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Reutlinger Spendenparlament: Keine Kraft für Hilferufe

Bei der Parlamentssitzung in Reutlingen war nur ein einziger Antrag zu besprechen: Das Theaterprojekt des Eninger Jugendhauses Kult 19 erhält 5.000 Euro

Geld
Ein Mann zählt Geld an einem Tisch. Foto: Lino Mirgeler
Ein Mann zählt Geld an einem Tisch.
Foto: Lino Mirgeler

REUTLINGEN. Nur für ein einziges Projekt war bei der Herbstsitzung des Reutlinger Spendenparlaments um Unterstützung gebeten worden. »Das hatten wir noch nie«, sagte Angelika Mehnert von der Finanzkommission des ungewöhnlichen Parlaments im Reutlinger Spendhaus.

Woran es liegen könnte, dass nicht, wie gewohnt, deutlich mehr Initiativen, Organisationen, Vereine oder Einrichtungen aus Reutlingen und dem ganzen Landkreis um finanzielle Hilfe gebeten hatten? »Angesichts von Corona ist bei vielen Engagierten vielleicht auch einfach etwas die Luft raus«, mutmaßte Christiane Koester-Wagner als Vorsitzende des Spendenparlament-Trägervereins.

Unterstrichen hat das auch Mehnert: Viele Träger von sozialen Hilfen »haben wohl im Moment so viel zu tun, dass sie keine Kraft für neue Projekte haben«. Einzig für ein Theaterprojekt des Eninger Jugendhauses Kult 19 wurde am vergangenen Freitagabend um Unterstützung gebeten.

Der Sozialpädagoge Michael Löcke erläuterte den im Spendhaus anwesenden Parlamentariern, dass im Kult 19 nicht allein offene klassische Jugendarbeit gemacht werde, sondern – ungewöhnlich für ein Jugendhaus – auch eine Theatergruppe aufgebaut wurde. Mit dabei sind laut Löcke auch junge Migranten und Geflüchtete im Alter zwischen 8 und 12 Jahren. »Beim vergangenen Sommerfest wurde schon ein Stück vor der Asylunterkunft aufgeführt, das kam gut an«, so der Sozialpädagoge am Freitagabend. Das ganz Besondere an dieser Theatergruppe ist nicht allein die Integration von jungen Migranten, sondern auch die Kooperation mit dem Reutlinger Theater »Die Tonne«. »Und wir haben eine professionelle Theaterfrau dabei.« Weil sie von der Theaterarbeit lebt, müsse sie bezahlt werden – ebenso wie Technik, Kostüme und mehr. Dafür wurde ein Betrag von 4 300 Euro beantragt. Didi von Au plädierte dafür, den Betrag auf 5 000 Euro zu erhöhen – »als selbstständiger Clown weiß ich genau, wie schwierig es ist, von der Theaterarbeit zu leben«. Die Parlamentarier stimmten dem Antrag mehrheitlich zu.

Wirksame Unterstützung

Sonstiges bei der Herbstversammlung des Spendenparlaments: Beim Spendenmarathon im vergangenen September wurden nach den Worten von Koester-Wagner insgesamt rund 18 000 Euro eingenommen. Das Geld kann nun wiederum auf Projekte verteilt werden, für die um finanzielle Unterstützung gebeten wird. Schwierig sei, neue Parlamentarier zu finden, also Menschen, die das Parlament finanziell und ideell unterstützen, wie die Trägervereins-Vorsitzende ausführte. Aber: Namhafte Botschafter für die gute Idee des Spendenparlaments seien gefunden worden, darunter die Oberbürgermeister von Reutlingen und Metzingen, Thomas Keck und Carmen Haberstroh, sowie Münsingens Bürgermeister Mike Münzing. Aus den Bereichen Sport und Unterhaltung konnten die Eninger Radrennweltmeisterin und Olympiasiegerin Franziska Brauße gewonnen worden sowie der Reutlinger Comedian Dominik Kuhn.

Über die Wirksamkeit von finanzieller Unterstützung durch das Spendenparlament berichtete Achim Scherzinger als Vorstandsmitglied im Reutlinger S-Haus: Vor zwei Jahren hatte das besondere Restaurant, das in Fortsetzung der Vesperkirche ganzjährig geöffnet hat, 5 500 Euro vom Parlament erhalten. Damit seien neue hocheffiziente Großküchenmaschinen angeschafft worden. »Damit konnten wir während Corona die verdreifachte Essensnachfrage bewältigen und sind auch heute fähig, dreimal die Woche selbstständig mit Ehrenamtlichen zu kochen«, so Scherzinger. (eg)