REUTLINGEN. Die »Initiative Pro Windkraft Reutlingen« hat zur Infoveranstaltung mit den Projektierern nach Magolsheim eingeladen. Dort drehen sich nämlich die Blaupausen für die Enercon-Räder, die auch im Reutlinger Süden zu stehen kommen sollen. Und so waren auch Vertreter der »Bürgerinitiative Windkraft Bronnweiler« vor Ort, die sich gegen das Projekt im Bereich des Käpfles stark macht.
Rund drei Dutzend Interessierte waren der Einladung gefolgt und hatten eine Menge Sachfragen an Mirjam Schöller, Geschäftsführerin bei Schöller SI Enerneuerbare, und Mitprojektierer Frank Siefert (Erneuerbare Energie Siefert). Insgesamt fünf Räder (zwei auf Reutlinger, drei auf Pfullinger Gemarkung), die den Jahresstrom für 27.500 Menschen generieren können, würden mit 262 Metern Gesamthöhe und 7 Megawatt Leistung noch etwas höher und leistungsfähiger als die sechs Albräder werden. Der Abstand zur nächsten Wohnbebauung wäre in etwa gleich – um die 1.000 Meter.
Entscheidung übers »Käpfle« im November
An diesem bedeckten ruhigen Herbsttag bei lauem Wind waren die sechs Vorzeigegiganten auf der Alb ziemlich leise: »Einen Tick lauter werden sie noch«, erläuterte Schöller. Das Reutlinger Unternehmen wurde im April von einer interkommunalen Arbeitsgruppe auserkoren und soll auch das Reutlinger Projekt realisieren – so der Reutlinger Gemeinderat im November der Verpachtung der kommunalen Flächen in Kreuz- und Schachenwald zustimmt. Auch danach ist die Errichtung der schlanken Riesen im Reutlinger Süden noch längst nicht spruchreif. Am Rande der Veranstaltung äußerte Frank Siefert Zweifel, ob der Standort realisiert wird, ohne dies näher zu vertiefen.
Mirjam Schöller machte deutlich, dass weitere Untersuchungen erst nach der Ratsentscheidung stattfinden. Man habe bereits Beträge »im mittleren sechsstelligen Bereich« für erste Gutachten ausgegeben und warte nun ab. Begonnen hat man unter anderem bereits mit der Ermittlung der Windhöffigkeit. Auf Nabenhöhe wird dazu ein Jahr gemessen.
Schöller beteuerte, dass im noch ausstehenden Schallgutachten auch die topografischen Besonderheiten in Bronnweiler berücksichtigt würden. Sollte nach der Errichtung der Räder dennoch zu viel Lärm ankommen, würden sie abgedrosselt.
Mirjam Schöller erläuterte auch, dass man die Räder von vielen Standorten in Bronnweiler aus gar nicht sehe. Wald muss fallen, das wäre unerlässlich. Die Errichtung eines Rades benötigt zunächst 1,2 Hektar Fläche. Danach brauche es noch rund 0,3 Hektar um jede Anlage.
Frank Siefert betonte nochmals, dass die Erträge der Windmühlen – anders als in vielen ostdeutschen Projekten, wo Renditen in australische Rentenfonds wanderten – in der Region blieben. Genossenschaftsanteile gebe es ab 100 Euro. Für Magolsheim lägen schon über 150 Anträge aus dem Landkreis vor. Die Anwohner bekämen zudem einen Strombonus von der Windparkgesellschaft erstattet oder wählten den Fair-Strom-Biosphäre-Tarif der FairEnergie, der ebenfalls von der Windparkgesellschaft subventioniert werde. Diese Modelle seien auch fürs Käpfle angedacht, erläuterte Schöller.
Frank Siefert griff eine Reihe von Argumenten von Windkraftgegnern auf, etwa den mutmaßlich gefährlichen Flügelabrieb. »Das ist der größte Quatsch, den ich höre.«
In Sachen Abbau der Räder nach 20, 25 Jahren (für den die Betreiber auch Geld hinterlegen müssen) hob er hervor: Quasi das gesamte Windrad sei recycelbar, auch die Flügel. Früher aus Verbundwerkstoffen seien sie nun aus wiederverwertbarem GfK hergestellt. Abgebaute Anlagen ließen sich längst gut verkaufen, berichtete der Experte aus eigener Erfahrung – ein Trend, der sich verstärken werde, da Rohstoffe immer teurer würden.
Für den Standort: »Bürgerinitiative Pro Windkraft Reutlingen«
"Ich hoffe durch Informationen legen sich Sorgen", sagte Angela Patka von der jüngst gegründeten "Initiative Pro Windkraft Reutlingen" beim Termin in Magolsheim, den die Windkraftbefürworter anberaumt hatten. "Auch wir wollen sorgfältig mit den Sorgen der Bronnweiler Bürger umgehen", beteuerte sie." So nehme man beispielsweise das Unbehagen wegen der besonderen Topografie des Dorfes ernst.
