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Aktuell Oldtimertag

Garagenschätze im Reutlinger Rampenlicht

Beim 13. Oldtimertag der Oldtimerfreunde Neckar-Alb-Schönbuch werden Erinnerungen an damals wach

Alter kann so schön sein: Bei strahlendem Sommerwetter freuten sich stolze Besitzer und neugierige Besucher gleichermaßen über d
Alter kann so schön sein: Bei strahlendem Sommerwetter freuten sich stolze Besitzer und neugierige Besucher gleichermaßen über den Anblick der Oldtimer. Foto: Markus Niethammer
Alter kann so schön sein: Bei strahlendem Sommerwetter freuten sich stolze Besitzer und neugierige Besucher gleichermaßen über den Anblick der Oldtimer.
Foto: Markus Niethammer

REUTLINGEN. Rot, schwarz, silbern, grün, gelb, blau glänzt der polierte Lack in der heißen Mittagssonne. Besucher schlendern an den gehegten und gepflegten Oldtimern vorbei, die von ihren Besitzern für den Oldtimertag der Oldtimerfreunde Neckar-Alb-Schönbuch aus der Garage geholt wurden. Manche lassen die Interessierten sogar unter die Motorhaube blicken. Denn dort gibt es im Gegensatz zu modernen Autos noch richtig viel zu sehen.

In dichten Reihen stehen 150 Wagen mit Baujahren von 1924 bis 1989 auf dem Marktplatz, säumen die Katharinen-, Kanzlei- und Wilhelmstraße sowie die Marienkirche. Manch ein Besucher schwelgt in Erinnerungen und erzählt Kindern und Enkeln, wie er einst im Käfer über die Straßen brauste. Andere vertiefen sich in technische Details. »Das wäre doch ein Wohnmobil für uns«, sagt ein Mann begeistert zu seiner Frau. »Den kann man auch auf dem Campingplatz reparieren, einfach den Motor raus«, weiß er den Zweitakter des Goliath Express Wiesenfarth-Wohnmobils zu schätzen.

Wohnmobil made in Reutlingen

Es ist das einzige Wohnmobil seiner Art, hergestellt 1955 in Reutlingen von Hanns Wiesenfarths Vater. »Er wollte was richtiges, um in den Urlaub zu fahren«, erzählt der Sohn. 5 000 Stunden hat er in die Restaurierung gesteckt. Bis auf die Polster ist alles im Original erhalten. Als Kind ging es mit den Eltern in die Schweiz, ins Allgäu, auf die Alb zum Skifahren. Mitte der Sechzigerjahre wurde es mit vier Schlafplätzen zum überdachten Wochenendhaus, seit acht Jahren wird das Wohnmobil wieder gefahren. »Es sind kleine Touren, nicht mehr als 150 Kilometer«, erzählt Wiesenfarth. Gemütliche 80 Stundenkilometer ist die Reisegeschwindigkeit, 100 Sachen sind machbar. Innen steht das Geschirr aus der damaligen Zeit, Häkelarbeiten von Wiesenfarths Mutter zieren die Fenster. Nun sucht Wiesenfarth schweren Herzens einen neuen Besitzer, der das Vehikel zu schätzen und zu nutzen weiß. »Im Alter schafft man nicht mehr so viel«, sagt er.

Ist das ein Auto? Vor allem die ganz jungen Besucher staunten nicht schlecht.
Ist das ein Auto? Vor allem die ganz jungen Besucher staunten nicht schlecht. Foto: Markus Niethammer
Ist das ein Auto? Vor allem die ganz jungen Besucher staunten nicht schlecht.
Foto: Markus Niethammer

