KREIS REUTLINGEN. Gefrierender Regen sorgte am Mittwoch im gesamten Landkreis für spiegelglatte Straßen und Gehwege. Der Deutsche Wetterdienst gab für die Region Neckar-Alb zwischenzeitlich die zweithöchste Glatteis-Warnung heraus. Los ging’s gegen 9 Uhr. Danach gab es kaum einen, der nicht ins Rutschen geriet. Fußgänger stürzten, Autos kamen von der Straße ab, Rettungskräfte waren im Dauereinsatz. Videos von gefrorenen Windschutzscheiben und schlitternden Passanten verbreiteten sich in den Sozialen Medien. Ein besonders spektakuläres Fotomotiv entstand in Reutlingen.
Es zeigt ein Streufahrzeug der Technischen Betriebsdienste, das im Roßnagelweg verunglückte. Wie Polizeipressesprecherin Ramona Noller dem GEA berichtete, kam das Fahrzeug in einer Linkskurve von der glatten Straße ab, durchbrach einen Metallzaun und eine hölzerne Sichtschutzwand, fiel einen rund zwei Meter tiefen Absatz hinunter und blieb dann auf der Seite im Garten eines Hauses liegen. Der 23 Jahre alte Fahrer und sein 37 Jahre alter Kollege seien leicht verletzt worden, hätten sich aber selbst aus dem Wagen befreien können. Der Schaden belaufe sich auf mehrere 10 000 Euro.
Schwerverletzter in Pfullingen
Stand 14 Uhr hatten sich im Zuständigkeitsbereich des Reutlinger Polizeipräsidiums auf glatten Straßen bereits rund 40 Unfälle ereignet, sagte Noller. Das sei zwar nur eine Momentaufnahme, die Zahl sei aber schon höher als an einem trockenen Sommertag. Die zwischenzeitliche Bilanz: Schaden im sechsstelligen Bereich, acht Leichtverletzte, darunter ein 90-Jähriger, der sich in Rottenburg mit seinem Audi überschlug sowie ein schwer verletzter Fußgänger. Dieser war in Pfullingen Im Entensee gestürzt und musste mit einem Rettungswagen ins Reutlinger Krankenhaus gebracht werden.
In der ohnehin schon voll ausgelasteten Notaufnahme des Klinikums am Steinenberg gab es an diesem Tag noch mehr zu tun als sonst. »Im Zeitraum zwischen 9 und 14 Uhr hatten wir eine deutliche Zunahme an Glatteis-Unfall-Patienten«, sagte Pressesprecher Lukas Schult dem GEA. Demnach wurden bis zu 30 Personen mehr eingeliefert als gewöhnlich. Viele mit Oberschenkel-, Unterschenkel, Hand und Knie-Frakturen. Sogar ein komplizierter Schulterbruch sei dabei gewesen. »Am späten Nachmittag ist es dann etwas ruhiger geworden, in der Nacht rechnen wir jedoch wieder mit einer Zunahme an Einlieferungen.«
Rotes Kreuz Reutlingen muss nachbesetzen
Diejenigen, die für den Transport der Unfall-Opfer verantwortlich sind, arbeiteten ebenfalls am Anschlag. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) verzeichnete im Landkreis Reutlingen zwischen 9.30 und 12.30 Uhr 48 Einsätze. »Das ist schon Wahnsinn, was da los war. Das war weit über dem Normalmaß«, sagte DRK-Rettungsdienstleiter Markus Metzger. Bis zum Vortag hatte er noch Schwierigkeiten, die sogenannte Regelvorhaltung zu erfüllen. Tagsüber sollten laut Metzger sechs Rettungswägen vom DRK und drei von den Maltesern besetzt sein. Plus fünf Notarztfahrzeuge. Am Dienstag hätten sich jedoch so viele krank gemeldet, dass drei DRK-Rettungswagen eigentlich nicht belegt werden konnten. »Weil Mitarbeiter, die frei hatten, Schichten übernommen haben, gelang das am Ende aber doch.«
Als dann der gefrierende Regen einsetzte, stimmte das Verhältnis zwischen benötigten und verfügbaren Rettungswagen trotzdem nicht. Hinzu kam, dass von den Maltesern kurzfristig nur zwei Fahrzeuge am Start gewesen seien. Das DRK habe dann mit Hilfe von Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen sieben weitere Rettungswagen und ein Reserve-Notarztfahrzeug nachbesetzt. »Das war absolut top«, lobte Metzger seine Crew. Das gelte auch für die Kollegen der Integrierten Leitstelle, die in der Reutlinger Feuerwache stationiert sind und sämtliche Einsätze koordinieren. »Wenn man mehr Notfälle als Rettungsmittel hat, ist das eine Herkulesaufgabe.« (GEA)