Kitzbühel (dpa) - Seinen Ärger nach der verpatzten Rückkehr auf die legendäre Streif wollte Thomas Dreßen gar nicht verstecken. »Klar bin ich sauer«, sagte der Skirennfahrer im Zielhang von Kitzbühel, wo sich der österreichische Sieger Matthias Mayer feiern ließ.
Vor zwei Jahren hatten Zehntausende Fans und allerlei Prominenz noch Dreßen zugejubelt. Diesmal herrschte bei dem Mittenwalder Enttäuschung statt Ekstase. Wegen einiger verpatzter Passagen landete er am Samstag bei der wichtigsten Abfahrt des Winters nur auf Rang 26. Dreßen hatte bei seinem Kitzbühel-Comeback nach einem Jahr Verletzungspause viel riskiert - anders als Teamkollege Romed Baumann aber nichts gewonnen.
Baumann raste auf der anspruchsvollen Piste bei schwieriger Sicht auf Platz sieben und verbuchte einen seiner emotionalsten Top-Ten-Ränge. Vor der Saison war der 34-Jährige vom österreichischen zum deutschen Verband gewechselt, weil ihn die Ski-Nation nicht mehr haben wollte. Just beim größten Prestige-Event in der Alpenrepublik so abzuliefern, das erfüllte Baumann mit Genugtuung. »Vor diesem Publikum mein bestes Saisonergebnis einzufahren, ist ein Riesending«, sagte er in der ARD.
Bei der vierten Zwischenzeit hatte er auf Rang zwei gelegen. Das ganz große Podiums-Happy-End gelang aber nicht. Noch am Morgen sei er von Österreich-Fans wegen des Nationenwechsels beschimpft und beleidigt worden, »das hat mich so angespornt«, erzählte Baumann. Er holte die beste Platzierung seines Winters und die beste in einer Abfahrt seit Dezember 2017. »Das ist doch eine Hammergeschichte. Mich freut’s für ihn und fürs Team, weil alle arbeiten so cool«, sagte Josef Ferstl.
Neben Baumann sorgte auch Andreas Sander für ein erfreuliches Ergebnis für den Deutschen Skiverband (DSV), er kam auf Platz elf. Dominik Schwaiger wurde 40., Manuel Schmid schied aus.
Die deutschen Hauptrollen auf der größten Ski-Bühne der Welt vor illustren Zuschauern wie Hollywood-Star Arnold Schwarzenegger war eigentlich für Dreßen und Ferstl vorgesehen, die beide in Kitzbühel schon gewonnen hatten. 2018 war Dreßen mit seinem Triumph ins Rampenlicht gerast. Im Vorjahr fehlte er wegen eines Kreuzbandrisses, dafür glückte Ferstl im Super-G auf der Streif der große Coup.
Diesmal wurden beide um 1,9 Sekunden geschlagen. Ferstl war als 25. sogar noch einen Rang besser als Dreßen, der in diesem Winter schon einen Sieg und zwei Podestplätze verbucht hatte. Vor dem Steilhang rutschte er zu tief und probierte mit Risiko, den Patzer auszubügeln. »Fehler sollen einfach nicht passieren, deswegen trainieren wir viel«, sagte er. »Wenn du da vorne mitfahren willst gegen einen Beat oder Mothl oder Vince, dann musst du halt einfach alles riskieren. Entweder es geht auf oder nicht. Heute ist es nicht aufgegangen.«
Auf Sieger Mayer, der die Abfahrt als erster Österreicher seit Hannes Reichelt 2014 gewinnen konnte und sich über das Rekordpreisgeld von 100.000 Euro freuen durfte, fehlten Dreßen gut 1,9 Sekunden. Mayer setzte sich mit 0,22 Sekunden Vorsprung auf seinen Teamkollegen Vincent Kriechmayr und den zeitgleichen Schweizer Beat Feuz durch.
Olympiasieger Mayer ist nun wie Super-G-Sieger Kjetil Jansrud (Norwegen) einer von neun Skirennfahrern, die in Kitzbühel sowohl einen Sieg in der Abfahrt als auch im Super-G verbuchen konnten.
»Man trainiert ein Leben lang für so eine Sache und wenn es dann aufgeht...Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, ich habe gerade so eine Freude«, kommentierte Mayer in der TV-Übertragung. 2017 hatte der 29-Jährige den Super-G auf der Streif gewonnen. »Es ist wirklich unglaublich und mich freut es einfach.«