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Kirchengemeinde St. Franziskus bekennt sich zur Reformbewegung Maria 2.0

Pfarrer Dietmar Hermann (links) und Wolfgang Lachenmann, Gewählter Vorsitzender des Kirchengemeinderats St. Franziskus Pliezhaus
Pfarrer Dietmar Hermann (links) und Wolfgang Lachenmann, Gewählter Vorsitzender des Kirchengemeinderats St. Franziskus Pliezhausen. FOTO: BÖHM
Pfarrer Dietmar Hermann (links) und Wolfgang Lachenmann, Gewählter Vorsitzender des Kirchengemeinderats St. Franziskus Pliezhausen. FOTO: BÖHM

MITTELSTADT/PLIEZHAUSEN. Ende Februar 2021 war bundesweit die Protestbewegung »Maria 2.0« aktiv, um für grundlegende Reformen in der katholischen Kirche zu demonstrieren. Gruppen aus mindestens 22 der 27 Bistümer in Deutschland beteiligten sich und hängten nach dem Vorbild des Thesenanschlags von Martin Luther ihre sieben Thesen an mehr als 1 000 Kirchentüren. Auch in der Kirchengemeinde St. Franziskus Pliezhausen, zu der Mittelstadt und Walddorfhäslach gehören, waren die Forderungen angebracht worden. Daraufhin verfasste der Kirchengemeinderat eine Resolution, in der er sich einstimmig hinter die Forderungen der Bewegung stellt.

Absage ans Pflicht-Zölibat

»In jener Woche war Sitzung des Kirchengemeinderats (KGR), sodass wir über die Forderungen sprechen konnten«, berichtet der Gewählte Vorsitzende Wolfgang Lachenmann. Schon 2019 hätten er und drei weitere KGR-Mitglieder am Protestmarsch von Maria 2.0 in Reutlingen teilgenommen. »Die von Maria 2.0 vertretenen Ziele haben die meisten reformorientierten katholischen Christen, auch diejenigen, die sich in dem von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee Deutscher Katholiken ins Leben gerufenen Prozess ›Der synodale Weg‹ engagieren. Auch diese möchte der Kirchengemeinderat mit seiner Resolution unterstützen.«

In ihren sieben Thesen fordert Maria 2.0 den Zugang für alle Menschen zu den kirchlichen Ämtern und ihre Teilhabe am Sendungsauftrag. »In unserer Kirche werden Taten sexualisierter Gewalt umfassend aufgeklärt und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen«, heißt es weiter. Gefordert wird auch eine Kirche, die »wertschätzende Haltung und Anerkennung gegenüber selbstbestimmter achtsamer Sexualität und Partnerschaft« zeigt und in der das Zölibat keine Voraussetzung für ein Weiheamt ist. Die Kirche solle nach christlichen Prinzipien wirtschaften und auf der Grundlage der Botschaft Jesu Christi handeln und Verantwortung übernehmen.

»Viele müssen es mittragen, damit sich etwas bewegt«, sagte Pfarrer Dietmar Hermann. Aktuell sei Kardinal und Erzbischof Rainer Maria Woelki und sein Umgang mit Missbrauch in der katholischen Kirche sehr präsent in den Medien. »Das macht alle unsere Bemühungen zunichte. Es wird kaum noch gesehen, dass man vor Ort ganz anders denkt und diese Verbrechen scharf verurteilt. Aber wir sind auch ein großer legitimierter Teil der Kirche, und wir machen den Mund auf.«

Es sei wichtig, so auch Lachenmann, öffentlich für die Reformen einzutreten. »Die Haltung an der Basis stärkt auch reformorientierten Bischöfen den Rücken.« Man erwarte, dass sie ihre Meinungen auch in Rom mit Nachdruck vertreten.

In ihrer Resolution bekennt sich die Franziskusgemeinde zu den Zielen von Maria 2.0, fügt aber hinzu, dass in den letzten Jahren seitens der Amtskirche viel versäumt wurde und Reformen dringend nötig seien. »Leider haben uns viele Christen den Rücken gekehrt. Nur noch wenige lassen sich zu Priestern weihen. Wir verlieren viele engagierte Leute, die voll hinter der biblischen Botschaft und ihrer Kirche stehen, jedoch nicht hinter deren Reformunwillen«, so Pfarrer Hermann.

Gegen Reformunwillen

»Die Resolution haben wir an die vier Bischöfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart und alle Gewählten Vorsitzenden der Pfarreien im Dekanat Reutlingen-Zwiefalten gesendet und dazu ermutigt, ebenfalls mitzumachen«, sagt Lachenmann. In seiner Antwort erläuterte Weihbischof Matthäus Karrer, dass »die große Mehrheit der Mitglieder der Synodalversammlung die Forderungen der Kirchengemeinde St. Franziskus unterstützt« und auch eine Mehrheit der deutschen Bischöfe, zu der auch er selbst gehöre, »diesen dringenden Reformschritten offen gegenüber« stehe.

Die Antwort werten Hermann und Lachenmann als ein ermutigendes Zeichen, sich weiter für Reformen zu engagieren und hoffen auf weitere Unterstützung reformorientierter Katholiken. (GEA)