REUTLINGEN. Was die Vorgaben für Straßenmusiker angeht, ist Reutlingen »sehr liberal«. Das sieht auch der Linken-Stadtrat Timo Widmaier so. »Das ist gut, aber lassen Sie es uns noch besser machen«, sagte er zum Antrag seiner Fraktion Die Linke/Partei vom Juni, durch den unter dem Motto »Straßenmusik fördern, Regeln optimieren« Live-Musikern mehr Anerkennung zukommen soll. Indem rechtssicher wird, was schon lange großzügig gehandhabt wird, erkenne man deren »wichtigen Beitrag« zur Innenstadtbelebung als Bereicherung an. Und gebe so ein klares Signal: »Wir dulden euch nicht nur, sondern wir wollen euch hier.«
Zum einen wollen die drei Stadträte die erlaubte Spielzeit an einem Ort verlängern: von 20 auf 45 Minuten. Zum andern soll das bisherige Verbot von Mikrofonen, Akku-Verstärkern und anderen elektronischen Wiedergabegeräten wegfallen.
»Die Anerkennung spiegelt sich nicht nur in klingender Münze«
Das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Reutlingen sieht hingegen keine Notwendigkeit, »die wenigen, bewährten Regeln« zu ändern. Zumal auch die Verwaltung »eine positive Einstellung zur Straßenmusik« habe, wie Amtsleiter Albert Keppler in der Vorlage zur jüngsten Sitzung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses erklärte. Finanzbürgermeister Roland Wintzen stimmt der Linken und der Partei zu: »Die Anerkennung spiegelt sich natürlich nicht nur in klingender Münze.« Und gab zu bedenken, dass sich bezüglich der Lautstärke auch akustische Instrumente unterscheiden - von der Gitarre zur Trompete.
Die Fraktionen stehen - wie die Verwaltung - allesamt hinter dem Anliegen, den Straßenmusikern das Gefühl zu geben, dass sie in der Reutlinger Innenstadt willkommen sind. Das per Verordnung festzulegen, lehnen sie aber ab. So erklärte Gabriele Janz (Grüne/Unabhängige) vor der Abstimmung, sie empfinde Straßenmusik in der Fußgängerzone als »belebend«. Aber aus eigener Erfahrung von ihrem einstigen Büro in der Wilhelmstraße weiß sie: 45 Minuten die gleiche Musik hören zu müssen, kann lang erscheinen. Zumal im Sommer, wenn die Fenster offenstehen und »es schwierig wird, ein Gespräch zu führen«.
»Die Entfaltung einer gewissen Freiheit«
Helmut Treutlein (SPD) erläuterte, die "liberale Handhabung" führe zu "einer ganz angenehmen Praxis". Und ermögliche »Die Entfaltung einer gewissen Freiheit«. Das Problem mit der Wertschätzung sehe auch er und bevorzuge eine lebendige Stadt gegenüber einer langweiligen. Aber da die Neuerungen in diesem gutgemeinten Antrag schwer umzusetzen wären, "können wir nicht zustimmen". Georg Leitenberger (FWV) sprach sich dafür aus, die Vorgaben "ohne Stoppuhr" zu lassen, wie es ist.
Dennoch ließ Timo Widmaier darüber im jüngsten Finanz- und Wirtschaftsausschuss abstimmen - getrennt über Spieldauer und Elektronik. Ergebnis: Er stimmte als einziger dafür. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. (GEA)

