REUTLINGEN. Das Glücksgefühl war Fiona Serafina Lukas auf der Ehrenrunde förmlich anzusehen. Da zeigte sie als Zugabe einen rasanten Galopp und auch eine Passage vor dem applaudierenden Publikum. Der Sieg der 22-Jährigen in der Abschluss-Prüfung war eine Überraschung, zumal sie das erste Mal überhaupt in einem Kurz-Grand-Prix angetreten war und am Vortag in der ersten Drei-Sterne-Prüfung der Reutlinger Dressurtage lediglich auf Rang fünf gekommen war.
Da hatte es mit ihrem Wallach Aragorn noch Abzüge bei der Grußaufstellung und den Zweierwechseln gegeben. Am Sonntag aber sahen zum Beispiel Traversalen, Wechsel und die Höchstschwierigkeit Passage leicht und mühelos aus. »Es funktioniert einfach mit ihm. Wir verstehen uns so gut. Es macht einfach Spaß«, sagte die Landeskader-Reiterin vom RC Tamm strahlend.Mit ihrem sehenswerten Vortrag knackte sie auch die 70-Prozent-Marke der möglichen Punkte. Zuvor sah es lange so aus, als ob kein Ritt diese Bewertung erreichen könnte. Ohne Franz Trischberger, der an den vorangegangenen Tagen dominiert hatte, aber nicht im Kurz-Grand-Prix antrat, fehlte in dieser Prüfung ein klarer Favorit.
22-Jährige bricht den Bann
Dennoch war Gotthilf Riexinger zuversichtlich, dass noch eine Top-Bewertung folgen würde. »Die Qualität und das Niveau werden immer besser«, sagte der Dressurrichter, der seit der Premiere der Reutlinger Dressurtage vor sieben Jahren das Schwungrad der Veranstaltung vor und hinter den Kulissen ist. Und er sollte Recht behalten. Lukas brach mit 71,16 Prozent den Bann.
Die Vortages-Dritte Anna-Louisa Fuchs aus Mannheim mit ihrem vielversprechenden, erst neunjährigen Fuchswallach Duvetico hätte sie als letzte Teilnehmerin noch abfangen können. Doch Fehler gleich zu Beginn der Prüfung in der Trab-Lektion sowie verpatzte Einer-Wechsel ließen nicht mehr als Rang sieben zu. So sicherte sich Lukas den Sieg vor Trischbergers Schülerin Jutta Borgmann-Reuter mit Sanrico (69,50) und Victoria Rohrmuss (Heuchlingen), die sich inmitten der Konkurrenz der Großpferde mit ihrem Pony Corelli de Luxe auf Rang drei einreihte (69,42). Vorjahres-Siegerin Natalie Gauß-Ernst (Lautertal) musste sich mit Rang neun begnügen. In der Intermediaire II am Samstag hatte Nicole Casper (Gestüt Birkhof) Trischberger auf Rang zwei verwiesen. Aber das konnte der Stuttgarter Dressur-Cup-Sieger von 2023 locker verschmerzen.
Trischberger mit zwei Doppelsiegen
Im Gegenteil. Der Profi vom Tegernsee, der am Hofgut Allerer täglich zehn bis zwölf Pferde im Beritt hat, war »super-happy«. Kein Wunder: Für seine junge Stute Henriettenhof's Kinshasa war es der erste Start auf Drei-Sterne-Niveau. Das neunjährige Dressurpferd sei »die Königin im Stall«, erzählte er schmunzelnd. Die Stute ist nach seiner Aussage eitel, ein bisschen eigen »und schließt Menschen sehr ins Herz«. Mit zwei anderen Pferden feierte Trischberger in Reutlingen Doppelsiege in S-Prüfungen für Nachwuchspferde. Sowohl Zewano, mit dem er bei der Weltmeisterschaft der jungen Dressurpferde Sechster geworden war, wie auch Djamalla bescheinigte er Qualitäten für die Große Tour.
Von den Startern aus der Region schnitt Franziska Betz in der schweren Klasse am besten ab. Mit ihrem Wallach Fiorello belegte die Undingerin in Ein-Stern-S-Prüfungen für Amateure zwei Mal den zweiten Rang. Die für den RFV Ehestetten antretende Sarah Viktoria Pürmaier wurde in einer »S« für Nachwuchspferde Sechste mit Ben Benito. Die Reutlinger Heiko Müller, Andrea Strobel, Eva-Carina Magunia blieben wie Aline Arnold (Tübingen) ohne Platzierung.
Riexinger verteilt Lob und Kritik
Am Samstag war das meiste Interesse bei den Zuschauern auf die von Riexinger am Hallen-Mikrofon kommentierte Intermediaire-I-Kür gestoßen. Der Experte, als internationaler Richter weltweit geschätzt, verteilte an die Starter Lob (»Hier wurden die Highlights des Pferdes hervorragend herausgearbeitet«) und Kritik (»Die erste Pirouette geht in die Hose«). Die Kritik solle »nur helfen, besser zu werden«. Gewinnerin Tina von Briel (Immenhöfe/77,46 Prozent), die mit Tallahasse zur Musik von Pink antrat, glänzte mit viel Taktgefühl und hervorragenden Pirouetten. Die bereits für den Dressur-Cup in Stuttgart qualifizierte Amazone hofft dort nun auf einen Platz unter den ersten Drei: »Das wäre der Wahnsinn.«
»Wir haben uns als eines der herausragenden S-Dressur-Hallenturniere bis Grand Prix etabliert«, stellte Heiko Müller fest, der zusammen mit Andrea Strobel und Franziska Schöck für die Turnierleitung zuständig war. Das bestätigte Marie-Christin Kogel (Böblingen) bei der Kür-Siegerehrung, als sie am Mikro erklärte, dass das Turnier super organisiert sei und es »einfach Spaß macht, hier zu reiten«. Müller weiter: Die Größe der Starterfelder »war perfekt. Und wir hatten viele externe Besucher.« In der Klasse M gingen beide Siege an Starterinnen aus der Region. Anstelle des abgesagten Turniers in Donaueschingen wurde das Finale im Nürnberger Burg-Pokal auf der Reutlinger Anlage im Schachen ausgetragen. Die Bernlocherin Allegra Elisabeth Hüttig, bereits Erste nach den Qualifikationen, triumphierte in diesem renommierten Wettbewerb für Junioren. »Er konzentriert sich immer und gibt sein Bestes«, lobte sie ihren erst achtjährigen Wallach Impala mit den imposanten Gängen. Die Elftklässlerin will nun kommende Saison, »wenn es weiter so gut läuft«, erstmals auf S-Niveau antreten. In einer Zwei-Sterne-M-Prüfung siegte die Münsingerin Anne Eppinger-Lütkemeier. Magunia und Strobel waren als Dritte und Vierte platziert. (GEA)