Apropos Alter: Von 1928 stammt der offene Morris Oxford mit einem »Topspeed« von 70 Meilen die Stunde, gleich neben dem Wohnmobil in der Katharinenstraße. »Der hat noch keine Batterie, den musst du noch per Hand kurbeln«, erzählt ein Mann seiner Begleiterin. Damit ist der Wagen an diesem Tag in guter Gesellschaft, beispielsweise mit einem Citroën 5HP Baujahr 1924, der nur für zwei sehr schmale Personen im Inneren Platz bietet. »Du denkst, du sitzt im Flieger«, findet eine Besucherin. »Wenn der fährt, hört er sich bestimmt an wie eine Donnerbüchse«, mutmaßt sie und macht ihren Mann auf ein Detail am Wagen aufmerksam, das es zu fotografieren lohne. Sie sind nicht die Einzigen, die ihre Kamera um den Hals hängen haben, um die schicken, eleganten Autos zu fotografieren, zur Erinnerung oder um interessante Kleinigkeiten festzuhalten, beispielsweise eine Handbremse, deren Griff einem Totempfahl nachempfunden ist.

Foto: Markus Niethammer
Foto: Markus Niethammer

Die Garage angepasst

Einer der vielen Hingucker ist der schwarze Pontiac von Volker Ogiermann aus Oferdingen. Baujahr 1949, vier Trommelbremsen, butterweiche Federung, 1 570 Kilogramm leicht, in den 1980er- Jahren originalgetreu restauriert und in Deutschland, seinen Recherchen nach, das einzige zugelassene Fastback-Modell. Gefunden hat er ihn in Lakewood, Colorado, im November vergangenen Jahres nach Deutschland geholt, ihn mit einem Freund von Bremen nach Hause gefahren. Übers Jahr fährt er ihn so lang und oft wie es sein H-Kennzeichen zulässt. Form, Design, Art Deco hatten es Ogiermann angetan. Zuvor hat er seinen Mustang verkauft. Jetzt fährt er im Alltag einen kleinen Wagen, der mit dem Pontiac in die Garage passt, aus der er zusätzlich eine Wand rausgebrochen hat. Schneller als 100 Stundenkilometer ist er mit dem Wagen nicht unterwegs, genießt lieber die Landschaft.

Grün, Gelb, Blau, Braun: In allen Farben glänzten die polierten Oldtimer im Licht.
Grün, Gelb, Blau, Braun: In allen Farben glänzten die polierten Oldtimer im Licht. Foto: Markus Niethammer
Grün, Gelb, Blau, Braun: In allen Farben glänzten die polierten Oldtimer im Licht.
Foto: Markus Niethammer

Dietmar Scheib, Vereinsvorsitzender der Oldtimerfreunde, entließ die 70 angemeldeten Fahrzeuge um 13 Uhr zur Ausfahrt auf die Alb über Eningen, Bad Urach, Glems und zurück nach Reutlingen und stellte dabei einzelne Modelle genauer vor. Als die Oldtimerfreunde Neckar-Alb-Schönbuch um 6.30 Uhr mit dem Aufbau begonnen hattten, bekamen sie hohen Blutdruck, als der Wasseranschluss nicht wie seit 13 Jahren gewohnt vorhanden war. Geklappt hat es am Ende doch. Ebenso mit dem Wetter. »Großartig«, also Scheibs Fazit zum 30. Vereinsgeburtstag.

Klein, aber fein: Für dieses Schätzchen findet sich immer ein Plätzchen.
Klein, aber fein: Für dieses Schätzchen findet sich immer ein Plätzchen. Foto: Markus Niethammer
Klein, aber fein: Für dieses Schätzchen findet sich immer ein Plätzchen.
Foto: Markus Niethammer

Der Andrang war wie gewohnt sehr groß, viele Fahrzeuge mussten abgewiesen werden, denn noch bevor die Autos um 9.30 Uhr auf den Marktplatz gelassen wurden, bildete sich eine lange Schlange.

»Als Verein sind wir für dieses Fest an unseren Grenzen«, sagt Scheib. Vor der Stadthalle wäre mehr Platz, aber der Verein könne keine weiteren Standplätze betreuen. Stadtmarketing-Chefin Tanja Ulmer deutete an, dass sie dafür einspringen könnte. »Die 13 ist eine Glückszahl«, sagte sie und startete die Ausfahrt mit einem Mercedes 600 Pullmann. (GEA)