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Aktuell Ausstellung

Pionier der räumlichen Fotografie im Reutlinger Heimatmuseum

Neue Sonderausstellung »Reise nach Reutlingen 1862« ist dem Norweger Knud Knudsen gewidmet

Kulturamtsleiter  Werner Ströbele in der Sonderaussstellung, die Stereoskopie- fotografien des  Norwegers Knud Knudsen zeigt. 19
Kulturamtsleiter Werner Ströbele in der Sonderaussstellung, die Stereoskopiefotografien des Norwegers Knud Knudsen zeigt. FOTO: SPIESS
Kulturamtsleiter Werner Ströbele in der Sonderaussstellung, die Stereoskopiefotografien des Norwegers Knud Knudsen zeigt. FOTO: SPIESS

REUTLINGEN. Er fotografierte die frühesten bisher bekannten Aufnahmen Reutlingens: Dem norwegischen Fotografen Knud Knudsen, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der bedeutendste Landschaftsfotograf Skandinaviens war, ist die Sonderausstellung mit dem Titel »Reise nach Reutlingen 1862« gewidmet. Sie zeigt 48 Fotografien der ehemaligen Reichsstadt und anderer Ortschaften, die der Norweger mit einer Stereoskopkamera festhielt.

Die Reutlinger Bilder von Knud Knudsen wurden Anfang 1997 in einem Haus im norwegischen Bergen entdeckt und zur Begutachtung an Werner Ströbele weitergeleitet. Daraufhin reiste der Reutlinger Kulturamtsleiter für eine Woche nach Bergen, um das rund 10 000 Aufnahmen umfassende Werk von Knud Knudsen zu sichten. Vom 13. Dezember 1997 bis 8. März 1998 zeigte das Heimatmuseum die von Ströbele ausgesuchten Bilder erstmals in der Sonderausstellung »Die Reise nach Reutlingen 1862«, die nun als Ersatz für die abgesagte Schau zum Kriegsende in Reutlingen vor 75 Jahren noch einmal zu sehen ist.

Reiseziel Pomologisches Institut

Als Knut Knudsen 1862 nach Reutlingen reiste, kam er mit dem Ziel, sich in der damals europaweit bekannten Obstbauschule, dem Pomologischen Institut, weiterzubilden. Ein halbes Jahr verbrachte er in der 1860 gegründeten Privatschule »und entdeckte dabei seine Leidenschaft für die Fotografie«, berichtete Werner Ströbele beim Pressegespräch. Knudsen hatte eine Stereoskopkamera dabei und dokumentierte die einzelnen Stationen seiner Reise, die ihn über Hamburg, Köln und Heilbronn nach Reutlingen führte. Diese Aufnahmen gehören heute zu den ersten fotografischen Zeugnissen dieser Städte.

Die seiner Zeit noch recht neue technische Erfindung der Stereoskopie-Fotografie ermöglichte es nicht nur, »das Gesehene als Bild festzuhalten und auf Papier zu bannen«, so Werner Ströbele, »sondern gleichzeitig eine räumliche Illusion zu erzeugen«. Das geschah dadurch, dass auf den Bildern jeweils zwei fast identische Aufnahmen vom gleichen Motiv nebeneinander abgebildet wurden. Dadurch wird beim Blick durch ein Stereoskop-Gerät – ähnlich der heutigen 3-D-Brille – räumliches Sehen möglich.

Die Stereoskopie-Fotografie steckte noch in den Kinderschuhen, war sie doch äußerst kompliziert anzuwenden. So mussten die Motive auf eigens präparierte Glasplatten gebannt werden. Im vorliegenden Katalog, dem auch jeweils eine Stereoskopie-Brille beigelegt ist, sind die Aufnahmen so reproduziert, wie sie auf den Glasplatten überliefert sind.

Zu sehen sind überwiegend Motive aus Reutlingen, wo sich Knudsen von April bis Oktober 1862 aufhielt. Die ehemalige Reichsstadt stand damals an der Schwelle ins moderne Industriezeitalter, was sich auch im äußeren Erscheinungsbild der Stadt bemerkbar machte: Die Aufnahmen zeigen aufgeschüttete Stadtgräben und Fabrikschlote, die den Einsatz von Dampfmaschinen illustrieren. Der Marktplatz erhielt ein neues Gesicht und in der Wilhelmstraße erhielten die Häuser eine neue Gestalt. Neben dem Marktplatz, dem Bahnhof, dem alten Rathaus und dem Tübinger Tor fotografierte Knudsen auch Motive in Betzingen und Ausflugsziele der näheren Umgebung wie etwa das Schloss Lichtenstein.

Nach Norwegen zurückgekehrt, machte Knud Knudsen ab 1863 die Fotografie zu seinem Beruf und prägte als berühmtester Fotograf des Landes wesentlich das Bild des Nordens. (GEA)

 

MAXIMAL ZEHN BESUCHER

Die Ausstellung ist bis 23. August bei freiem Eintritt im Heimatmuseum zu sehen, und zwar dienstags bis samstags 11 bis 17 Uhr, donnerstags 11 bis 19 Uhr, sonntags und an Feiertagen 11 bis 18 Uhr. Bis zu zehn Besucher mit Mundschutz dürfen gleichzeitig den Raum im zweiten Stockwerk des Heimatmuseums betreten. (jüsp)