REUTLINGEN-SICKENHAUSEN. Nur mit gesundem Menschenverstand lässt es sich auf den ersten Blick nicht erklären: Schon seit etwa 15 Jahren will der Ortschaftsrat von Sickenhausen erreichen, dass das Schild am Ortsausgang Richtung Kirchentellinsfurt weiter nach außen versetzt wird, um den ausfahrenden Verkehr zu bremsen und den Lärm für die Anwohner zu reduzieren. Und schon genauso lange lehnen die Behörden das immer wieder ab. Inzwischen hat die Stadt nach den Worten von Bezirksbürgermeister Frank Zeeb Bereitschaft signalisiert. Doch nun sperre sich das Landratsamt – und zwar »ohne Begründung«.
Lärmschutzwall vor der Nase
Zur Sprache kam das Thema erneut bei der Sitzung des Bezirksgemeinderats am Donnerstagabend. Frank Zeeb, dem klar war, dass eine Bürgerinitiative um Wortführer Dieter Hartnagel für volle Ränge im Rathaus sorgen würde, war gut vorbereitet. Anhand von Bildern und Kartenausschnitten legte er dar, was das Problem ist am Ortsende in Verlängerung der Friedrichstraße.
In den 80er-Jahren wurde linker Hand das Baugebiet am Weilweg erschlossen. In den 90er-Jahren entstand rechts der Straße das Gewerbegebiet Lange Morgen. Zwischen Gewebegebiet und Kreisstraße entstand ein Lärmschutzwall, der heute allerdings ziemlich sinnlos erscheint. Er schützt vielleicht die dort ansässigen Betriebe vor dem Verkehrslärm, aber nicht die Bewohner der Häuser auf der anderen Straßenseite. Im Gegenteil: Sie haben den Eindruck, dass der Wall, den sie vor der Nase haben, die Lage noch verschlimmert.
Es sind nicht nur die Autogeräusche, sondern auch Sicherheitsbedenken, die die Bürger auf den Plan rufen: Bis vor einer Woche durften die Autofahrer ab dem Ortsschild von 50 auf 100 Stundenkilometer beschleunigen. Inzwischen ist dort ein Tempo-70-Schild angebracht worden. Auch das sei noch zu schnell, findet die Bürgerinitiative. Denn die Straße führt in einer langen Kurve aus dem Ort und wird just, wo die Bebauung vollends aufhört, von einem Rad- und Fußweg gekreuzt. Von einer »gefährlichen Situation« spricht der Ortsvorsteher: »Der Verkehr ist da schon schnell.«
Alle Vorstöße, das Ortsschild zu versetzen, sind bislang gescheitert. Der Grund, erklärte Frank Zeeb, liegt in den gesetzlichen Vorgaben: Ortsschilder werden dort gesetzt, wo die letzten beziehungsweise ersten Straßen in die Durchfahrt einmünden. Wäre die Erschließung von der Weilweg-Siedlung oder dem Gewerbegebiet weiter außen erfolgt, stünde auch das Ortsschild weiter außen.
Raser und Unfälle
Spätestens in drei bis fünf Jahren, wenn das Gewerbegebiet erweitert sein soll, wird dies wohl eintreten. Die Stadtverwaltung habe inzwischen signalisiert, dass es einer vorzeitigen Versetzung des Ortsschilds zustimmen würde. Dazu müsste aber das Landratsamt die Straße an die Stadt abtreten. Das habe die Kreisverwaltung aber abgelehnt.
Von den Bürgern erhielt Frank Zeeb den Auftrag, dort nachzuhaken und eine Begründung einzufordern. Mehrere Menschen äußerten ihren Unmut. Sie berichteten von Rasern und Unfällen. Einer fragte in die Runde: »Muss erst etwas Schlimmes passieren, damit etwas passiert?« (GEA)