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Aktuell Tierhaltung

Vogelgrippe: Wachsende Beunruhigung im Kreis Reutlingen

Die Vogelgrippe ist in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Was Landwirte in der Region zur aktuellen Situation sagen.

Noch dürfen die Hühner auf dem Hof von Frank Zeeb ins Freie.
Noch dürfen die Hühner auf dem Hof von Frank Zeeb ins Freie. Foto: Frank Pieth
Noch dürfen die Hühner auf dem Hof von Frank Zeeb ins Freie.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN/TÜBINGEN. Mit der rasanten Ausbreitung der Vogelgrippe in Deutschland wächst auch die Sorge vor Infektionen in der Region. Im Moment nimmt die Seuche durch den Vogelzug im Herbst so richtig Fahrt auf. Nun gibt es in Pfullingen einen Verdachtsfall bei einem verstorbenen Wildvogel. Die Todesursache des gefundenen Kranichs werde momentan vom Frank-Löffler-Institut in Greifswald untersucht, sagt das Landratsamt Reutlingen auf Nachfrage. Für Aufsehen sorgte auch der erste Ausbruch von Vogelgrippe in einem Geflügelbetrieb in Baden-Württemberg. In Öllingen (Alb-Donau-Kreis) wurden als Folge rund 15.000 Tiere getötet.

Wer einen toten oder auch kränklichen Vogel in der Natur findet, sollte das zuständige Veterinäramt anrufen und deren Anweisungen folgen. »Man sollte auf jeden Fall Abstand halten und das Tier nicht berühren«, rät das Vogelschutzzentrum in Mössingen auf Nachfrage. Denn die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, ist für Menschen zwar gering, aber nicht ausgeschlossen.

Hoffnung auf baldige Reaktion der Regierung

Die aktuelle Situation beobachtet Frank Zeeb, Betreiber des Geflügelhof Zeeb in Sickenhausen, mit wachsender Beunruhigung: »Bisher habe ich mich nicht verrückt machen lassen. Aber es kommt immer näher, das macht mir schon Sorgen.« Der Sickenhäuser hofft, dass die Regierung bald reagiert und ein Aufstallungsgebot verhängt. Dies würde bedeuteten, dass sich Geflügel wie Hühner dauerhaft im Stall oder unter einem sicheren, überdachten Auslauf aufhalten müsste. »Dann kommen die Tiere nicht mit wilden Vögeln in Kontakt«, sagt Zeeb. Der Verzicht auf Ausgang sei für die Hennen auch kein Problem: »Die halten das auch von der Psyche her aus.«

Was ist die Vogelgrippe?

Die aviäre Influenza ist eine Virusinfektion, die hauptsächlich bei Vögeln vorkommt. Die gefährlichere Variante des Virus - auch Vogelpest genannt - führt bei Geflügel und Wildvögeln zu schweren Erkrankungen und meistens zum Tod. Das Influenza-A-Virus kommt vor allem bei wildlebenden Wasservögeln vor. Deshalb verschärft sich die Lage im Herbst, wenn viele Zugvögel unterwegs sind. Die Erreger übertragen sich nur in seltenen Fällen auf Menschen. »Davon betroffen sind eher Personen mit engem Kontakt zu Geflügel, wie er bei Geflügelhaltung, in Zucht- und Mastbetrieben oder im Schlachthof auftritt«, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit auf der Seite gesund.bund.de. Das European Centre for Disease Prevention and Control schätzt das Risiko für die Bevölkerung in Europa weiterhin als gering ein. (GEA)

Von einer freiwilligen Aufstallung seiner rund 12.500 Hühner sieht Zeeb bisher ab. Denn um seine Eier als Freilandware verkaufen zu dürfen, müssen die Tiere 365 Tage im Jahr die Möglichkeit haben, sich draußen aufzuhalten. Dies würde sich erst im Falle einer verordneten Stallpflicht ändern.

Aufstallungspflicht kein Thema

Eine verpflichtende Aufstallung ist in Baden-Württemberg aber wohl kein Thema. »Mit einer Stallpflicht ist hier nicht zu rechnen«, zitiert die Nachrichtenagentur dpa einen Sprecher des Landwirtschaftsministeriums. In den Jahren 2016 und 2023 hatte es eine solche Pflicht aufgrund der Vogelgrippe im Landkreis Reutlingen gegeben.

Andere Maßnahmen wie Hygienekonzepte und die Reduzierung von menschlichem Kontakt mit den Nutztieren setzt Zeeb bereits um. Außerdem hofft der Agrarwissenschaftler auf die Wissenschaft: »In Frankreich werden Enten bereits gegen die Vogelgrippe geimpft, vielleicht gibt es da weitere Fortschritte. Denn mit dem Keulen der Tiere scheint man nicht weiter zu kommen.« Zeeb selbst hat keine Angst, sich mit dem Virus zu infizieren. »Das gibt es eigentlich nur in ganz seltenen Fällen.« Er befürchtet auch nicht, dass die Nachfrage nach Eiern sinken wird.

Vorteilhafte Lage auf der Alb

Das hofft auch Simon Schnitzler. In Ohnastetten betreibt er ein »Eierhäusle«. Insgesamt hält er rund 4.600 Hennen, 350 Gänse und 300 Mastenten. Die Lage auf der Alb sei für ihn von Vorteil: »Hier gibt es kaum Gewässer, deshalb gibt es hier weniger Zugvögel, die Wasser brauchen.« Deswegen glaubt Schnitzler auch nicht, dass in dieser Region ein Aufstallungsgebot nötig wäre. »In Gebieten mit vielen Zugvögeln könnte es aber durchaus sinnvoll sein.« Besonders für Gänse könne eine solche Ausgangssperre belastend sein, lieben sie doch die frische Luft und reichlich Bewegung. »Wir haben aber große Ställe für die Gänse, da könnten sie gut drinnen sein«, meint Schnitzler.

Seine größte Sorge ist, dass in seiner Umgebung Fälle der Vogelseuche in einem Tierbestand auftreten. Denn dann könnte sein Betrieb innerhalb eines Sperrbezirks liegen, aus dem Schnitzler keine Ware verkaufen dürfte. So ist es auch in Öllingen innerhalb eines Drei-Kilometer-Radius rund um den betroffenen Geflügelhof geschehen. Über die Größe dieser Schutzzonen und weitere Maßnahmen entscheidet das zuständige Veterinäramt. Das wäre ein Super-GAU, steht der Martinstag doch vor der Tür und auch Weihnachten ist nicht mehr weit entfernt. (GEA)