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Bezahlbarer Wohnraum für alle in Reutlingen gefordert

Mehr als 30 Freiwillige umsorgten bei der Weihnachtsfeier im Café Nepomuk ehemalige und heutige Wohnungslose

Rund 150 Gäste wurden an Heiligabend bei der AWO-Weihnachtsfeier im Café Nepomuk von den Helfern bewirtet. FOTO: LEISTER
Rund 150 Gäste wurden an Heiligabend bei der AWO-Weihnachtsfeier im Café Nepomuk von den Helfern bewirtet. FOTO: LEISTER
Rund 150 Gäste wurden an Heiligabend bei der AWO-Weihnachtsfeier im Café Nepomuk von den Helfern bewirtet. FOTO: LEISTER

REUTLINGEN. Thomas Keck hat die Tradition von Barbara Bosch nahtlos übernommen: Als im vergangenen Februar neu gewählter Oberbürgermeister war auch Keck am Heiligen Abend bei der Weihnachtsfeier der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Gast im Café Nepomuk. »Gerade an Weihnachten macht es Sinn, sich um die Menschen zu kümmern, die es eh schon nicht leicht haben«, betonte Reutlingens Stadtoberhaupt. »Ich will den Leuten hier, denen es finanziell und wirtschaftlich schon schlecht genug geht, vermitteln, dass sie nicht vergessen sind.« Wohlwollend nahmen die rund 150 Gäste der Weihnachtsfeier die Botschaft auf.

Vor Kecks Rede gab es allerdings das alljährliche Festmahl im Café Nepomuk mit gemischtem Braten, Knödeln und Rotkraut. »Wir haben heute so viele Helfer wie noch nie«, sagte Rita Wilde, die zusammen mit Michaela Träger (beide AWO-Mitarbeiterinnen) die Organisation des Fests übernommen hatte. Schon am frühen Morgen um 9 Uhr waren sechs Helfer vor Ort, da galt es zunächst die Tische und Stühle vom franz.K zu holen. »Glücklicherweise konnten wir dieses Mal Aufzug und Tischwagen nutzen«, sagte Wilde und lobte die Kooperation zwischen Nepomuk, franz.K und AWO.

»Wir wollen eine adäquatere Hilfe anbieten«

Wir wollen Tische schmücken, Getränke darauf verteilen, Kaffee kochen, Essen richten – es gab jede Menge zu tun, um die Feier vorzubereiten. Draußen vor der Tür warteten schon weit vor dem offiziellen Beginn um 11.30 Uhr die Gäste auf Einlass – was angesichts des Regens kein Vergnügen war. Doch die Besucher nahmen es mit Gelassenheit: Sie freuten sich offensichtlich auf das warme Essen und die Weihnachtsfeier.

AWO-Geschäftsführer Ulrich Högel begrüßte die Gäste, dankte Spendern, Sponsoren und Unterstützern wie auch den Helfern. Erneut dabei waren eine Handvoll ehemaliger Schüler der Merian-Gemeinschaftsschule in Dusslingen – die allerdings schon lange keine Schüler mehr sind. Dennoch kommen sie jedes Jahr wieder und helfen am Heiligen Abend, um die Besucher zu bewirten. Nach dem Essen folgte Kecks Ansprache, dann wurde es bei der Feierstunde mit Worten von Pfarrer Martin Tuttaß besinnlich.

Am Rande der Weihnachtsfeier berichtete Högel ein wenig über seine ersten Monate bei der AWO. Am 2. Mai war sein erster Arbeitstag. Er lobte sein »Super-Team und die gute Zusammenarbeit mit dem AWO-Vorstand«. Ulrich Högel hat einiges vor, um der Klientel der Reutlinger Arbeiterwohlfahrt noch besser helfen zu können: »Wir wollen zielgruppenspezifische Angebote etwa für psychisch Kranke machen.« Und auch für die stark zunehmende Gruppe der Unter-25-Jährigen will der AWO-Chef »eine adäquatere Hilfe anbieten«. Was allerdings für die beiden neuen Angebote notwendig sei: »Beide Gruppen erfordern mehr Betreuungszeit und damit mehr Personal.« Die große Frage hinter diesem Mehr an Angeboten sei natürlich: »Wer bezahlt das?« Da sei die Politik gefragt, »denn es kann nicht sein, dass wir vor allem die jungen Menschen verlieren«, betonte Högel.

Mittlerweile sind in Reutlingen aber auch 207 wohnungslose Frauen gemeldet, wie Michaela Träger ausführte. Darunter seien 40 junge Frauen zwischen 18 und 25 Jahren. Der Großteil der weiblichen Klientel der AWO komme nach Trennung oder Scheidung zur Wohnungslosigkeit – »das heißt aber nicht, dass sie unter der Brücke oder auf Parkbänken schlafen«, berichtete Rita Wilde. Viele der Frauen kommen bei Freunden, Bekannten, Verwandten unter, fünf Wohnplätze gibt es im Elisabeth-Zundel-Haus der AWO. »Da müssen sich die Frauen aber auch drauf einlassen«, sagte Träger. Das Haus biete einen Schutzraum, die Frauen leben in Wohngemeinschaften und es herrscht Männerverbot im Haus.

Nicht allein gute Gaben hatte die AWO zum Weihnachtsfest am 24. Dezember mitgebracht, sondern auch einen Wunsch: »Wir hätten gerne angemessenen und bezahlbaren Wohnraum für alle«, so Ulrich Högel am Heiligabend im Café Nepomuk. (GEA)