TÜBINGEN. Geldsegen im Cyber Valley in Tübingen. Zumindest für vier Leuchtturmprojekte aus Baden-Württemberg. Denn der parlamentarische Staatssekretär des Bundesumweltministeriums, Christian Kühn (Grüne), und die Geschäftsführerin der Zukunft-Umwelt-Gesellschaft (kurz ZUG) gGmbH, Corinna Enders, übergaben Förderbescheide an vier Projekte mit Themenschwerpunkt Künstliche Intelligenz (KI). Bei den Projekten handelt es sich um KI-Leuchtturmprojekte, welche die KI einsetzen, um die Umwelt zu schützen. Durch die Förderung sollen diese dann wie Leuchttürme Strahlkraft erreichen und Nachahmer finden, sagte Kühn. Mit diesem Förderprogramm kombiniere das Bundesumweltministerium Forschungs- und Technologieförderung mit den Schwerpunkten des Hauses, also Umwelt-, Natur- und Ressourcenschutz, betonte Kühn. Insgesamt wurden Förderbescheide in Höhe von ungefähr 5,5 Millionen Euro vergeben.
Klimaneutrale Kläranlagen
Über 850 000 Euro davon gehen an das KI-Leuchtturmprojekt Kikka. Kikka steht für Künstliche Intelligenz für klimaneutrale Klärung. Ziel des Projektes ist es, die Treibhausgasemissionen von Kläranlagen deutlich zu minimieren. Denn lange Zeit wurden bei Kläranlagen nur die indirekten Emissionen betrachtet, also beispielsweise, wie viel Strom die Anlage verbraucht. Dass das fatal ist, zeigen aktuelle Hochrechnungen, nach denen ungefähr 80 Prozent der Emissionen einer Kläranlage direkte Emissionen sind, also zum Beispiel auch Lachgas, welches freigesetzt wird. Problematisch ist das, weil Lachgas 273-mal klimaschädlicher als CO2 ist. Deswegen nimmt das Projekt Kikka den Lachgasausstoß von Kläranlagen in Angriff. Die KI hilft dabei, die hoch komplexen Abläufe in der biologischen Reinigungsstufe klimaschonend zu steuern. Das Ziel ist, mit möglichst geringem Energieverbrauch und der größtmöglichen Reduzierung von Lachgasemissionen den bestmöglichen Gewässerschutz durch die Abwasserreinigung sicherzustellen.
Auch etwas mehr als 850 000 Euro gingen an das Leuchtturmprojekt Nadiki, das sich zum Ziel gesetzt hat den realen Energie- und Ressourcenverbrauch und den damit verbundenen Ausstoß von CO2 von KI-Anwendungen sichtbar zu machen. Ganz konkret kann das dabei helfen zu entscheiden, ob sich der Einsatz von KI für bestimmte Situationen überhaupt lohnt. Es wird also abgewogen was der Einsatz von KI selbst in Umweltwirkung, also zum Beispiel im Energieverbrauch, kosten würde und wie viel durch die KI im Gegenzug eingespart wird.
Über 1 700 000 Euro gingen an das Leuchtturmprojekt Desire4electronics, welches die Recyclingsquote von Elektrokleingeräten optimiert. Das gelingt durch die Automatisierung der bislang manuellen und ineffizienten Demontage, die Methoden des maschinellen Lernens nutzt.
Das Projekt Recyclebot erhielt über 2 Millionen Euro und setzt sich zum Ziel die Recyclingsquote von Kunststoffabfällen deutlich zu erhöhen. Gelingen soll dies durch die Optimierung des Sortiervorgangs mittels KI.
Noch vor der Förderbescheidübergabe, wurden Christian Kühn und die anderen Teilnehmenden durch die Labore des Cyber Valleys geführt, wo ihnen einige Forschungsprojekte vorgestellt wurden.
Landwirtschaft neu denken
Dort lernten sie auch den KI-gesteuerten Roboter Polybot kennen. Das Team rund um den Polybot will die Landwirtschaft total neu denken. Ziel sei es von vielen großen Maschinen zu kleinen Robotern zu kommen. Der Polybot soll zum Beispiel ernten können und Unkraut jäten. Vorgeführt wurde, wie der Polybot Äpfel auf einer Wiese erkennt, sie aufhebt und in eine Kiste auf seinem Rücken legt. Ein Raum weiter sind Unmengen an Kameras verbaut. Dort will man den Menschen digitalisieren und möglichst genau animieren. Das macht dann nicht nur Computerspiele durch realistischere Avatare besser, sondern findet auch Anwendung in der Psychologie und der Medizin. So können an Magersucht Erkrankte ihre Körperform mit Avataren in VR realistischer einschätzen. (GEA)