Logo
Aktuell Sommerfest

Von der Wolle zur Wertschätzung

Arche Schäferei und Stadtjugendring präsentieren Tiere, Materialien und Methoden der Kleiderherstellung

Experimentieren mit Naturfasern (von links): Sarah Bhattarcharjee-Dunn, Katrin Müller-Sauer, Organisatorin Barbara Zeppenfeld un
Experimentieren mit Naturfasern (von links): Sarah Bhattarcharjee-Dunn, Katrin Müller-Sauer, Organisatorin Barbara Zeppenfeld und Andrea Lamparter. FOTO: BÖHM
Experimentieren mit Naturfasern (von links): Sarah Bhattarcharjee-Dunn, Katrin Müller-Sauer, Organisatorin Barbara Zeppenfeld und Andrea Lamparter. FOTO: BÖHM

REUTLINGEN. Naturfasern, Landschaftsschutz und der Erhalt seltener einheimischer Nutztierrassen standen im Mittelpunkt beim diesjährigen Sommerfest der Arche Schäferei in Kooperation mit dem Stadtjugendring Reutlingen, der Ortsgruppe Bronnweiler des Schwäbischen Albvereins und einer »bunten Truppe befreundeter Initiativen«.

»Das heiße Wetter ist super geeignet, um gemeinsam einen Teppich auf der Wiese zu filzen«, freute sich Organisatorin Barbara Zeppenfeld. Sind nach und nach mehrere Teppiche beisammen, soll eine Jurte daraus entstehen. Zusammen mit den Kindern wurden auch die »Lieferanten« der Wolle auf die Wiese am Alten Schulhaus geführt. Barbara Zeppenfeld bringt mit Mitteln der Baden-Württemberg-Stiftung Kindern den Umgang mit Schafen sowie Waschen, Kardieren (Kämmen), Spinnen oder Filzen der Wolle bei.

»Die alten Rassen passen unkompliziert in unsere Landschaft«

Insgesamt hält sie 60 bis 70 Mutterschafe und 30 Böcke, um einen größeren genetischen Pool zur Verfügung zu haben. Denn ihre Liebe gehört seit 15 Jahren den Waldschafen und Kreiner Steinschafen, die auf der Roten Liste stehen. »Sie gehen in direkter Linie auf das Torfschaf zurück, das vor 6 000 Jahren in unserer Gegend heimisch war«, so die Züchterin.

»Die alten Rassen passen unkompliziert in unsere Landschaft, kommen mit dem Futter und den Hangschrägen klar und pflegen auch die Streuobstwiesen.« Die Tiere seien nett und handzahm. Sie habe es bisher noch nicht fertiggebracht, eines zu schlachten. Von daher durfte die gute »Paula« 16 Jahre alt werden. In einem Raum der Alten Schule, vom Albverein zur Verfügung gestellt, wurden zum ersten Mal Wollarten und weitere Naturfasern erläutert, unterstützt von Fotos von Andrea Lamparter. Beate Herold hatte von der Wolle jedes einzelnen ihrer Schafe Probestücke gestrickt, die unterschiedliche Farben und Festigkeiten zeigten. Sie ermittelte auch, dass ein kleiner Strickschal vom Wollewaschen bis zur Fertigstellung 37 Stunden benötigt.

Ähnlich eindrucksvoll waren auch die Zahlen beim Flachs. »Man sagt, Flachs muss durch 72 Hände gehen, bis er als Hemd getragen werden kann«, sagte Katrin Müller-Sauer. Von daher stimme etwas nicht, wenn man ein T-Shirt für zwei Euro kaufen kann. Selbst Kleidung herzustellen bedeute Wertschätzung, die Entwicklung eigener Kreativität und auch Nachhaltigkeit. »Färben kann man die Wolle, aber es ist eigentlich unnötig«, meinte Barbara Zeppenfeld, die Socken, Teppiche und robuste Oberbekleidung aus der Wolle der alten Schafsrassen herstellen lässt. Auch bestimmte Spinntechniken seien entwickelt worden.

»Färben kann man Wolle, aber es ist eigentlich unnötig«

So wünsche man einen Pullover eher fluffiger und Socken eher haltbar, sodass die Wolle mehr Drall erhalten müsse. Sarah Bhattacharjee-Dunn informierte über Seide und zeigte traditionelle indische Stoffe und Muster, für deren Erhalt sie sich einsetzt. Wie die Besucher erfuhren, gibt es auch bei der feinsten aller Naturfasern Unterschiede. So ergibt sich bei der Eri- und der Tussah-Seide ein goldfarbener Ton allein aus der Nahrung der Raupen. Am weitesten verbreitet sei die Maulbeerseide, bei der jedoch der Schmetterling nicht aus seinem Kokon schlüpfen dürfe, sondern im Raupenstadium durch Kochen der Kokons getötet würde. Bei anderen Seidenarten bekomme man außer einer gleichzeitig weichen, haltbaren und wärmenden Faser auch noch einen schönen Falter.

Infos und Objekte zum Anfassen über Entstehung und Verarbeitung der Baumwolle rundeten die Ausstellung ab. (GEA)