Logo
Aktuell Sport

Bayern ohne Hoeneß »schwierig« - Reise endet mit einem Knall

Ein Medienbericht schreckt die Bayern-Delegation in Amerika auf. Nach dem Sieg gegen Milan gibt es keine Aufklärung in Sachen Hoeneß. Der Präsident will sich erst Ende August äußern. Die Vorstellung, dass der Patron nach 40 Jahren aufhört, löst Zweifel und Rätselraten aus.

Uli Hoeneß
Hört als Bayern-Präsident auf: Uli Hoeneß. Foto: Matthias Balk
Hört als Bayern-Präsident auf: Uli Hoeneß. Foto: Matthias Balk

KANSAS CITY. Dieser Paukenschlag am Ende der US-Tour haute auch im riesigen Tross des FC Bayern praktisch alle um. Uli Hoeneß tritt im November nicht mehr zur Wiederwahl als Präsident des deutschen Rekordmeisters an.

Das in der Heimat von der »Bild«-Zeitung vermeldete Zukunftsszenario schreckte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, Trainer Niko Kovac und die Münchner Fußball-Profis im 7900 Kilometer entfernten Kansas City wenige Stunden vor dem 1:0 (1:0) im abschließenden Testspiel gegen den AC Mailand auf.

Hoeneß selbst sorgte auch nicht für Klarheit. »Am 29. August werde ich dem Aufsichtsrat meine Entscheidung mitteilen, vorher gibt es von mir keine offizielle Erklärung«, sagte er dem »Kicker«. Das ist kein Widerspruch, aber eben auch keine klare Bestätigung.

Die Neuigkeit löste vielfältige Reaktionen aus: Überraschung, Zweifel, Rätselraten. Vor allem aber das ungläubige Gefühl, dass beim nationalen Branchenführer nach 40 Jahren mit Hoeneß als Macher schon in wenigen Monaten eine Zukunft ohne den Patron vom Tegernsee in einer Führungsfunktion beginnen soll. »Ich kenne den FC Bayern fast nur mit Uli Hoeneß«, sagte Nationalspieler Joshua Kimmich im Children's Mercy Park Stadium. Er wisse nicht, ob die Meldung stimme. »Wenn ja, kann ich mir das gar nicht vorstellen.« Also einen FC Bayern ohne Uli H.

Eine Aufklärung seitens des Vereins blieb bis zum verspäteten Abflug nach Mitternacht Ortszeit aus; ein Dementi der »Bild«-Informationen allerdings auch. Diese besagen, dass Hoeneß folgenden Plan entworfen hat: Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und ehemalige Adidas-Chef Herbert Hainer (65) soll seine Ämter in der Vereinsführung und an der Spitze des neunköpfigen Kontrollgremiums übernehmen. Hoeneß hatte sich im vergangenen Dezember bis 2022 als Aufsichtsratschef bestätigen lassen. Nach »Kicker«-Informationen will Hoeneß seinen Sitz als einfaches Mitglied im Aufsichtsrat behalten.

In der deutschen Nacht schritt Rummenigge nach dem Spiel in Kansas mit Vorstandskollege Jörg Wacker sowie Hoeneß' Vizepräsidenten Dieter Meyer und Walter Mennekes durch die Stadiongänge und schwieg zum großen Thema. Nach dpa-Informationen war die Delegation völlig überrascht worden von der Breaking News - und ein rascher Kontakt mit Hoeneß nicht herzustellen. Der Präsident war nicht mit in die USA gereist, weil er andere Dinge zu erledigen hatte. Wie aus diversen Quellen zu hören war, gehörte seine Zukunftsplanung dazu.

In einem dpa-Interview zu seinem 40-jährigen Manager-Jubiläum am 1. Mai hatte Hoeneß eine Entscheidung zu einer weiteren Kandidatur als Präsident bis Ende Juni angekündigt. »Diesen Fahrplan kennen alle im Verein«, sagte Hoeneß. Dass er mit dem Aufhören nur kokettiere, wie ihm viele unterstellten, hatte er selbst zurückgewiesen.

Hoeneß überrascht - und auch wieder nicht: Der Umbruch, in dem die Mannschaft gerade steckt, hat jetzt auch die Ebene der Bosse voll erfasst. Der 63-jährige Rummenigge hört Ende 2021 auf. Der ehemalige Nationaltorhüter Oliver Kahn (50) soll dann seine Position an der Spitze des Vorstandes einnehmen. Am 1. Januar 2020 beginnt die Einarbeitung des Ex-Kapitäns. Das hatte Hoeneß so eingefädelt.

»Man darf sich nicht einbilden, dass man unersetzlich ist. Jeder ist ersetzbar«, sagte er zu seiner Person. In Hainer hat er eine naheliegende Lösung als Nachfolger auserkoren. Kahn war als Spieler ein wichtiger Werbepartner für Adidas, als Hainer bei dem Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach der Chef war.

Aber kann der FC Bayern ohne den Übervater Hoeneß funktionieren? Ja. Nach der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Steuerhinterziehung trat Hoeneß im März 2014 schon einmal von seinen Ämtern zurück. Ende 2016 feierte er ein Comeback, zwischenzeitlich hatte Rummenigge den Verein erfolgreich als Frontmann geführt. Eine Zäsur ergibt sich an der Säbener Straße, wenn die langjährigen, nicht immer einigen Weggefährten Uli und Kalle beide mal weg sein werden.

Das ist Zukunftsmusik. Aber gute drei Wochen vor dem Start der Bundesliga rücken durch den Hoeneß-Knall beim Serienmeister die sportlichen Dinge wie weitere notwendige Transfers vorübergehend in den Hintergrund. Kovac wich nach dem Sieg gegen Milan durch ein Tor von Leon Goretzka beim Thema Hoeneß aus, als er um einen Kommentar gebeten wurde. »Würde ich gerne (geben), aber kann ich nicht, weil ich nicht weiß, wie viel Wahrheitsgehalt darin steckt.«

Die Münchner Profis hielten sich ebenfalls zurück. »Ich habe noch keine Informationen aus erster Hand«, sagte Thomas Müller. David Alaba gestand, dass es »schwierig« sein würde, sich den FC Bayern ohne Hoeneß vorzustellen. »Er ist schon die prägende Figur gewesen in zig Jahrzehnten. Das ist einmalig«, sagte Torschütze Goretzka, ehe er noch rasch hinzufügte: »Mehr kann ich dazu auch nicht sagen. Ich denke, ich warte erstmal, dass er das persönlich meldet.«

Die Spieler freuten sich auf dem langen Rückflug auf zwei freie Tage nach der Ankunft in München. Das Team habe sich diese »verdient«, betonte Kovac. »Wir sind mit der Reise nicht nur zufrieden, wir sind außerordentlich zufrieden«, sagte der Trainer, dessen größter Fürsprecher in der Vereinsführung im schwierigen ersten Jahr Hoeneß war. »Man kann ein Fünf-Sterne-Plus hinter die Reise setzen«, sagte Kovac - trotz des lauten Hoeneß-Knalls am Ende der Sommertour.