REUTLINGEN. Gerade mal 73 Mitglieder zählt der Reutlinger Verein für Volksbildung. Was dieser verhältnismäßig kleine Verein bewegt, ist jedoch beachtlich: Unter seinem Dach finden sich nämlich solch namhafte Institutionen wie die Volkshochschule, die Musikschule, eine Jugendkunstschule, Abendgymnasium, Reportageschule und vieles mehr, wie der Vereinsvorsitzende Eugen Schäufele am Mittwochabend bei der Mitgliederversammlung erläuterte. Ebenfalls erstaunlich: Noch während der Wirren des Ersten Weltkriegs wurde in Reutlingen im »März 1918 das Haus der Volksbildung gegründet«, wie VHS-Geschäftsführer Dr. Ulrich Bausch im Geschäftsbericht betonte.
Logischerweise standen im vergangenen Jahr Jubiläumsfeierlichkeiten an: Die baden-württembergischen Kultusministerin Susanne Eisenmann war als Gastrednerin vor Ort – der VHS-Chef bezeichnete die Veranstaltung im Rückblick als »rundum gelungene Sache«. Die Festivitäten kosteten 100 000 Euro, gab VHS-Verwaltungsleiter Markus Schmid-Appelrath zu bedenken. Dennoch konnte das Wirtschaftsjahr der Volkshochschule wie auch des Vereins mit einem »leicht positiven Ergebnis abgeschlossen werden«.
Eine neue Verwaltungssoftware beschäftigte die Reutlinger Volkshochschule nicht nur im vergangenen Jahr, sondern auch heute noch. Ebenso wie die im Rahmen der neuen Brandschutzmaßnahmen eingebaute Lüftungstechnik. Bei beidem könnte laut Bausch die Devise lauten: »So langsam tut’s.« Wenn auch noch der ein oder andere hochsensible Rauchmelder immer mal wieder fälschlicherweise Alarm auslöse.
Abriss der Meisterschule
In Betzingen muss die Meisterschule (in der sich die Betzinger VHS-Außenstelle befindet) an der Echaz aufgrund des Hochwasserschutzes abgerissen werden. In diesem Zusammenhang erwähnte Bausch, dass in der Reutlinger Innenstadt die Volkshochschule auf insgesamt zwölf Gebäude verteilt sei – »das dürften die wenigsten wissen«. Deshalb würden nun Überlegungen angestellt, »ob wir auf dem Betzinger Egelhaaf-Areal nicht zumindest Teile davon unterbringen könnten«. Die Zeit dränge, denn der Teilabriss der Meisterschule stehe an. »Wir brauchen da vorher eine Lösung«, so Schmid-Appelrath.
Das Fazit des Geschäftsführers lautete am Mittwochabend: »Wir sind insgesamt gut aufgestellt, stehen zwar vor großen Herausforderungen. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir sie meistern werden.«
Weniger gut stehen Reutlinger Abendgymnasium und Ergotherapie-Schule unter dem Dach des Hauses für Volksbildung da: Bei beiden Institutionen gehen die Schülerzahlen zurück, »im Abendgymnasium hatten wir vor wenigen Jahren noch 100 Schülerinnen und Schüler, 2018 waren es 42«, sagte Schmid-Appelrath. Die Gründe seien vielfältig, geburtenschwache Jahrgänge und, dass »die Zahlen der Studierenden ohne Abitur sich in den vergangenen Jahren vervierfacht haben«, so Dr. Ulrich Bausch. Gut möglich also, dass das Abendgymnasium irgendwann nicht mehr Teil der großen Angebotspalette sei.
Im Bereich der Ergotherapie müssten ebenfalls Änderungen erfolgen, schließlich biete Bayern die Ausbildung kostenlos an – während sie in Reutlingen und ganz Baden-Württemberg kostenpflichtig ist. Gespräche mit dem Land würden geführt. Und bei der Reportageschule »hat die Chemie mit der Agentur Zeitenspiegel nicht mehr gestimmt«, sagte Bausch. Die erfolgte Trennung und Neuausrichtung seien gut und richtig gewesen.
Zur Reutlinger Musikschule sagte Leiterin Karin Hurrle: Die Einrichtung sei nach wie vor sehr beliebt. Und auch sehr erfolgreich: Mehr als 60 Preise haben Musikschüler im vergangenen Jahr gewonnen. Zudem sei die inklusive Arbeit mit behinderten Menschen, mit Flüchtlingen, mit Migranten »ein wichtiger Teil der Musikschule«, so Hurrle.
Musikschule 50 Jahre alt
»Musik ist die schönste Sprache der Welt«, sagte ein syrisches Mädchen in einem eingespielten kurzen Film. Feiern kann der Verein für Volksbildung im kommenden Jahr im Übrigen schon wieder: Da steht der 50. Geburtstag der Reutlinger Musikschule an. »Am 14. November 2020 ist die Jubiläumsfeier in der Stadthalle, den Termin müssen Sie sich unbedingt freihalten«, forderte Bausch die Vereinsmitglieder auf. (GEA)