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Ortsunabhängiges Arbeiten: Flexibilität ist im Kommen

Home-Office ist in vielen schwäbischen Firmen möglich. Mehr Freiräume für Festangestellte bereichern auch die Betriebe.

Home-Office - in vielen schwäbischen Firmen möglich
Home-Office - in vielen schwäbischen Firmen möglich Foto: Leigh Prather
Home-Office - in vielen schwäbischen Firmen möglich
Foto: Leigh Prather

Festanstellung und Sicherheit oder Flexibilität und Freiheit - Ideale, die sich in der Vergangenheit als Gegensatzpaare gegenüberstanden, sind heute immer öfter unter einem Hut anzutreffen. Entspannte Karriere-Eltern und festangestellte Weltenbummler - es geht immer öfter, zumindest Ersteres.

»Deutschland ist nicht gerade das familienfreundlichste Land in punkto Vereinbarkeit von Familie und Beruf«, sagt Šabedin Umeroski, Berater bei der Reutlinger Arbeitsagentur. Flexible Arbeitsmodelle seien nach wie vor die Minderheit. »Wir haben noch ein veraltetes Verständnis davon, wie, wo und wann gearbeitet werden muss. Und es fehlt oft die Akzeptanz, dass zum Beispiel Kinder im Hintergrund zu hören sind.« Doch das Land befinde sich in einem Generationenwechsel: »Leben und Sterben für die Arbeit - das galt für die ältere Generation, doch die jüngeren Arbeitnehmer schätzen ihr Privatleben sehr und die Arbeit geht ihnen nicht mehr über alles.« Das hätten viele Chefs noch nicht verstanden. Gerade jetzt werden Firmen allerdings mehr und mehr zum Umdenken gezwungen: »Der Arbeitsmarkt ist satt, das heißt der Bewerber gibt den Ton an und die Arbeitgeber müssen in Konkurrenz treten«, erklärt Umeroski. Der Prozess sei jedoch zäh, so Umeroski. Es sei oft schwierig, Arbeitgeber dazu zu motivieren, flexiblere Arbeitsmodelle anzubieten. Gerade in Süddeutschland herrscht kulturbedingt nach wie vor die »Schaffe-schaffe-Häusle-bauen«-Mentalität vor.

Umeroski und seine Partnerin, die auch bei der Arbeitsagentur arbeitet, leben selbst das Modell des zumindest teilweise ortunabhängigen Arbeitens: Als frisch gebackene Eltern gehören Homeoffice-Tage für sie zum ganz normalen Arbeitsalltag. »Unser Chef hatte erst Bedenken«, berichtet Umeroski. »Ich habe dann vorgeschlagen, es doch einfach mal zu testen.« Mit den guten Erfahrungen, die sein Arbeitgeber nun machen konnte, haben sie den Weg bereitet für andere, die sich auch mehr Freiheit wünschen.

Der wichtigste Vorteil liegt auf der Hand: die höhere Motivation. »Die Leute sind ausgeglichener und die entspanntere Haltung wirkt sich auf die Arbeitseinstellung aus«, spricht Umeroski aus Erfahrung. Das kann Theresa Monopoli nur bestätigen. Sie ist Personalleiterin des Metzinger IT-Unternehmens Advanced Unibyte, dessen Mitarbeiter oft und gerne die Möglichkeit des Homeoffice nutzen. »Durch die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf geht es den Mitarbeitern besser und sie sind daher auch leistungsfähiger«, sagt Monopoli. »Außerdem ist die Mitarbeiterbindung höher, unsere Attraktivität als Arbeitgeber steigt und unsere Mitarbeiter können sich in jeder Lebensphase mit dem Unternehmen identifizieren.« Auch im Reutlinger Unternehmen für Software- und Systementwicklung Multi Channel Systems ist Homeoffice sehr gefragt. »Man muss sich nur mit seinem Team absprechen, denn das Büro muss ja belegt sein«, sagt Personalchef des Unternehmens Georg Schmidt.

Mit neuen technischen Möglichkeiten, etwa Videokonferenz-Meetings oder dem ortsunabhängigen Zugriff auf den Arbeitscomputer per VPN-Zugang, sind der örtlichen Flexibilität in vielen Berufsfeldern zumindest theoretisch kaum Grenzen gesetzt. Zu große Flexibilität bei einer Mehrheit der Mitarbeiter würde Monopoli jedoch nicht befürworten: »Wenn alle nur noch im Homeoffice arbeiten würden und man sich gar nicht mehr sieht, würde der Teamgeist verloren gehen.« Auch bestehe die Gefahr, dass derjenige der ständig von zu Hause arbeitet, nicht zur Ruhe kommt, da er ja keine durch einen Büroaufenthalt begrenzte Arbeitszeit hat. Außerdem müsse der Mitarbeiter für den Kunden immer erreichbar sein. Der Wunsch nach Extremen, wie »von Mallorca aus für eine Firma im Ländle arbeiten«, beschreibt jedoch ohnehin die große Ausnahme, auch wenn prinzipiell die Möglichkeit bestünde.

Wer tatsächlich hundertprozentig ortsungebunden und doch festangestellt arbeiten will, tut sich gerade im süddeutschen Raum schwer. »Das sind wenige Luxuspositionen, Sterne am Himmel, verschwindend gering«, sagt Umeroski. Bei Multi Channel Systems gibt's zwei solcher Sterne: »Ein Kollege, der in Reutlingen angefangen hat und dann aber zu seiner Studienfreundin nach Norwegen ziehen wollte, arbeitet nun von dort aus, eine andere Kollegin wollte in Paris leben«, berichtet Schmidt. »Das Aufgabenfeld passt: beide sind Vertriebler im Außendienst.« Bedenken seitens der Unternehmensführung gab es nicht: »Unser Betrieb setzt generell auf Eigenverantwortung und Vertrauen.«

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