Das Naherholungsgebiet bleibe auch mit den Rädern erhalten. Es tue auch ihr leid um jeden Baum: »Aber ich sehe keine Alternative.« Wenn Natur durch Straßenbau zerstört wird, störe das oft niemanden. Überhaupt sei vieles eine Frage der Gewöhnung: Als Beispiel führt sie Handymasten an, die früher für erhebliche Gegenwehr gesorgt hätten. »Das relativiert sich.« Schade findet Angela Patka, wenn aufgrund unterschiedlicher Meinungen eine »Spaltung« in Bronnweiler entstehe. »Alle sollen sich wohlfühlen.«
Generelles Anliegen der Initiative sei, das Thema Windkraft »positiver zu belegen«. Mit Veranstaltungen und Informationsmaterial soll über »kursierende Mythen aufgeklärt und unbegründete Ängste durch klare Fakten ersetzt werden«. Von Projektierer Schöller fühle man sich »gut versorgt mit Information«, führte die Reutlingerin an. Im September hat sich die Initiative »Pro Windkraft« nebst dem jüngst gegründeten Verein erstmals vorgestellt. Man verstehe sich als Ortsgruppe der regionalen Bürgerinitiative »Pro Windkraft Neckar-Alb«, fokussiere sich jedoch speziell auf die in Reutlingen geplanten Windräder.
Die Aktiven sehen Erneuerbare Energien, insbesondere die Windkraft in Reutlingen und Umgebung als große Chance für Kommune, Bürger, lokale Wirtschaft, Umweltbildung und Tourismus sowie als Beitrag zur nationalen Energie-Unabhängigkeit Deutschlands und dessen Friedenssicherung.
Interessierte sind eingeladen mitzuwirken – auch ohne Vereinsmitgliedschaft. Im Netz hat die Gruppe eine Petition gestartet, die aktuell von 1.258 Unterstützern unterschrieben ist. Sie richtet sich an die Reutlinger Gemeinderäte, die demnächst über die Verpachtung der kommunalen Flächen abstimmen.
Gegen den Standort »Käpfle«: Die »Bürgerinitiative Windkraft Bronnweiler«
»Hier in der Landschaft sind die Windräder kein Problem«, bilanzierten Uli Römer und Elisabeth und Herbert Bauer nach dem Ortstermin bei den Windrädern in Magolsheim. Die drei Aktiven der »Bürgerinitiative Windkraft Bronnweiler« betonten einmal mehr, dass die Gruppe keine Windkraftgegner seien. Die Verhältnisse in Magolsheim seien aber nicht mit denen in Bronnweiler zu vergleichen. Und deshalb sollen die Räder beim Reutlinger Käpfle nicht zu stehen kommen. Dabei bleibt die – im harten Kern sechs Personen umfassende – Gruppe aus Bronnweiler. Wohin sollen die Windmühlen dann? »In weniger dicht besiedelte Gebiete«, findet Elisabeth Bauer.
Unterschiedlich zu Magolsheim sei neben der vielen freien Fläche auf der Alb vor allem die Topografie. In Bronnweiler stünden die beiden geplanten Räder über dem Dorf. Herbert Bauer fürchtet eine gänzlich andere Schallentwicklung, bei der Klingen im Gelände Schall kanalisieren.
Anders als auf dem Feld bei Magolsheim sollen die beiden Reutlinger Räder in bewaldetes Gebiet gesetzt werden. Dass gesunde, alte Bäume abgeholzt werden, lässt nicht nur Uli Römer, der Wegewart beim Albverein ist, das Herz bluten.
Zudem sei das Käpfle mit der markanten alten Linde ein beliebtes Naherholungsgebiet für Dorfbewohner und die Städter aus dem Tal. Und dann sind da noch die Vögel: In Reutlingen wurde 1960 ein Milan gesichtet, inzwischen seien es etwa 50 Exemplare. Der Bestand auf der Alb mache unteressen ein Viertel des deutschen Rotmilanbestands aus. Sie brüteten auch auf dem Sauren Spitz und in der Umgebung. In der strategischen Umweltprüfung sei der Standort RT-TÜ-01 daher als »kritisch« bezeichnet worden.
Auch die Standortgegner haben – neben einer Unterschriftenaktion – eine Petition gestartet, die sich ebenfalls an den Gemeinderat richtet. »Nein zum Standort der Windräder am Käpfle!« haben im Netz bisher 1.480 Unterzeichner gesagt. (GEA)






