REUTLINGEN. Erstmals seit Januar ist die Zahl der Arbeitslosen im Bezirk der Agentur für Arbeit Reutlingen gestiegen: Die Arbeitslosenquote in der Region lag im Juni bei 3,3 Prozent, das sind 0,4 Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Insgesamt zählte die Statistik im Juni 9 481 arbeitslose Männer und Frauen, das sind 972 mehr als im Mai.
Dieser Anstieg ist allerdings ausschließlich der saisonuntypischen Entwicklung der Arbeitslosigkeit in der Grundsicherung geschuldet. Seit dem 1. Juni werden die Flüchtlinge aus der Ukraine von den Jobcentern betreut, was zu der deutlichen Zunahme der Zahl der Arbeitslosen führt. Ohne diesen Effekt wäre die Arbeitslosenzahl im Juni leicht zurückgegangen. In Baden-Württemberg stieg die Arbeitslosenquote ebenfalls aus den genannten Gründen, landesweit liegt sie jetzt bei 3,5 Prozent (Vormonat 3,2 Prozent).
Damit sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges nun erstmals auch in der Arbeitsmarktstatistik sichtbar geworden. Gunnar Schwab, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Reutlingen, ist jedoch zuversichtlich, dass die Jobcenter die momentanen Herausforderungen gut meistern werden: »Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern sind auf die neuen Aufgaben gut vorbereitet. Wir bieten eine frühzeitige, umfassende und ausbildungsadäquate Beratung an, das ist unser Anspruch.«
Zunächst stehen Sprachkurse an
Der Arbeitsmarkt bleibt auch im Juni weiterhin aufnahmefähig und bietet gute Chancen. Die freien Arbeitsstellen schnell mit geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern zu besetzen und damit den Fachkräfteengpass kurzfristig auszugleichen, so einfach wird es aber wohl nicht gehen.
»Natürlich kann auch eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt gelingen, im Regelfall stehen jetzt aber zunächst Sprachkurse an und sofern vorhanden, die Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse und Kinderbetreuung.« Denn ein Großteil (über 80 Prozent) der in den Jobcentern Reutlingen und Tübingen gemeldeten Ukraine-Flüchtlinge sind weiblich und zwischen 25 und 55 Jahre alt.
Ellen Klaiber, Geschäftsführerin vom Jobcenter Landkreis Tübingen, prognostiziert für die nächsten Wochen einen weiteren Anstieg der Arbeitslosenzahlen. »Durch den Übergang der Geflüchteten vom Asylbewerberleistungsgesetz in die Grundsicherung, der nun nach und nach vollzogen wird, werden wir auch in den nächsten Monaten noch einen spürbaren Zuwachs an Arbeitslosen in den Jobcentern haben.« Allerdings, so Klaiber, »lässt der Zustrom an ukrainischen Geflüchteten inzwischen wieder deutlich nach.«
Dem Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit wurden im Juni 1 047 Arbeitsstellen neu gemeldet, das sind zwar 5,8 Prozent weniger als im Vormonat, betrachtet man allerdings den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre, ist es der höchste Jahresfortschrittswert im Zugang an gemeldeten Arbeitsstellen seit Jahresbeginn. Im Vergleich zum Vorjahr lag der Bestand im Juni 2022 um 59,9 Prozent höher.
Im Landkreis Reutlingen waren im Juni insgesamt 6 136 Menschen (minus 8,8 Prozent gegenüber Vorjahr) arbeitslos gemeldet, davon 2 171 (minus 27,3 Prozent) bei der Agentur für Arbeit und 3 965 (plus 6,0 Prozent) beim Jobcenter Landkreis Reutlingen.
Im Landkreis Tübingen waren im Juni 3 345 Menschen arbeitslos gemeldet (minus13,9 Prozent gegenüber Vorjahr). Davon wurden 1 526 von der Arbeitsagentur betreut (minus 21,2 Prozent) und 1 819 (minus 6,6 Prozent) vom Jobcenter Landkreis Tübingen. Die Arbeitslosenquote für den Gesamtbezirk der Agentur für Arbeit Reutlingen lag im Juni bei 3,3 Prozent (Vorjahr 3,6 Prozent).
Die Quoten im Einzelnen (Vorjahreswert jeweils in Klammern): Landkreis Reutlingen 3,8 Prozent (4,1), Landkreis Tübingen 2,6 Prozent (3,1), Hauptagentur Reutlingen 3,9 Prozent (4,3), Geschäftsstelle Münsingen 3,1 Prozent (3,3) und Geschäftsstelle Bad Urach 3,3 Prozent (3,6). (aa)