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Zeitreise: Zwei Münsinger brauten vor 100 Jahren Limonade

Rot, gelb, grün: August und Magdalena Rauscher brauten vor 100 Jahren noch selbst Limonade. In Münsingen stand die einzige Mineralwasserfabrik auf der Mittleren Schwäbischen Alb.

Die Rauschers stellten von 1908 an Limonade im eigenen Wohn- und Ökonomiegebäude in Auingen her.  FOTO: LENK
Die Rauschers stellten von 1908 an Limonade im eigenen Wohn- und Ökonomiegebäude in Auingen her. Foto: Joachim Lenk
Die Rauschers stellten von 1908 an Limonade im eigenen Wohn- und Ökonomiegebäude in Auingen her.
Foto: Joachim Lenk

MÜNSINGEN-AUINGEN. Vor mehr als 100 Jahren hatte der heutige Münsinger Stadtteil Auingen eine eigene Mineralwasserfabrik. Sie war seinerzeit die einzige weit und breit auf der Mittleren Schwäbischen Alb.

August und Magdalena Rauscher hieß das Ehepaar, das 1908 im eigenen Wohn- und Ökonomiegebäude in der Hauptstraße 284 in Auingen mit der Produktion von Limonade begann. Dort füllten die Rauschers in Handarbeit Zitronensaft, mit Wasser verdünnt, in Flaschen ab. Schon bald mischte der Zwei-Personen-Betrieb das mit Kohlensäure versetzte Erfrischungsgetränk auch mit anderen Früchtesorten. Es gab rote, gelbe und grüne Limonade. Die Herstellung hatte Rauscher in Maria Einsiedeln in der Schweiz gelernt.

Flaschen mit Bügelverschluss

Anfangs belieferte man mit der Schubkarre die Kantinen in der Soldatensiedlung Altes Lager und die Gastwirtschaften in der Umgebung. Wenig später leistete sich August Rauscher dann ein Pferdefuhrwerk, um die Limonadenkisten auszufahren. Inzwischen füllte er das Getränk in eigene Flaschen mit Aufdruck. Auf dem Bügelverschluss stand: »Eigentum der Mineralwasserfabrik von August Rauscher, Auingen, Telf. 59.« Die Geschäfte liefen so gut, sodass er nach dem Ersten Weltkrieg auf dem Nachbargrundstück In Heidornen 2 eine neue Produktionsstätte mit Kühlmöglichkeiten anbaute.

Zu dieser Zeit war Rauscher überall als »Limonaden-Rauscher« bekannt. Auch wenn jemand nach Geschäftsschluss am Abend noch an der Tür klingelte, verkauften er und seine Frau die selbst gemachte Limonade über das Küchenfenster. To go anno dazumal.

Nach dem Zweiten Weltkrieg durfte Rauscher mit Einverständnis der französischen Besatzungsmacht von 1946 an weiterhin Limonade herstellen. Auf dem Flaschenbauch der Glasflaschen stand damals zu lesen: »Eigentum von Aug. Rauscher – Tr. Üb. Pl. Münsingen – Tel. S. A. 278«. Sohn Eugen und seine Ehefrau Frida halfen ebenfalls im Betrieb mit. Später übernahm das Ehepaar das Geschäft, das im Nebenerwerb weiterbetrieben wurde, da Rauscher im Hauptberuf ein florierendes Fuhrunternehmen leitete.

Bier im Sortiment

Das war auch der Grund, weshalb er die Limo nicht mehr selbst produzierte, sondern den Sprudel von der »Göppinger Mineralquelle« bezog. Das Geschäft hieß von nun an »Rauscher Mineralwassergroßhandel«, das später noch verschiedene Biersorten von unterschiedlichen Brauereien aus der Region im Sortiment hatte. Sohn Reinhold unterstützte in der Freizeit seine Eltern im Geschäft.

Da die Lagerkapazität im Lauf der Zeit immer knapper wurde, bauten Rauschers im rückwärtigen Teil Mitte 1964 ein einstöckiges Gebäude. Knapp zwei Jahrzehnte später waren die guten Zeiten vorbei. Die Konkurrenz der Supermärkte in Münsingen wurde immer größer. Deshalb schloss 1982 das inzwischen unter »Getränkevertrieb Rauscher« firmierende Geschäft. (lejo)