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Wie ein Inklusionsprojekt die Münsinger Kirchengemeinde verändert hat

Ein dreijähriges Inklusionsprojekt hat die evangelische Kirchengemeinde Münsingen verändert. »Das ist keine Herausforderung, sondern eine Bereicherung.« So fasst der Pfarrer und Projektleiter Salomo Strauß zusammen, was in diesen drei Jahren in der Kirchengemeinde passiert ist.

Magdalena Schlenker ist über das Projekt zur Mitarbeit in der Münsinger Kirchengemeinde gekommen. Auch bei der Blumen-Aktion hat
Magdalena Schlenker ist über das Projekt zur Mitarbeit in der Münsinger Kirchengemeinde gekommen. Auch bei der Blumen-Aktion hat sie mitgeholfen. FOTO: PRIVAT
Magdalena Schlenker ist über das Projekt zur Mitarbeit in der Münsinger Kirchengemeinde gekommen. Auch bei der Blumen-Aktion hat sie mitgeholfen. FOTO: PRIVAT

MÜNSINGEN. Es sollte keine »Projekt-Eintagsfliege« werden, wie Pfarrer Salomo Strauß das nennt: Als sich die evangelische Kirchengemeinde Münsingen zusammen mit der Samariterstiftung vor drei Jahren auf den Weg gemacht hat, um Menschen mit Behinderung mit ihren ganz unterschiedlichen Gaben besser in die Kirchengemeinde einzubinden, ging es um Veränderungen, die von Dauer sein sollen. Und das sind sie. Annika Randecker, die drei Jahre lang für das Projekt gearbeitet hat, ist mit einem besonderen Gottesdienst an Himmelfahrt verabschiedet worden. Es bleiben die Menschen, die durch ihre Arbeit Anschluss an die Kirchengemeinde gefunden haben.

Bereicherung für die Kirchengemeinde

»Das ist keine Herausforderung, sondern eine Bereicherung.« So fasst der Pfarrer und Projektleiter Salomo Strauß zusammen, was in diesen drei Jahren in der Kirchengemeinde passiert ist. Offenheit ist gewachsen, neue Projekte sind entstanden, das Miteinander ist vielfältiger und bunter geworden – weit über die Erwartungen hinaus, wie Strauß den Erfolg des Projekts beschreibt. Gefördert wurde es von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Münsinger Alb Stiftung Zeit für Menschen. Erfolgreich war das Projekt vor allem deshalb, weil Gemeinde und Samariterstiftung ganz nah bei den Menschen ansetzten. Die entscheidende Frage war nicht, was die Kirche braucht, wo Helfer nötig sind. Vielmehr wurden die Menschen mit Behinderung, die Lust auf eine Mitarbeit in der Gemeinde geäußert hatten, gefragt, was sie denn gerne tun und in die Kirche einbringen möchten. So unterschiedlich wie die Leute, so vielfältig sind ihre Interessen und Stärken. Der eine hilft begeistert bei Hausmeister- und Handwerker-Arbeiten, die andere backt sehr gern. Aus dieser Vorliebe entstand ein inklusives Projekt, bei dem gemeinsam für Menschen gebacken wurde, die alt oder krank sind und nicht mehr in die Kirche kommen können.

Segensgrüße im Lockdown

Einer der neuen Aktiven in der Münsinger Gemeinde wünschte sich, bei der Austeilung des Abendmahls mithelfen zu können. »Ihn dabei zu beobachten, ist besser als jede Predigt«, berichtet Salomo Strauß, wie auch dieses Engagement viele Menschen berührt. Wieder andere bringen sich bei der Unterstützung der Mesnerin Tina Ziegler, bei der musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes oder ganz einfach beim Schreddern alter Akten ein. Strauß: »Auch das ist eine Hilfe.«

Um das wertvolle Engagement nach dem Ende der finanziell geförderten Projektphase nicht einschlafen zu lassen, wurde in der Kirchengemeinde eine neue Struktur geschaffen: Paten unterstützen die Mitarbeiter mit Behinderung. So haben sich verschiedene »Gespanne« gebildet, die langfristig zusammenarbeiten. Ansprechpartnerin für die Paten ist Tina Ziegler, die dafür eine Weiterbildung absolviert hat.

Gemeinsame Aktionen

Besonders schön findet Strauß, dass sich durch das Projekt auch in der Kirchengemeinde vieles verändert hat. Die anfängliche Unsicherheit sei der Offenheit und dem Gefühl von Bereicherung gewichen. Und obwohl Corona auch in der Kirchengemeinde manches ausgebremst hat, sind in dieser schwierigen Zeit schöne gemeinsame Aktionen entstanden. Besonders gern erinnert sich Strauß an die liebevoll produzierten Segensgrüße, die während des ersten Lockdowns aus der geöffneten Martinskirche mitgenommen werden konnten: handgeschöpftes Papier mit Blumensamen.

Nicht sagen, was die Kirche braucht, sondern fragen, was die Menschen wollen: Dieser Ansatz – findet Salomo Strauß – ist nicht nur auf Menschen mit Behinderung beschränkt. »Das gilt für jeden Menschen, der in Münsingen lebt und vielleicht Lust hätte, sich auf irgendeine Weise einzubringen.« (GEA)