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Reutlinger Bundesverdienstkreuz-Träger Jürgen Knorrn gestorben

Der Bundesverdienstkreuz-Träger Jürgen Knorrn aus Reutlingen ist im Alter von 90 Jahren gestorben. Der Wahl-Orschel-Hagener hat sich durch sein Engagement bekannt gemacht - und dadurch, dass er 40 Jahre lang jede Gemeinderatssitzung als Zuschauer mitverfolgt hatte.

Bundesverdienstkreuz-Träger Jürgen Knorrn (rechts) mit Reutlingens ehemaliger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch.
Bundesverdienstkreuz-Träger Jürgen Knorrn (rechts) mit Reutlingens ehemaliger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch. Foto: Stadt Reutlingen
Bundesverdienstkreuz-Träger Jürgen Knorrn (rechts) mit Reutlingens ehemaliger Oberbürgermeisterin Barbara Bosch.
Foto: Stadt Reutlingen

REUTLINGEN. Am 30. Dezember ist Jürgen Knorrn im Alter von 90 Jahren verstorben, teilte die Stadtverwaltung Reutlingen mit. Sein langjähriges ehrenamtliches Engagement hat den Wahl-Orschel-Hagener in der Stadt bekannt gemacht. Als die Stadt Reutlingen im Jahr 1953 die Patenschaftsübernahme für die schlesische Stadt Schweidnitz (heute Swidnica/Polen) feierte, war Jürgen Knorrn als Ehrengast dabei. Zu diesem Zeitpunkt war er 22 Jahre alt. Archivfotos des Festakts zeigen einen aufmerksamen, schwarzhaarigen jungen Mann in der ersten Reihe. Oberbürgermeister Oskar Kalbfell versprach der Familie eine Wohnung, wenn sich der junge Mann um die heimatvertriebenen Schlesier kümmern würde. 1955 übersiedelte er in die Achalmstadt, um von hier aus die »Schweidnitzer Patenkinder« zu betreuen. Es galt, in den ersten Jahren den heimatlos gewordenen Landsleuten praktische, soziale und wirtschaftliche Eingliederungshilfe zu geben.

In Zusammenarbeit mit der Stadt Reutlingen baute Knorrn bereits 1954 das Hilfswerk Schweidnitz auf, das jahrzehntelang hilfsbedürftige Schweidnitzer Landsleute finanziell und mit Hilfslieferungen unterstützte. Im Juni 1959 war er Mitbegründer der Bundesheimatgruppe Schweidnitz und überführte das »Hilfswerk« in deren Trägerschaft. Maßgeblich war Herr Knorrn an der Organisation der seit 1956 im Vier-Jahres-Turnus stattfindenden Bundesheimattreffen der Schweidnitzer in der Patenstadt Reutlingen beteiligt, was vor allem in der ersten Zeit mit mehreren Tausend Besuchern einen immensen organisatorischen Aufwand bedeutete.

Mit der Übersiedlung nach Reutlingen 1955 war auch der Schlesierverlag L. Heege in die Patenstadt gekommen und somit das Erscheinen der Schweidnitzer Heimatzeitung. Traditionsverlag und Zeitung führte Knorrn bis ins hohe Alter von 84 Jahren fort. Neben der schlesischen lag ihm aber auch die Geschichte seiner neuen Heimat am Herzen. Sein großes Interesse an aktuellen kommunalpolitischen Themen bekundete er über mehr als vier Jahrzehnte hinweg mit seiner Präsenz an nahezu allen öffentlichen Gemeinderatssitzungen. In Orschel-Hagen erarbeitete er sich den Ruf des »heimlichen Bürgermeisters«.

Die Stadt Reutlingen würdigte ihn für seinen herausragenden Einsatz im Jahr 2003 mit der Bürgermedaille. Am 8. Juni 2018 schließlich nahm Jürgen Knorrn im Orschel-Hagener Haus der Begegnung aus den Händen der damaligen Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch das Bundesverdienstkreuz entgegen. (pm)