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Abschlussprüfung in Corona-Zeiten: Schüler aus Reutlingen erzählen

Sie hatten sich auf den Sommer ihres Lebens gefreut, doch das Coronavirus durchkreuzt die Pläne vieler Schüler in den Abschlussklassen. Immerhin - die Deutsch-Prüfungen haben Gymnasiasten und Realschüler nun hinter sich. Von neuen Herausforderungen und einem Abschied ohne die gewohnt große Party.

Mit viel Abstand: Abiturienten des Friedrich-List-Gymnasiums bei der Deutsch-Prüfung in der Oskar-Kalbfell-Halle. Foto: Frank Pieth
Mit viel Abstand: Abiturienten des Friedrich-List-Gymnasiums bei der Deutsch-Prüfung in der Oskar-Kalbfell-Halle.
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. 448 Schüler an fünf städtischen Gymnasien stecken mitten in den Abiturprüfungen - heute stand das Fach Deutsch auf dem Programm. Auch für 328 Realschüler in Reutlingen haben heute die Abschlussprüfungen begonnen. Als ob Abschlussprüfungen an sich nicht schon aufregend genug wären, finden sie in diesem Jahr auch noch mitten in einer Pandemie statt. 

»Es war ein bisschen stressig, dass man lange nicht wusste, wann denn nun die Prüfungen stattfinden«, resümiert der 17-jährige Fynn Schönle, Abiturient am Isolde-Kurz-Gymnasium (IKG). Er ist einer der ersten Abiturienten, der die Prüfungsstätte - die Sporthalle des IKG - verlässt. Bis 14.15 Uhr durften die Schüler schreiben und die meisten nutzten diese Zeit auch voll aus. An sich habe die Vorbereitung daheim ganz gut geklappt, sagt Schönle - »das war nur ungerecht für die, die daheim keinen Zugang zu einem PC haben«.  

Fynn Schönle, 17. Foto: Kammerer
Fynn Schönle, 17.
Foto: Kammerer

Der 18-jährige Mohamaad Kamel aus Pfullingen fand es vor allem schwer, daheim in eine Lern-Routine zu kommen und sich täglich zu motivieren, sagt er. Die inhaltliche Vorbereitung sei aber gut gewesen, ist sein Fazit. Und das wichtigste: die Prüfung war's auch.

Mohamaad Kamel, 18. Foto: Kammerer
Mohamaad Kamel, 18.
Foto: Kammerer

Antonia Weißmüller (18) aus Eningen ist froh, dass die Prüfungen nicht abgesagt wurden - wie anfangs diskutiert - und dass die Schüler kein Durchschnittsabi bekommen haben. »Ich wollte schreiben und es dann hinter mir haben«, sagt sie. Ihre Freundin Florine Völker (18) aus Reutlingen sagt: »Wir haben gute Unterstützung von den Lehrern in der Lern-Phase bekommen.« Was die beiden jungen Frauen viel bedauerlicher finden ist, dass die ganzen Festivitäten nach den Abi-Prüfungen wegfallen. Abi-Streich, Zusammenkunft in der Pomologie, das traditionelle »Mauersitzen« vor dem IKG - alles fällt der Pandemie zum Opfer. 

Abi-Jahrgang mit Abstand (von links): Florine Völker, 18, Antonia Weißmüller, 18, und Mona Wacker, 18. Foto: Kammerer
Abi-Jahrgang mit Abstand (von links): Florine Völker, 18, Antonia Weißmüller, 18, und Mona Wacker, 18.
Foto: Kammerer

Nur der Abi-Ball sei noch nicht abgeblasen, sagt Mona Wacker (18), ebenfalls IKG-Abiturientin - auch wenn er später und vielleicht auch in kleinerem Rahmen stattfinde, daran wolle man festhalten und das habe auch die Schulleitung zugesichert. Wacker hatte eigentlich vor, im Oktober für ein Jahr nach Australien zu gehen, Work & Travel. Abgesagt ist das Ganze noch nicht sagt sie, aber nun bleibt sie eben im Ungewissen. Sollte der Veranstalter schließlich doch absagen, habe sie keinen Plan B. Da haben Antonia Weißmüller und Florine Völker mit ihrer Reiseplanung ein bisschen mehr Glück: Sie wollen erst im April 2021 gemeinsam nach Asien. Und bis dahin kann ja noch einiges passieren. 

