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Aktuell Lesung

Mozart als Grenzgänger

Musikalisch-literarischer Abend mit Klaus Zeh und Sebastian Fetzer in der Reutlinger Stadtbibliothek

Autor Klaus Zeh.  FOTO: WURSTER
Autor Klaus Zeh. FOTO: WURSTER
Autor Klaus Zeh. FOTO: WURSTER

REUTLINGEN. Klaus Zehs Bild von Mozart als Grenzgänger lernte das Publikum im Großen Studio der Reutlinger Stadtbibliothek am Donnerstagabend kennen. Bei der Lesung aus seinem neuen Roman »Mozart oder Der Fall des Harlekins« entwickelte sich durch die Mischung etwa aus der »Kleinen Nachtmusik« und Mozarts »d-Moll-Requiem« – in Auszügen gespielt vom jungen Violinisten Sebastian Fetzer – die richtige Atmosphäre für den literarisch-musikalischen Abend mit dem Reutlinger Autor.

»Ist er nun vergiftet worden oder nicht?«: Diese Frage fesselte Zeh derart, dass er den Plot seines Romans über Mozarts letzten Tag in der Öffentlichkeit, den 18. November 1791, rund um einen geheimnisvollen Brief aufgebaut hat. Darin liest Mozart halbtrunken von Schlaf und Wein, dass jemand nach seinem Leben trachtet.

Mozart erwacht zu Beginn des Künstlerromans in der Nacht neben seinem »Stanzerl«, wird hin- und hergeworfen – befindet sich zwischen Freude und Trauer, schwelgend, rasend und erstarrend. Er kann nicht schlafen und streckt seinem Spiegelbild die Zunge heraus. Im nächsten Moment bewundert er seine goldenen Haare und schwelgt in Erinnerungen an Frauenzimmer und die ruhmreiche Ära seines Aufstiegs.

Sich überheblich feiernd und gleichzeitig hadernd mit seinem Erfolg, begibt er sich in die Gassen. Klaus Zeh spickt die Zeilen mit Musik: Wie in einem »Rondo« schwankt Mozart die Treppen hinunter. Das Klimpern der Münzen in Mozarts Jacke wird zum Dukaten-Terzett, die Baritonstimme eines Unbekannten zur Fantasterei über ein neues Werk. Das Lachen seines Freundes Anton Stadler wird zu Klarinettenzauber.

Zeh flicht biografische Zeugnisse gekonnt mit ein, für die er ein Jahr recherchierte. Gleichzeitig zeichnet er sein eigenes, vielschichtiges Bild des Komponisten, der ihn seit seiner Kindheit fasziniert.

Zeh las mit leiser und wohlgeformter Stimme, entführte in ein kaltes Wien. Wo von Mozarts Sohn Carl Thomas und seiner Vorliebe für die Figur Papageno die Rede war, zupfte Sebastian Fetzer die Melodie des Vogelfängers, um dann im eigenen Arrangement die »Königin der Nacht« zum Besten zu geben. Den Titelzusatz »Fall des Harlekins« trägt der Roman nicht zuletzt deshalb, weil Mozart, wie Zeh herausfand, sich zu Karneval gern als Harlekin verkleidete. (GEA)