immer nur Höchstleistung verlangen von den Springpferden, man muss auch Auszeiten geben. Das ist mal die Chance für die anderen«, ordnete Horngacher das kleine Geiger-Tief ein. Eine Pause - zum Beispiel im japanischen Sapporo - sei dennoch keine Option, solange der Top-Athlet fit bleibe. In diesem Fall gingen Geiger auch wertvolle Weltcup-Punkte im Kampf um Gelb verloren.
Nachdem der Weltcup im Schwarzwald in der Vorsaison wegen Dauerregens und zu warmen Temperaturen abgesagt werden musste, feierten die Anhänger diesmal ein Skisprung-Fest. Mit Trommeln, Trompeten und Vuvuzelas waren am Samstag schon viele der 9500 Zuschauer in den Vormittagsstunden zur riesigen Naturschanze gepilgert. Am Sonntag wurde es nicht leiser, neben den Heimfans sorgten vor allem die euphorischen polnischen Anhänger für mächtig Stimmung. Als Kubacki in einem Krimi 0,3 Punkte vor Kobayashi siegte, war der Jubel so laut, als hätte sich ein Deutscher den Sieg beim Heimspiel gesichert.