Celina Akil, 18. Foto: Kammerer
Celina Akil, 18.
Foto: Kammerer

So halb ins Wasser gefallen ist auch die gemeinsame Abifahrt nach Kroatien. »Die eine Hälfte hat storniert, die andere Hälfte noch nicht«, sagt Celina Akil aus Bronnweiler. Die 18-Jährige gehört zu denen, die noch nicht storniert haben und hofft weiter darauf, das Ende der Schullaufbahn zumindest mit ein paar Freunden aus der Stufe noch feiern zu können. Ihre Prüfungsvorbereitungen daheim waren okay, sagt sie: »Man musste sich halt viel selbst motivieren.« Geholfen habe ihr der Austausch über Lernstoff mit Freunden via Facetime. 

Damit der Boden der Sporthalle nicht beschädigt wird: Die Stadt Reutlingen hat den Abiturienten des Friedrich-List-Gymnasiums Überzieher für die Straßenschuhe zur Verfügung gestellt. Foto: Frank Pieth
Damit der Boden der Sporthalle nicht beschädigt wird: Die Stadt Reutlingen hat den Abiturienten des Friedrich-List-Gymnasiums Überzieher für die Straßenschuhe zur Verfügung gestellt.
Foto: Frank Pieth

Aber nicht nur für die Abiturienten war die Vorbereitung auf die schriftlichen Prüfungen in diesem Jahr anders, als eigentlich geplant. Auch die Lehrer und Rektoren mussten sich logistisch einiges einfallen lassen, damit die Prüflinge ganz regelkonform mit Abstand schreiben konnten. Die 89 Abiturienten am Reutlinger Friedrich-List-Gymnasium beispielsweise schreiben die Prüfungen eigentlich in drei großen Räumen im Schulgebäude. Wenn 1,5 Meter Abstand zum Vorder-, Neben- und Hintermann eingehalten werden sollen, geht das aber nicht. Also wurden die Prüfungen kurzerhand in die Oskar-Kalbfell-Halle nebenan verlegt.

Kreidezeichnungen sind in der Corona-Zeit ja wieder in Mode gekommen: Mutmacher-Botschaft auf dem Schulhof des Friedrich-List-Gymnasiums. Foto: Frank Pieth
Kreidezeichnungen sind in der Corona-Zeit ja wieder in Mode gekommen: Mutmacher-Botschaft auf dem Schulhof des Friedrich-List-Gymnasiums.
Foto: Frank Pieth

»Wir haben die Abstände zwischen den Tischen abgemessen«, erzählt Schulleiterin Susanne Goedicke. »Schüler wurden in Blöcke eingeteilt, es wurde geregelt, welcher Block welchen Eingang und welche Toilette benutzt.« Weil die Halle ja eine Sporthalle ist, tauchte noch ein ganz anderes Problem auf: die Straßenschuhe, welche die Prüflinge ja normalerweise tragen. Also stellte die Stadt kurzerhand Plastiküberzieher für jeden Abiturienten zur Verfügung. Was auch anders war, als in den Vorjahren: In der Halle war es mucksmäuschenstill.

Schulleiterin Goedicke findet es schade, dass die Schüler das Ende ihrer Schullaufbahn nicht so feiern können, wie sonst immer. Der Abi-Ball wird nicht im gewohnten Rahmen stattfinden, sagt sie. Aber eine andere, irgendwie festliche Zeugnisübergabe sei geplant. Denn einfach zuschicken will sie ihren Abiturienten das Zeugnis schließlich auch nicht. Es sind Abschlussprüfungen, die definitiv im Gedächtnis bleiben. (GEA) 

Weitere Prüfungen

Abitur

Am kommenden Montag steht Englisch auf dem Programm, am Dienstag Mathe, am Mittwoch Französisch und am Donnerstag sind dann Fächer wie Religion, Geschichte, Biologie, Chemie, Sport, Gemeinschaftskunde und Bildende Kunst dran.

Realschule

Die Realschüler schreiben am kommenden Montag ihre Mathe-Prüfung, am Mittwoch steht dann Englisch und am Donnerstag Französisch auf dem Programm.

Hauptschule

Die Abschlussprüfungen an den Hauptschulen beginnen erst im Juni: Und zwar am 16. Juni mit der Deutsch-Prüfung. Zwei Tage später steht Mathe auf dem Programm, nochmal vier Tage später dann Englisch. (kk)

Die Deutsch-Prüfungen sind geschafft - und der Rest wird auch »schon schiefgehen«. Foto: Frank Pieth
Die Deutsch-Prüfungen sind geschafft - und der Rest wird auch »schon schiefgehen«.
Foto: Frank Pieth