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Aktuell Defibrillator

Bitte keine Angst, auf dem Reutlinger Marktplatz Hilfe zu leisten

Defibrillator am Marktplatz 9 soll für schnellere Eingreifmöglichkeit bei Herzrhythmusstörungen sorgen

Wilfried Müller (von links, unten), DRK-Ortsvereinsvorsitzender Paul Mohl und Kurt Gugel leisten bei einem Pressetermin der Frei
Wilfried Müller (von links, unten), DRK-Ortsvereinsvorsitzender Paul Mohl und Kurt Gugel leisten bei einem Pressetermin der Freien Wähler Erste Hilfe mit einem Defibrillator, Erich Fritz (links hinten) und Georg Leitenberger schauen interessiert zu. Foto: Norbert Leister
Wilfried Müller (von links, unten), DRK-Ortsvereinsvorsitzender Paul Mohl und Kurt Gugel leisten bei einem Pressetermin der Freien Wähler Erste Hilfe mit einem Defibrillator, Erich Fritz (links hinten) und Georg Leitenberger schauen interessiert zu.
Foto: Norbert Leister

REUTLINGEN. Was tun, wenn ein Mensch mitten auf dem Marktplatz (oder sonst wo) zusammenbricht? Wegschauen? Falsch. Hingehen – und dann? »Keine Angst haben, die Person ansprechen, wenn sie nicht reagiert, nach der Atmung des Menschen schauen, dann mit der Herzdruckmassage beginnen«, erläutert Paul Mohl als Urgestein des Reutlinger Roten Kreuzes (DRK) beim Pressetermin der Freien Wählervereinigung (FWV) vor dem Rathaus. Mohl macht vor, wie es richtig funktionieren soll.

»30 plus 2 heißt hier die Regel«, sagt Wilfried Müller als FWV-Pressesprecher und ehemaliger Leiter der Reutlinger Rettungssanitäter. Also 30 Mal Herzdruckmassage, am Besten im Rhythmus zum Lied »Staying Alive« von den Bee Gees, schmunzelt Kurt Gugel, der zusammen mit seinen Kollegen von den Freien Wählern zu dem Pressetermin geladen hatte. »Atemlos« von Helene Fischer wäre auch möglich. Oder gar »Highway To Hell« von AC/DC. Und dann zweimal Mund-zu-Mund-Beatmung, jeweils im Wechsel.

Notruf absetzen

Egal, welche musikalische Unterstützung man sich beim Drücken auf den Brustkorb des Hilfebedürftigen auswählt: 100 bis 120 Mal pro Minute wäre richtig, sagt Gugel. Als Arzt muss er es am besten wissen. Innerhalb von fünf Minuten sollte dann ein Defibrillator da sein. »So schnell ist kein Rettungsdienst«, betont Müller. Der telefonische Notruf (112) sollte natürlich sofort nach Auffinden einer bewusstlosen Person abgegeben werden.

Als Wilfried Müller mit dem Defi vom neuen Standort am Gebäude Marktplatz 9 (»alte BW-Bank«) zum Rathaus kommt, hat Paul Mohl schon längst mit der Herzdruckmassage begonnen. »Was jetzt kommt, da kann man gar nichts falsch machen«, sagt Kurt Gugel, und seine Fraktionskollegen Erich Fritz sowie Georg Leitenberger lauschen gebannt.

Der Defi mit dem Kürzel AED (Automatischer Externer Defibrillator) spricht nämlich mit den Nutzern und gibt alles vor. »Entfernen Sie die Schutzfolie von den Klebeelektroden. Kleben Sie die Elektroden auf dem Brustkorb des Patienten. Berühren Sie den Patienten jetzt nicht. Beginnen Sie erneut mit der Herzmassage.«

Falsch sei die Annahme, so Mohl, dass der Defi mit den Stromstößen das Herz wieder zum Schlagen bringe, »das Gegenteil ist der Fall«. In 85 Prozent der Fälle, wenn es zu einem Kreislaufstillstand kommt, sei ein Herzkammerflimmern die Ursache. Und das bedeute: »Das Herz rast, zittert«, erläutert Gugel. Der Defibrillator sorge dann für einen Herzstillstand. Umso wichtiger ist die anschließende Herzdruckmassage, denn die muss das Herz wieder in den richtigen Rhythmus bringen. Also zurück ins Leben, zu »Staying Alive«. Und zwar so lang, bis die Fachleute, also die Rettungssanitäter vor Ort sind.

Unauffälliger Kasten

»Wir setzen uns schon seit zehn Jahren dafür ein, dass im öffentlichen Raum Defis aufgehängt werden«, sagt FWV-Stadtrat Erich Fritz. In allen Turn- und Festhallen im Reutlinger Stadtgebiet seien mittlerweile Kästen mit Defis installiert worden. Stellenweise auch im öffentlichen Raum. Wie etwa am Willy-Brandt-Platz, also am ZOB. Dort allerdings neben den Toiletten, völlig unauffällig, an einer Stelle, die wohl niemand im Notfall finden würde, wie Müller anmerkt.

Am Marktplatz gebe es bei der Kreissparkasse einen Defi, einen im Rathaus – und nun also am Gebäude Marktplatz 9 einen weiteren. Auffällig ist dieser Kasten allerdings nicht. Wenn man nicht davon weiß, dürfte jemand, der in einer Notsituation solch ein Gerät sucht, es dennoch kaum finden. »Es gibt zwar ein Defikataster als App fürs Smartphone, bis man dort allerdings das nächste AED-Gerät gefunden hätte«, sagt Müller und lässt das Ende des Satzes in der Luft hängen. Weil nur wenig Zeit für die lebensrettende Hilfe bleibt, dürfte man aber kaum Zeit haben, um erst mal die App zu durchsuchen. »Nach fünf Minuten beginnt der biologische Tod«, sagt Gugel. Was nicht heiße, dass sich lebensrettende Maßnahmen nach zehn Minuten nicht mehr lohnen würden. »Aber nach mehr als fünf Minuten ist schon mit Hirnschädigungen zu rechnen«, so der Arzt.

Im Übrigen gebe es Kurse zur richtigen Hilfe bei Kreislaufstillstand und zur Handhabung von Defibrillatoren, betont Mohl. Anmelden kann man sich telefonisch. (GEA)

 

07121 3811553

 

 

MARKTPLATZ 9

Wie geht’s im Erdgeschoss weiter?

Für die Erdgeschossflächen im von der Stadt Reutlingen hauptsächlich für Büros angemieteten Gebäude Marktplatz 9 ist eine gastronomische Nutzung vorgesehen.

Wie berichtet, hatte die Stadt Reutlingen Gespräche mit »Pano Brot und Kaffee« geführt. Jedoch habe das Franchiseunternehmen keinen Betreiber für ein Café in Reutlingen finden können, erläutert das städtische Gebäudemanagement.

Derzeit sei man mit mehreren Interessenten in Gesprächen. »Es ist weiterhin ein gastronomisches Konzept vorgesehen, das den Marktplatz auch in den Abendstunden belebt«, so die Botschaft. »Zwei Dinge erschweren die Suche nach einer gastronomischen Lösung: die geplante Sanierung des Marktplatzes, und es besteht keine Möglichkeit, selbst zu kochen.« (nol)