REUTLINGEN. Vor knapp fünfeinhalb Jahren hat der japanische Konzern Bridgestone den traditionsreichen Reutlinger Reifenhändler Reiff übernommen. Nun stellt Thies Völke, Geschäftsführer der Reiff Süddeutschland Reifen und Kfz-Technik GmbH, im Gespräch mit dem GEA fest: »Nach einigen Änderungen haben wir uns inzwischen wieder eine erfolgreiche Marktposition erarbeitet.« Das Unternehmen beschäftigt demnach 450 Personen, davon 90 in Reutlingen. Wenn derzeit von Sommer- auf Winterreifen gewechselt werde, sei dies »die für uns mit Abstand arbeitsreichste Phase des Jahres«, erklärt Völke.
Das Reutlinger Familien- und Handelsunternehmen Reiff hatte 2017 den Geschäftsbereich Reifen und Autotechnik an die zum US-Finanzinvestor Bain Capital Private Equity gehörende European Tyre Distribution (London) verkauft – mit Nutzungsrecht des Namens Reiff. Anfang 2020 rutschte der Betrieb in die Insolvenz. In der Folge fand die Reiff Reifen und Autotechnik GmbH ein neues Zuhause unter dem Dach des japanischen Reifenherstellers Bridgestone. Seit Juni 2020 ist sie Tochterfirma der Bridgestone Europe NV/SA (Zaventem nahe Brüssel/Belgien) und tritt am Markt als Reiff Süddeutschland Reifen und Kfz-Technik GmbH auf.
Führungsteam verjüngt
Reiff Süddeutschland war im Juni 2020 mit 554 Beschäftigten in Verwaltung, Lager, Runderneuerungswerk (alles in Reutlingen) sowie in 42 Niederlassungen in Baden-Württemberg, Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz an den Start gegangen. Das Rumpfgeschäftsjahr 2020 und das erste vollständige Geschäftsjahr 2021 seien infolge der Coronakrise von sinkenden Fahrleistungen geprägt gewesen, erinnert Völke. Es sind Umsätze von 45,5 Millionen Euro für 2020 und von 78 Millionen Euro für 2021 veröffentlicht – sowie Verluste in jeweils einstelliger Millionenhöhe.
Eine Restrukturierung in 2021 und 2022 habe die Schließungen der beiden Filialen in Altensteig (Landkreis Calw) und Welzheim (Rems-Murr-Kreis) sowie einen Personalabbau in der Verwaltung umfasst, berichtet der 59-jährige Geschäftsführer. »Wir haben das Führungsteam verjüngt und dabei auf Eigengewächse gesetzt, die bei Reiff gelernt und sich weiterentwickelt haben«, sagt der Industriekaufmann und Betriebswirt mit langjähriger und vielfältiger Erfahrung im Handel. Anfang 2024 sei der Firmensitz von Bad Homburg vor der Höhe (Hessen) nach Reutlingen zurückverlagert worden.
Noch nicht veröffentlichte Zahlen der jüngeren Vergangenheit will Völke nicht nennen. Er dementiert jedoch nicht, dass sich der Umsatz von Reiff Süddeutschland in Richtung 100-Millionen-Euro-Marke verbessert habe und er auch auf die Ergebnisrechnung inzwischen etwas entspannter blicke als früher.
40 Niederlassungen
Von den aktuell 40 Filialen von Reiff Süddeutschland werden 28 unter der Marke Reiff geführt, darunter auch die in Reutlingen, Metzingen, Tübingen und Hechingen. In den Großräumen Frankfurt, München und Stuttgart gibt es 11 Filialen unter der Bezeichnung Netto Reifen-Räder-Discount. In Stuttgart wird unter A/B/S zudem eine Karosserie- und Lackierwerkstatt betrieben. »Ditzingen ist die umsatzstärkste Filiale vor Mannheim«, beantwortet Völke eine Nachfrage. Dies liege vor allem daran, dass in diesen beiden Standorten besonders viele Lastwagen mit Rädern versorgt würden. Die Filiale Reutlingen liege in diesem Ranking auf Platz fünf.
In Reutlingen ist Reiff Süddeutschland an drei Standorten mit 90 Beschäftigten tätig: in besagter Filiale an der Tübinger Straße, am Rechts- und Verwaltungssitz an der Grathwohlstraße und (mit 45 Beschäftigten) im Runderneuerungswerk (Produktion, Zentrallager und Verwaltung) an der Auchtertstraße in Betzingen.
Völke weist darauf hin, dass in den vergangenen beiden Jahren »mehrere Hunderttausend Euro« in das Reutlinger Runderneuerungswerk für Nutzfahrzeugreifen investiert worden seien. Es gehe dabei um ein Pilotprojekt zur Heißrunderneuerung, das vor allem für Flottenfahrzeuge gute Perspektiven biete. Reiff sei bereits früher ein Partner der Bridgestone-Tochter Bandag gewesen, die Franchisegeber für das Runderneuerungsfahren sei, erläutert der Geschäftsführer. Insgesamt könnten in dem Reutlinger Werk knapp 40.000 Lastwagenreifen pro Jahr runderneuert werden.
Chancen mit Kfz-Dienstleistungen
Da der Reifenmarkt gesättigt und sehr preisempfindlich sei, sehe er im Erbringen von Kfz-Dienstleistungen durchaus Wachstumschancen, so Völke. Dabei biete Reiff Süddeutschland in den Niederlassungen Inspektionen nach Herstellervorgaben, Glasreparaturen/Scheibenaustausch, Bremsen-, Öl- und Lichttechnik-Service an – und in Kooperation mit dem TÜV auch Haupt- und Abgasuntersuchungen.
Der 1931 gegründete Bridgestone-Konzern (Tokio/Japan) beschäftigte Ende 2024 weltweit 121.464 Menschen. Er erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von umgerechnet knapp 28 Milliarden Euro und einen Überschuss von knapp 1,8 Milliarden Euro. (GEA)

