REUTLINGEN/METZINGEN/TÜBINGEN. Rustikal und regional! Wenn es draußen langsam kälter wird und Tage kürzer werden, öffnen die Besenwirtschaften in der Region wieder ihre Pforten. Die Besen sind zeitlich begrenzte Wirtshäuser in Weinbaugebieten, in denen Winzer ihren selbst erzeugten Wein direkt verkaufen. Und sie erfreuen sich jedes Jahr großer Beliebtheit. Kein Wunder: der Charme der Besen ist ein besonderer. Luxus sucht man vergebens, dafür bekommt man den urigen Duft alter Einrichtung, die Kulinarik einfacher Speisen und nicht zu vergessen: handverlesenen und selbstproduzierten Wein von den Hängen der Region.
Für viele Winzer und Obstbauern ist der Besen eine wichtige Säule der Direktvermarktung ihrer Produkte. Doch für eine »echte Besenwirtschaft« gelten in Baden-Württemberg strenge Regeln der Gaststättenverordnung. So darf sie den Betrieb für höchstens vier Monate im Jahr, verteilt über zwei Zeiträume, öffnen. Viele Besen öffnen daher einmal im Frühjahr und einmal im späten Herbst nach der Weinlese.
Höchstens 40 Plätze
Zudem darf die Besenwirtschaft nur höchsten 40 Plätze umfassen. Wie viele Gäste aber letztlich in der Besenwirtschaft Platz finden, ist nicht vorgeschrieben. Hier rücken Menschen jeden Alters eng zusammen und stellen eine ganz besondere Atmosphäre her.
Genießen dürfen sie Weine aus eigener Produktion und einfache Küche. Denn auch das gehört zu den Auflagen: Echte Besenwirtschaften haben keine volle Gaststättenkonzession, dürfen nur selbsterzeugten Wein oder Most, zusätzlich zu den alkoholfreien Getränken, am Ort des Weinbaubetriebes anbieten. Und auch auf der Speisekarte gelten Regeln: Nur kalte und einfache warme Speisen wie Schlachtplatten, Vesperteller, Kesselfleisch mit Kraut oder Maultaschen mit Kartoffelsalat sind erlaubt.
Tradition bis ins Mittelalter
Die strikte Regelung schmälert den Reiz der Wirtshäuser allerdings nicht. Im Gegenteil: Gerade diese Einfachheit zieht die Besucher an, die sich für die kurze Zeit im Besen in der Zeit zurückversetzt fühlen können. Denn die Tradition der Besenwirtschaften geht bis ins Mittelalter zu Karl dem Großen zurück, der per Erlass den Bauern erlaubte, ihren Wein direkt verkaufen zu dürfen. Die Wengerter (Winzer) sollten dazu einen Zweig, Besen, Kranz, oder ähnliches am Haus befestigen, um den Ausschank zu kennzeichnen. Und wer heutzutage ein solches Wirtshaus besuchen will, der sollte ebenfalls Ausschau halten. Denn meistens signalisiert immer noch ein Reisigbesen an der Tür, dass man darin bewirtet wird. Noch einfacher geht es aber mit dem Reutlinger General-Anzeiger. Wir zeigen Ihnen ausgewählte Besenwirtschaften in der Region!
Albtorbesen, Reutlingen
Wo ist der Besen?
Jos-Weiß-Str. 1, 72764 Reutlingen
Wann hat der Besen geöffnet?
8. Oktober bis 13. Dezember
Mittwoch bis Samstag ab 17 Uhr
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Schlachtplatte, Rinderschmorbraten mit handgeschabten Spätzle und Käsespätzle Vesperteller mit Bio-Bauernbrot. Dessert: Crème brûlée.
Fassweine: Silvaner-Muscaris (weiß), Pinotin (rosé) und Spätburgunder (rot).
Warum muss man den Besen besuchen?
Bei winterlichen Temperaturen: Käsenfondue und Glühwein bei Kaminfeuer.
Muggaseggele, Betzingen
Wo ist der Besen?
Griesingerstr. 25, 72770 Reutlingen-Betzingen
Wann hat der Besen geöffnet?
6. November bis 6. Dezember
Donnerstag und Freitag ab 18 Uhr
Samstags Gruppen ab 20 Personen.
Jeweils nur mit Anmeldung.
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Wurstsalat, Vesper, Käseplatte, Saure Kutteln, Schmalzbrot, Maultaschen.
Schillerwein (rosé): zwei verschieden Jahrgänge.
Warum muss man den Besen besuchen?
Gelegentlich Livemusik mit steirischer Harmonika.
»Besede im Stall«, Metzingen
Wo ist der Besen?
Lechstraße 1, 72555 Metzingen
Wann hat der Besen geöffnet?
