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Aktuell Eiserne Hochzeit

65 Jahre Ehe und 7 Urenkel: Erika und Georg Augustin aus Orschel-Hagen

Erika und Georg Augustin blicken auf ein bewegtes Leben zurück, das die Familie sogar für drei Jahre trennte. Am Freitag begeht das Paar in Reutlingen Eiserne Hochzeit.

Die beiden pfiffigen Senioren Erika und Georg Augustin freuten sich über den Blumenstrauß von Oberbürgermeister Thomas Keck.
Die beiden pfiffigen Senioren Erika und Georg Augustin freuten sich über den Blumenstrauß von Oberbürgermeister Thomas Keck. Foto: Gabriele Böhm
Die beiden pfiffigen Senioren Erika und Georg Augustin freuten sich über den Blumenstrauß von Oberbürgermeister Thomas Keck.
Foto: Gabriele Böhm

REUTLINGEN. Das Fest der Eisernen Hochzeit feiern Erika und Georg Augustin in Orschel-Hagen. Während sich am Mittwoch die standesamtliche Trauung zum 65. Male jährte, findet am Freitag das Jubiläum der kirchlichen Trauung statt. »Ich bekomme immer noch jeden Morgen ein Küsschen von ihm«, sagt Erika Augustin über ihren Mann.

Erika Augustin, geboren am Heiligen Abend des Jahres 1940, wuchs mit ihrem Bruder im Ort Andreashütte in Schlesien auf. Der Vater war im Krieg gefallen, die Mutter Witwe. Die junge Erika arbeitete nach der Schule 20 Jahre lang als Kassiererin in einem Kino, das das Hüttenwerk für seine rund 6.000 Arbeiterinnen und Arbeiter eingerichtet hatte. »Das war wunderbar«, erzählt sie. Es habe amerikanische, polnische und russische Filme gegeben. »Natürlich hat man seine Freunde schon mal gratis reingelassen«, schmunzelt die pfiffige Seniorin. »Und später, bei den Schulfreunden unserer beiden Söhne, hat man natürlich auch mal ein Auge zugedrückt.« Ein Kino war in der damaligen Zeit eine Sensation, das Tor zur Welt.

Acht Geschwister

Georg Augustin, Jahrgang 1932, ist in Klein-Zeidel im Bezirk Oppeln (Oberschlesien) als eines von acht Geschwistern zur Welt gekommen. »Als Jugendlicher hütete ich die Kühe, die die Russen von überall her zu uns auf eine Waldweide geholt hatten«, erinnert er sich. Seine Ausbildung machte er als Schweißer.

An Silvester 1957 begann die gemeinsame Zeit. Das Paar heiratete 1960 in Andreashütte. Für Deutsche sei das Leben jedoch nicht leicht gewesen. »Daher besuchte ich meinen Bruder, der inzwischen in Erpfingen auf der Schwäbischen Alb lebte und arbeitete«, erzählt der Jubilar. Im Vorfeld hatte er mit seiner Frau besprochen, danach nicht wieder nach Schlesien zurückzukehren. Stattdessen sollte sie mit den beiden Söhnen einen Antrag für die Ausreise nach Deutschland stellen und nachkommen.

»Das war nicht ohne Risiko und hätte eine Trennung für lange Zeit bedeuten können, wenn der Antrag nicht genehmigt worden wäre«, betont Erika Augustin. Tatsächlich dauerte es drei Jahre, bis sie 1975 ausreisen durfte. Es sei herzzerreißend gewesen, wie die Kinder ihrem Papa entgegenliefen, den sie so eine lange Zeit hatten entbehren müssen. »Ich habe hart gearbeitet und viel gespart und jeden Monat zwei Pakete zu den Kindern geschickt«, berichtet Georg Augustin.

Familie kam nach

Inzwischen arbeitete er in Reutlingen und hatte dort gemeldet, dass seine Frau und die beiden Söhne nachkommen würden. Endlich vereint, lebte die Familie im Übergangswohnheim in der Ringelbachstraße, bis sie die heutige Wohnung in Orschel-Hagen bezog. »Hier hat es mir gleich sehr gut gefallen, denn die Häuser waren genauso gebaut wie in Andreashütte«, freut sich Erika Augustin. »Wir fühlen uns hier immer noch genauso wohl wie am ersten Tag.« Gemeinsam werden Ausflüge und Radtouren unternommen. Die Jubilarin liest gerne und macht Handarbeiten, ihr Mann ist fußballbegeistert.

Für die beiden Eltern sei die deutsche Sprache natürlich kein Problem gewesen, wohl aber für die Kinder. »Deshalb besuchten sie für ein Jahr eine Förderschule.« Doch man habe sich in Reutlingen schnell eingelebt. Inzwischen wird das Jubelpaar von Pflegekräften betreut, die sich abwechseln und auch den Haushalt übernehmen. Die Familie lebt im näheren Umfeld in Orschel-Hagen. Stolz berichtet das Paar, dass dies außer den beiden Söhnen inzwischen vier Enkel seien sowie sieben Urenkel und dass der achte im November erwartet wird. Sie alle werden die Eiserne Hochzeit miteinander feiern. Oberbürgermeister Thomas Keck überbrachte mit einem Blumenstrauß die Grüße der Stadt. (GEA)