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Eher holpriger Start für die elektronische Akte am Reutlinger Sozialgericht

Vorreiter Reutlingen: Im Oktober wurde die elektronische Akte eingeführt

Es war einmal: Akten in Papierform gibt es im Reutlinger Sozialgericht nicht mehr. Im Oktober vergangenen Jahres wurde auf die e
Es war einmal: Akten in Papierform gibt es im Reutlinger Sozialgericht nicht mehr. Im Oktober vergangenen Jahres wurde auf die elektronische Gerichtsakte umgestellt. FOTO: DPA
Es war einmal: Akten in Papierform gibt es im Reutlinger Sozialgericht nicht mehr. Im Oktober vergangenen Jahres wurde auf die elektronische Gerichtsakte umgestellt. FOTO: DPA

REUTLINGEN. Sozialgerichts-Präsident Martin Rother spricht von einem »Meilenstein« in der Entwicklung, gar von einem »Jahrhundertereignis«: Am 15. Oktober 2019 wurde für alle elf Kammern die elektronische Gerichtsakte eingeführt. Reutlingen war mit Mannheim und Karlsruhe Vorreiter. Trotz Schulungen und neuer Scan-Stelle gestaltete sich die Umstellung schwierig. Richtig rund, sagt Rother, läuft’s noch nicht – vor allem wegen des vielen Scannens: »Ein Riesenaufwand.«

Die seit Jahrhunderten verwendete Papierakte wird nach und nach aus den Gerichtssälen in der Schulstraße verbannt, denn seit Oktober werden sämtliche neu eingehenden Verfahren in elektronischer Form gespeichert. Anwälte können ihre Klagen zwar noch in Papierform einreichen, sie werden dann aber im Sozialgericht eingescannt und digital der Akte »zugeführt«, erklärt Rother. Viele Anwälte nutzten jetzt bereits die elektronische Übermittlung der Schriftsätze. Ab 2022 ist sie für sie und Behörden Pflicht. Bürger, die meinen, sie könnten jetzt Klage mal eben per einfacher E-Mail einreichen, liegen falsch: Eine qualifizierte elektronische Signatur ist nach wie vor gesetzlich vorgeschrieben.

Zur Klärung von Sachverhalten fordern die Sozialrichter Gutachten an – oft 30 bis 40 Seiten lang, oft von mehreren Sachverständigen. Und die kommen fast immer in Papierform an, müssen also auch eingescannt werden.

»Das ist ein immenser Aufwand, den wir so nicht vorhergesehen haben«, stellt Martin Rother fest. Pro Tag entstehe durch das Scannen eine Papiermenge, die einen bis zwei Leitzordner fülle. »Die Schwierigkeit ist, dass viele Behörden und Sozialversicherungsträger ihre Verwaltungsakten noch in Papierform schicken«, sagt Rothes.

Auch, wenn es noch ein bisschen holpert mit der »digitalen Revolution«, erwies sich die Umstellung beim krassen Corona-Lockdown für die Reutlinger Sozialrichter als äußerst segensreich. Trotz Homeoffice hatte »jeder jederzeit Zugriff auf alles«, so Holger Grumann, Vizepräsident des Sozialgerichts: »Wir konnten richtig arbeiten.« (GEA)