3. Oktober bis 22. November
Freitag und Samstag ab 18 Uhr
Sonn- und Feiertagen ab 11:30 Uhr
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Schlachtplatte, Kassler mit Kraut und Brot, Vesperteller. Dessert: »Betthupferl«. Sonntags Kuchen.
Neuer Wein »Federweißer« und verschiedene andere Weine. »Besen-Egon« und »Besen-Berta«.
Warum muss man den Besen besuchen?
Dieses Jahr 20. Geburtstag.
Mostbesen Reusch »Zur alten Schreinerei«, Metzingen
Wo ist der Besen?
Neuhauser Straße 37, 72555 Metzingen – Glems
Wann hat der Besen geöffnet?
1. November bis 14. Dezember
Freitag und Samstag ab 18 Uhr
Sonntags ab 12 Uhr
Montag bis Donnerstag für Gruppen ab zehn Personen auf Reservierung.
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Schlachtplatte, Tagesessen, verschiedene Vesper, selbstgemachter Zwiebelkuchen und Krautkuchen aus dem Holzofen. Sonntags Kaffee und Kuchen.
Weine aus dem Ermstal, große Auswahl an verschiedenen Mösten.
Warum muss man den Besen besuchen?
Großteil der Speisen aus eigener Produktion.
Saftschmiede, Dettingen
Wo ist der Besen?
Vogelsangstr. 41, 72581 Dettingen/Erms
Wann hat der Besen geöffnet?
6. bis 9. November und 13. bis 16. November
Donnerstag, Freitag, Samstag ab 16 Uhr
Sonntags ab 11.30 Uhr
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Schlachtplatte, Rahm- und Zwiebelkuchen. Martinsgans mit Rotkraut und Knödel auf Vorbestellung.
Most, Lemberger, Weißwein und Schillerwein. Bier.
Warum muss man den Besen besuchen?
Besen mit Vollkonzession. Samstags Musik.
Besenwirtschaft am Brünnele, Kappishäusern
Wo ist der Besen?
Brunnenstr. 5, 72639 Neuffen-Kappishäusern
Wann hat der Besen geöffnet?
09. Oktober bis 08. November
Donnerstag bis Samstag ab 18 Uhr
Sonntag und Feiertag ab 11.30 Uhr
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Schlachtplatte, Vesperplatten, Schweizer Wurstsalat, Zwiebelkuchen.
Thurgau, Kerner Riesling, Chardonnay (weiß).
Schwarzriesling, Dornfelder, Spätburger (rot).
Warum muss man den Besen besuchen?
Dieses Jahr wird die Besenwirtschaft 40 Jahre alt.
Altstadtbesen, Tübingen
Wo ist der Besen?
Haaggasse 22, 72070 Tübingen
Wann hat der Besen geöffnet?
8. Oktober bis 13. Dezember
Mittwoch bis Samstag ab 17 Uhr
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Vesperteller, warme Speisen wechseln alle zwei Wochen.
Fassweine: Pinotin, Cabernet Jura, Sangiovese (rosé und rot), Souvignier Gris (weiß).
Warum muss man den Besen besuchen?
Besen in 500 Jahre altem, denkmalgeschützten Haus.
Besen auf dem Kreuzberger Hof, Tübingen
Wo ist der Besen?
Geißwiesenstr. 48, 72070 Tübingen-Hagelloch
Wann hat der Besen geöffnet?
18. bis 19. Oktober
Samstag ab 16.00 Uhr
Sonntag ab 11.30 Uhr
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Spanferkelbraten, Vesper, Käse und mehr.
Schwäbischer Landwein, selbst gekeltert (rot, rosé), Sauvignon Blanc und Kerner (weiß).
Warum muss man den Besen besuchen?
Traditioneller Besen mit wenig Sitzplätzen - Zusammenrücken erwünscht.
Besenwirtschaft am Enzbach, Unterjesingen
Wo ist der Besen?
Spielbergstraße 27, 72070 Tübingen-Unterjesingen
Wann hat der Besen geöffnet?
23. Oktober bis 26. Oktober
Donnerstag, Freitag, Samstag ab 15.30 Uhr
Sonntag ab 10 Uhr
Was gibt's Besonderes zu essen und zu trinken?
Käsebrot, Rauchfleischbrot und Forellenfilet. Schlachtplatte, Ochsenbrust mit Bratkartoffeln, und Sahnemeerrettich, Bauernbratwürste und Kartoffel-Kürbis-Suppe.
Müller-Thurgau (weiß), Rosé, Acolon, Cabernet Cantor (rot), 2023 Acolon im Holzfass gereift.
Warum muss man den Besen besuchen?
Alle Weine sind bei der Landesweinprämierung mit Preismünzen ausgezeichnet worden.

