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Reutlinger Baustellen behindern Feuerwehr und Rettungsdienst

Gegen die vielen Baustellen in Reutlingen und der Region hilft auch kein Blaulicht. Rettungsdienst und Feuerwehr klagen nicht, kommen aber manchmal nur auf Umwegen zum Einsatzort. Dabei kommt's auf jede Minute an, wenn's um Leben oder Tod geht.

Typische Szenen in der Lindachstraße: Ein Rettungswagen versucht zwischen Autos durchzukommen.
Typische Szenen in der Lindachstraße: Ein Rettungswagen versucht zwischen Autos durchzukommen. Foto: Stephan Zenke
Typische Szenen in der Lindachstraße: Ein Rettungswagen versucht zwischen Autos durchzukommen.
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. Schon ohne Baustelle ist die Abfahrt vom Klinikum am Steinenberg für Rettungswagen oder den Notarzt oft schwierig. Der tägliche Stau auf der Ringelbach- und Georgenstraße bremst ganz gewaltig. Doch seitdem auf der Seestraße beim Echazzentrum gebaut wird, ist die Verkehrslage auf der Lindachstraße noch problematischer als ohnehin. Denn damit entfällt eine Möglichkeit mit Blaulicht schnell auf die Bundesstraße am Echazufer zu kommen. Alle Retter müssen jetzt unten an der Georgenstraße nach links abbiegen, und landen damit zwangsläufig ziemlich häufig zwischen Autoschlangen auf beiden Straßenseiten. Wenigstens erleichtern Fahrradwege die Bildung einer Rettungsgasse. Keine gute Situation, denn irgendwo wartet ein Mensch dringend auf die Hilfe. Dennoch bleiben die Profis gelassen.

»Die Baustelle am Echazzentrum belastet uns schon, aber wir müssen damit umgehen«, sagt Markus Metzger als Leiter des Rettungsdienstes Reutlingen, »Baustellen müssen früher oder später sein. Wichtig ist für uns ein gutes Einvernehmen mit der Stadt Reutlingen oder dem Landkreis. Das haben wir«. Einvernehmen bedeute konkret rechtzeitige Information über neue Baustellen sowie die gemeinsame Suche nach einer praktikablen Lösung.

Die Baustelle in der Seestraße schränkt die Abfahrt von Rettungswagen und Notärzten vom Klinikum am Steinenberg ein.
Die Baustelle in der Seestraße schränkt die Abfahrt von Rettungswagen und Notärzten vom Klinikum am Steinenberg ein. Foto: Stephan Zenke
Die Baustelle in der Seestraße schränkt die Abfahrt von Rettungswagen und Notärzten vom Klinikum am Steinenberg ein.
Foto: Stephan Zenke

»Es gibt Baustellen, die für den normalen Verkehr gesperrt sind, aber durch die wir fahren können. Etwa nachts oder am Wochenende«, erklärt Metzger. Ein Beispiel sei aktuell die B 28 zwischen Bad Urach und Seeburg. Bei anderen Hindernissen, etwa auf der Wittlinger Steige, werden für den Rettungsdienst spezielle Ampelschaltungen eingerichtet. Wie sich die Verkehrslage durch Baustellen darstellt, wird beim Rettungsdienst jeden Tag neu geprüft, dokumentiert und an sämtliche Einsatzstellen verteilt. Dazu kommt die große Ortskenntnis der Fahrerinnen und Fahrer. Unter dem Strich kommt Markus Metzger zu einer für ihn annehmbaren Gesamtbewertung: Ihm sei nicht bekannt, dass sich die Zufahrtszeiten durch Baustellen verlängert haben. Ganz anders beschreibt dagegen der Reutlinger Feuerwehrkommandant Harald Herrmann die Situation.

Baustellen bremsen die Feuerwehr

»Wir haben derzeit über 300 Baustellen in der Stadt, mit denen wir zu kämpfen haben«, stellt Harald Herrmann mit ernster Stimme fest. Klar habe er Verständnis für Bauarbeiten, doch dann kommt ein dickes aber. Denn es werde für die Feuerwehr immer schwieriger wie vorgesehen innerhalb von acht Minuten nach einem Notruf mit einer Einheit von neun Einsatzkräften am Einsatzort zu sein. Mit dem Reutlinger Gemeinderat sei ein Zielerfüllungsgrad von mindestens 80 Prozent vereinbart. »In der Vergangenheit haben wir unser Ziel zu über 86 Prozent eingehalten. Derzeit liegen wir bei 81 Prozent«, sagt der Kommandant. Die intensive Bautätigkeit im Stadtgebiet hat demnach bei Einsätzen fünf Prozent Zielerfüllungsgrad gekostet. Doch damit nicht genug.

Die Sperrung der Seestraße behindert auch Rettungsdienst und Feuerwehr beim Weg in die Oststadt.
Die Sperrung der Seestraße behindert auch Rettungsdienst und Feuerwehr beim Weg in die Oststadt. Foto: Stephan Zenke
Die Sperrung der Seestraße behindert auch Rettungsdienst und Feuerwehr beim Weg in die Oststadt.
Foto: Stephan Zenke

Auch die Frauen und Männer der freiwilligen Feuerwehr hätten ihre Liebe Müh und Not sich durch den Reutlinger Umleitungsstau bis zu ihrer Feuerwehrwache zu bewegen. Dabei stellt Harald Herrmann nüchtern fest, dass die Lage in der Stadt landesweit betrachtet keine Ausnahme darstellt, »die Kollegen berichten überall von den gleichen Schwierigkeiten«. Ähnlich wie der Rettungsdienst tut die Feuerwehr alles in ihrer Macht stehende, um mit den Baustellen professionell umzugehen.

»Bei uns ist ständig ein Mitarbeiter mit den verkehrsrechtlichen Anordnungen beschäftigt. Er prüft, wie die Einsatzkräfte den schnellsten Weg finden«, erklärt Herrmann. In der Hoffnung auf eine Zukunft mit weniger Absperrungen, Umleitungen und Baugruben ist Harald Herrmanns Fazit versöhnlich: »Wir können unsere Fahrzeuge nicht tragen, und die Stadt nicht auf Baustellen verzichten. Man arrangiert sich«. (GEA)