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Aktuell Verfassungsschutz

Erfolg vor Gericht: Was die Reutlinger AfD-Politiker Schrade und Reetzke dazu sagen

Der Verfassungsschutz darf die Alternative für Deutschland vorerst nicht als Verdachtsfall einstufen. Im Gespräch mit dem GEA beziehen die Reutlinger AfD-Politiker Hansjörg Schrade und Ingo Reetzke dazu Stellung und erklären ihre Position zur Abgrenzung gegen Rechtsextremismus.

AfD
Im Kreistag hat die AfD aktuelle zwei Sitze. Foto: Monika Skolimowska
Im Kreistag hat die AfD aktuelle zwei Sitze.
Foto: Monika Skolimowska

REUTLINGEN. Es war ein Paukenschlag nur wenige Tage vor der Landtagswahl. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die AfD als Verdachtsfall ein, wie am Mittwoch bekannt wurde. Am Freitag machte die Justiz dem Vorhaben dann überraschend schnell einen Strich durch die Rechnung. Die Behörde darf die AfD bis zum Abschluss eines Eilverfahrens vor dem Kölner Verwaltungsgericht nicht als rechtsextremistischen Verdachtsfall einordnen und beobachten.

Das geht aus einem Beschluss des Gerichts vor, der den Prozessbeteiligten zugestellt wurde. Damit wurde einem Antrag der AfD stattgegeben. Zur Begründung erklärte das Gericht, es werde »in unvertretbarer Weise in die Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen«.

Eine Meinung, die auch Hansjörg Schrade vertritt. Er ist Vorsitzender der dreiköpfigen AfD-Fraktion im Reutlinger Gemeinderat und Sprecher des Kreisverbands. Die zwischenzeitliche Einstufung der AfD als Verdachtsfall bezeichnete er als politische Entscheidung. »Die Regierung will uns die Landtagswahl versauen«, sagt er im Gespräch mit dem GEA.

Seine Argumentation für diese These sieht so aus: »Der Verfassungsschutz hat einen Chef – Seehofer. Der wiederum hat eine Chefin – Merkel.« Dass das zehn Tage vor dem Wahlsonntag publik wird, sei »so durchschaubar«. Seiner Meinung nach wusste der Verfassungsschutz durch frühere Beobachtungen schon alles Kritische über seine Partei. Und trotzdem habe man sie nicht verboten.

Viele Fragen: Hansjörg Schrade erprobte am Dienstag die neue Strategie der Reutlinger AfD-Fraktion. Foto: Privat
Hansjörg Schrade. Foto: Privat
Hansjörg Schrade. Foto: Privat

Auch Ingo Reetzke, Landtagskandidat für die AfD in den Wahlkreisen Reutlingen und Tübingen wundert sich über den Zeitpunkt. »Ich würde allerdings nicht so weit gehen zu sagen, dass es sich um eine gezielte Aktion der Bundesregierung handelt«, sagt er. Er ist sich jedoch sicher, dass das Ganze eine »Trefferwirkung erzielen sollte.« Es habe schon fast etwas von Wahlbeeinflussung, meint Reetzke. Dass der Verfassungsschutz vor Gericht damit nicht durchkam, überrascht in nicht.

»Man muss sich gegen Rechtsextremismus klar abgrenzen«

Allerdings kann er der zwischenzeitlichen Einstufung der AfD zum Verdachtsfall auch Positives abgewinnen. »Das erhöht vielleicht endlich den Druck auf den Bundesvorstand.« Die Parteispitze sei sehr uneinheitlich bei der Frage, in welche Richtung man tendiere. Im Klartext: »Man muss sich gegen den Rechtsextremismus klar abgrenzen«, sagt Reetzke. Jörg Meuthen, der AfD-Parteivorsitzende, sei der Einzige in der Führungsriege, der sich mal deutlich geäußert habe. Eine einheitliche Linie würde es laut Reetzke außerdem leichter machen, Leute wegen parteischädlichem Verhalten auszuschließen.

AfD-Kandidat Ingo Reetzke Foto: Privat
AfD-Kandidat Ingo Reetzke
Foto: Privat

Das wiederum hält Hansjörg Schrade nicht für das richtige Mittel: »Man hat sich schon von manchen getrennt«, sagt er und ergänzt: »Meuthen wirft der Meute immer wieder einen zum Fraß vor.« Von ihm erwarte er allerdings Unterstützung, dass er sich vor Mitglieder stellt. Intern gebe es bezüglich mancher Äußerungen oft harte Diskussionen, berichtet Schrade. So geschehen etwa vor einigen Jahren bei Dubravko Mandic, der bei der Bundestagswahl 2017 als Kandidat im Wahlkreis Tübingen antrat und beispielsweise sagte, dass es kaum Unterschiede zwischen AfD und NPD gebe. Solche Sprüche fielen oft auf alle anderen zurück, »da lassen wir oft Teamfähigkeit und Disziplin vermissen«, sagt Schrade. Trotzdem hat er »Probleme, Parteifreunde öffentlich zu kritisieren«.

»Wer zieht die Linie, wer sagt, was rechts ist und was nicht?«

Sich stärker gegen Rechtsextreme abzugrenzen, würde kaum helfen, vom Verfassungsschutz in Ruhe gelassen zu werden. Man habe mit Nationalsozialismus und Antisemitismus nichts zu tun, man habe sich von Hanau distanziert. "Das verhallt", sagt Schrade und fragt: »Wer zieht die Linie, wer sagt, was rechts ist und was nicht?« Für ihn ist "Deutschland den Deutschen" beispielsweise eine legitime Meinung. Für Reetzke eher nicht. Der Satz sei negativ belegt und könne nicht als Parole dienen. Zu den unterschiedlichen Sichtweisen innerhalb der Partei sagt er: "Wir sind uns inhaltlich oft einiger als terminologisch." (GEA)