Palma (dpa) - Ein Mann großer Töne ist Emanuel Buchmann nicht. Doch kleiner als seine 1,81 Meter will sich der 27 Jahre alte Radprofi aus Ravensburg auch nicht machen: Nach Platz vier im Vorjahr soll es in diesem Jahr bei der Tour de France noch höher hinaus gehen.
»Ich war so nah dran 2019, daher muss das Podium dieses Jahr schon das Ziel sein«, sagte Buchmann der Deutschen Presse-Agentur in Palma de Mallorca, schob aber im selben Atemzug nach: »Unmöglich ist es nicht, aber es muss einfach alles passen.«
Die Vorzeichen jedenfalls sind gut. Beim zweiten Teilstück der Mallorca Challenge startete Buchmann am vergangenen Freitag im ersten Rennen mit einem Sieg in die Saison. Das gleiche war dem Kletterspezialisten 2019 gelungen. Für Buchmann ein gutes Omen. »Für den Kopf ist das echt gut, wenn man so in die Saison startet. Da merkt man, dass man im Winter gut gearbeitet hat«, sagte der auf der österreichischen Seite des Bodensees lebende Bora-hansgrohe-Profi.
Noch mehr Berge als im Vorjahr, kein Teamzeitfahren, ein Einzelzeitfahren, das ebenfalls in der Höhe endet - die Tourstrecke 2020 scheint wie gemacht für Buchmann. »Sie sollte mir schon liegen«, bekannte dieser. Auch wenn er sich der großen Konkurrenz durchaus bewusst ist und sagte: »Ineos und Jumbo-Visma haben brutal starke Teams. Aber wir werden sicher auch ein starkes Team am Start haben. Man wird sehen, was am Ende dabei rauskommt.«
Seine Teamkollegen trauen Buchmann einen Coup bei der »Großen Schleife« zu. »Die Tour dieses Jahr passt einfach perfekt zu Emu«, sagte Topsprinter Pascal Ackermann und schob nach: »Dieses Jahr werden alle auf ihn gucken, letztes Jahr war er noch der Underdog - das ist jetzt vorbei. Jetzt muss er zeigen, was er kann.« Ackermann rechnet damit, dass Buchmann im Vergleich zu 2019 noch etwas draufsetzen kann.
Doch die Tour im Mega-Sportjahr 2020 ist nicht das einzige Ziel Buchmanns. Direkt nach der Frankreich-Rundfahrt will der Radprofi in Tokio um eine Medaille kämpfen. »Olympia ist schon noch einmal etwas Spezielles. Die Chance, Olympiasieger zu werden, hat man selten. Wenn sich die Chance ergibt, will ich sie natürlich wahrnehmen.«
Viel Zeit zur Regeneration bleibt Buchmann nicht. Nur sechs Tage Pause liegen zwischen dem letzten Tour-Tag am 19. Juli und der angedachten Anreise nach Japan. »Es ist schon grenzwertig. Ich kann nur hoffen, dass ich dann noch meine Tour-Form habe und nicht zu kaputt bin von der Reise«, erklärte Buchmann. Und weil alle guten Dinge drei sind, will Buchmann auch bei der Straßenrad-WM Ende September im schweizerischen Aigle im Kampf um das Regenbogen-Trikot auch ein gehöriges Wörtchen mitreden.
Für all diese Ziele muss Buchmann vor allem in der Vorbereitung einige Entbehrungen hinnehmen. Erst im März wird er wieder zuhause sein. Von Mallorca geht es direkt weiter ins erneute Trainingslager auf Gran Canaria, Ende Februar steht der nächste Renneinsatz bei der UAE Tour in den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Programm. Zumindest auf Freundin Claudia Eder muss Buchmann nicht vollends verzichten, die ihn auf Gran Canaria im Januar besuchte. »Das ist sehr wichtig für mich. Sonst hätte ich sie bei all den Reisen wohl nicht mehr«, sagte Buchmann lachend.