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Reutlinger Feuerwehrarzt: So tückisch sind Rauchgase

Das geborstene Fenster eines Zimmers der Brandwohnung. Foto: Frank Pieth
Das geborstene Fenster eines Zimmers der Brandwohnung.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Bei Gebäudebränden ist die Todesursache mehrheitlich nicht die unmittelbare Flammeneinwirkung: Von rund 600 Brandtoten im Jahr sterben 80 Prozent an den Folgen des Brandrauchs. Schon in einer ganz gewöhnlichen Wohnung werden durch Feuer und Hitze 300 bis 500 hochgiftige Substanzen freigesetzt. Unter anderen, wenn Kunststoff schmilzt. Auch beim Feuer in der Reutlinger Oberlinstraße kamen die Opfer am Dienstagabend vornehmlich durch das Einatmen toxischer Gase zu Tode und zu Schaden. Der Reutlinger Feuerwehrarzt Dr. Markus Böbel warnt vor der Tücke des extrem schnell wirkenden Gases und plädiert dringend für Rauchmelder.

Dr. Markus Böbelist der Reutlinger Feuerwehrarzt. Foto: Privat
Dr. Markus Böbelist der Reutlinger Feuerwehrarzt.
Foto: Privat

GEA: Wie schnell wirken Rauchgase tödlich und was geschieht im Körper, wenn Betroffene zu viel davon einatmen?

Dr. Markus Böbel: Fünf bis zehn Atemzüge reichen, dass das Opfer das Bewusstsein verliert. Innerhalb weniger Minuten tritt der Tod ein. Brandrauch ist sehr heiß, er verbrennt die Atemwege. Bestimmte Substanzen verhindern den Transport des Sauerstoffs an die roten Blutkörperchen, und es entsteht relativ schnell ein Lungenödem, das Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe verhindert.

Was sind erste Anzeichen einer Rauchgasvergiftung, und haben auch Schlafende eine Chance, von den frühen Auswirkungen geweckt zu werden?

Böbel: Leichte Vergiftungen machen sich durch Kopfschmerzen bemerkbar. Der Geruchssinn funktioniert aber bei Brandrauch nicht schnell genug, sodass Schlafende in der Regel keine Chance haben. Deshalb sind Rauchmelder absolut lebensrettend. Aber sie müssen regelmäßig gewartet werden.

Was ist im Ernstfall zu tun, wenn man in einem verrauchten Raum ausharren muss? Hilft es, sich ein Tuch vor den Mund zu halten, oder sich auf den Boden zu legen?

Böbel: Das nasse Tuch bringt nichts. Auf den Boden legen hilft nur, wenn nicht besondere Luftströme das Gas nach unten drücken. Flüchten Sie nie durch ein verrauchtes Treppenhaus. Bleiben Sie in einem unverrauchten Zimmer, schließen Sie die Türe, dichten Sie den Türschlitz so weit es geht ab und warten Sie. Die Feuerwehr kommt! (GEA)