REUTLINGEN. Gleichberechtigung fängt in den Köpfen an. Im Gespräch und in Diskussionen, bei Lesungen, in Vorträgen, Filmen und Workshops gibt es zu diesem Thema aus Anlass des »Internationalen Tags der Frauen« am Freitag, 8. März, in Reutlingen reichlich Input. Verschiedene Frauengruppen haben gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Reutlingen Rahel Rose die »Reutlinger Frauenwochen« auf die Beine gestellt. Die Veranstaltungsreihe dauert vom 1. bis zum 19. März und hat die politische Gleichstellung zum inhaltlichen Schwerpunkt.
Von Parität weit entfernt
Die Betonung der politischen Komponente liegt nahe, wird doch in diesem Jahr die gesetzliche Verankerung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren gefeiert: Im Januar 1919 durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen und gewählt werden. »Von einer paritätischen Besetzung sind die politischen Gremien aber noch weit entfernt«, machte Rahel Rose in einer Pressekonferenz deutlich. Auf Bundesebene beträgt der Frauenanteil 30 Prozent, auf Landesebene in Baden-Württemberg und in den Kommunen sind es rund 25 Prozent. Und die Chefetagen der Rathäuser werden noch immer zu mehr als 90 Prozent von Männern dominiert.
Reutlingen ist da angesichts einer – noch – Oberbürgermeisterin, drei Bezirksbürgermeisterinnen und einem Frauenanteil von 37 Prozent im Gemeinderat schon eine rühmliche Ausnahme. Im Forum Reutlinger Frauengruppen engagieren sich Vereine, Einrichtungen und Einzelpersonen seit über 30 Jahren für Frauenrechte. Und die Stadt stärkt den Prozess für mehr Geschlechtergerechtigkeit nach den Worten von Bürgermeister Robert Hahn unter anderem durch die Gleichstellungsbeauftragten.
»Einzelne Organisationen haben schon viel bewegt. Trotzdem sind wir noch weit entfernt von einer gleichberechtigten Teilhabe in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft«, sagte Rahel Rose.
Auftakt der Frauenwochen bildet der »Weltgebetstag für Frauen« am Freitag, 1. März, um 19 Uhr in der St. Elisabeth-Kirche in Sondelfingen.
Sechs der zwölf Veranstaltungen sind für Freitag, 8. März, terminiert: Die Juristin Professor Dr. Silke Laskowski fordert in einem Vortrag mit Diskussion »ein paritätisches Wahlrecht jetzt«. Sie vertritt am Bayerischen Verfassungsgerichtshof die Klage von Aktivistinnen, die sich für eine gleichmäßige Aufteilung von Wahllisten zwischen Frauen und Männern einsetzen (Beginn 19 Uhr im Rathausfoyer). Außerdem gibt es ein internationales Frauenfrühstück (9.30 bis 12 Uhr, Haus der Familie, Pestalozzistraße 54), Frauen aus Reutlingen stellen in der Stadtbibliothek Bücher vor (14 bis 17.30 Uhr). Der Mädchenverein »gÖrls« befragt Kommunal- und Bundespolitikerinnen – »Wie wird man eigentlich Politikerin?« – und stellt laut Miriam Pfeiffer die Ergebnisse eines Kreativ-Wettbewerbs vor (15 bis 17 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses). Im Anschluss gibt es eine von der Gewerkschaft Verdi organisierte Kundgebung auf dem Marktplatz.
Amüsante Abendstunde
Um das Gewicht von Frauen als Wählerinnen und Akteurinnen an der Macht geht es in einem Referat der Politikwissenschaftlerin Professor Dr. Gabriele Abels am Montag, 11. März, um 19.30 Uhr im Alten Rathaus (Rathausstraße 6). »Die Veranstaltung soll Impulse liefern für Frauen, die sich für eine Kandidatur im Gemeinderat interessieren«, sagte Ulrike Droll vom Forum Reutlinger Frauengruppen. Die Risiken von Minijobs beleuchtet die Agentur für Arbeit am Dienstag, 12. März, von 14 bis 16 Uhr.
Bei der »Abendstunde im Heimatmuseum« am Donnerstag, 14. März, um 18 Uhr schlüpfen vier Mitglieder der Frauengeschichtswerkstatt in die Rollen historischer Frauen, die für das Wahlrecht gekämpft haben. Ursula Göggelmann kündigte an, dass sie den Part der Frauenrechtlerin Clara Zetkin übernehmen werde. »Es wird amüsant«, versprach sie.
Die ehemalige Sexarbeiterin, studierte Psychologin und Autorin Anna Schreiber setzt am Dienstag, 19. März, um 18 Uhr mit einer Lesung aus ihrem Buch »Körper sucht Seele« den Schlusspunkt der Veranstaltungsreihe. (GEA)