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Reutlingens OB Thomas Keck »not amused« über Sperrstunde

OB Keck verspricht sich keine Verbesserung für Reutlingen und hätte gern mehr Spielraum für die Städte

Menschen gehen gegen Mitternacht an Kneipen vorbei
Menschen gehen nachts an Kneipen vorbei Foto: dpa
Menschen gehen nachts an Kneipen vorbei
Foto: dpa

REUTLINGEN. Oberbürgermeister Thomas Keck ist »not amused« über den Erlass des Sozialministeriums, der jetzt auch den Landkreis Reutlingen zur Einführung der verpflichtenden Sperrstunde zwingt. »Ich verstehe den Wunsch nach einheitlichen Vorgaben – aber an dieser Stelle ist er nicht adäquat.«

Für bestimmte Städte könne die neue Regelung die richtige sein, für Reutlingen verspreche er sich davon keine Verbesserung der Infektionslage.

OB Keck kritisiert, dass der Erlass automatisch bei Überschreitung einer bestimmten Inzidenz ohne Berücksichtigung der »Bedarfe« vor Ort umgesetzt wird. »Wir wünschen uns an dieser Stelle mehr Freiheit«, sagt Keck – ein Anliegen, das er in einem Brief ans Sozialministerium zum Ausdruck bringen wird.

Die Reutlinger Gastronomen hätten es »erfolgreich verstanden«, ihre Betriebe richtig auf die Infektionslage einzustellen und die Vorgaben der Coronaverordnung konsequent und vorbildlich umgesetzt. Die gut geführten Gastro-Betriebe seien sichere Raume. »Sie bieten einen wesentlich besseren Schutz als Treffen, die ohne Hygienekonzepte unbeaufsichtigt im privaten Umfeld stattfinden«, meint der Oberbürgermeister.

Eine Szene wie andernorts, wo nachts bis zu 200 trinkfreudige Jugendliche zusammenkommen, gebe es in der Achalmstadt nicht. Auch deshalb glaube er nicht, dass die Sperrstundenregelung für Reutlingen Relevanz habe. Aber, so Keck: »Man muss auch das Positive sehen.« Die Rathausspitze habe Verständnis für die Notlage der Gastronomen und tue alles, um sie zu stützen. Aus diesem Grund habe man jetzt auch die Erlaubnis für konzessionierte Außenflächen verlängert. Üblicherweise müssten sie bis Ende Oktober abgebaut werden, jetzt dürfen die Wirte Tische und Stühle samt Heizpilzen bis Ende Dezember stehen lassen – und das gebührenfrei.

Auf Anfrage des GEA, inwiefern die Sperrstunde zum Infektionsschutz beitragen soll, verweist das Sozialministerium Baden-Württemberg auf ein aktuelles Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster, das die Sperrstunde in Nordrhein-Westfalen bestätigt: Das Verbot des Alkoholverkaufs zwischen 23 und 6 Uhr diene dem legitimen Zweck, die Weiterverbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Die Sperrstunden leisteten einen Beitrag zur Kontaktreduzierung, heiße es in der Urteilsbegründung.

Und, so eine Ministeriumssprecherin: »Es liegt auf der Hand, dass dort, wo Bars und Kneipen früher schließen, die Kontakte automatisch reduziert werden und die Menschen dann nachts nicht in Feierlaune um die Häuser ziehen. Dort, wo es feuchtfröhlich zugeht, steigen nun mal die Infektionszahlen schnell an, weil in Feierlaune und unter Alkoholeinfluss Abstands- und Hygieneregeln leichter außer Acht gelassen werden.« (GEA)