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Aktuell Soziales

So läuft in Gammertingen Jugendarbeit unter Coronabedingungen

In Gammertingen wird der Jahresbericht des städtischen Jugendbüros im Gemeinderat vorgestellt.

Graffity gehört zum Programm des Jugendzentrums Alte Strickerei.  FOTO: MARIABERG
Graffity gehört zum Programm des Jugendzentrums Alte Strickerei. FOTO: MARIABERG
Graffity gehört zum Programm des Jugendzentrums Alte Strickerei. FOTO: MARIABERG

GAMMERTINGEN. Die Coronaregeln erschweren Begegnungen, machen sie fast unmöglich, gerade jetzt wäre aber eine engagierte und konstante Jugendarbeit wichtig, eröffnete Michael Egerter, Schulsozialarbeiter an den Gammertinger Schulen, seinen Jahresbericht vor dem Gemeinderat der Laucherttalgemeinde.

Kindern und Jugendlichen sind Kontakte weggebrochen, Freiräume – etwa außerhalb des Elternhauses oder der Schule – fehlen. Grenzen kennenlernen, Empathie entwickeln – all das finde nicht statt, beschreibt Egerter die Lage. Zukunftsängste seien zu spüren, sogar Ansätze von Depressionen. »Ich fühle mich allein«, zitierte er einen Schüler.

Gegen Vereinsamung

Eine Schülerin hatte in einem Internetforum suizidale Gedanken geäußert, der Schulsozialarbeiter wurde von Freundinnen darauf hingewiesen. Egerter suchte das Gespräch mit den Eltern und der Schülerin, die Geschichte ging gut aus. Was steckte dahinter, wie ernst war das Ganze? Das konnte nicht ermittelt werden. Die Episode zeige aber, wie wichtig es sei, dass Ansprechpartner erreichbar seien: »Wichtig ist, dass jemand da ist.« Fälle von Cybermobbing haben die Schulsozialarbeit gefordert oder Trauerarbeit nach dem Tod eines Schülers. »Die Jugendarbeit ist bei solch zeitintensiven Problemen mit im Boot.«

Kontakte werden auch in Gammertingen zunehmend über soziale Medien aufrechterhalten, etwa über einen neu eingerichteten Instagram-Account, auch Geschichten können online vorgelesen werden. Weil die Probleme der Jugendlichen aber auch aus dem Onlineunterricht resultieren, sind persönliche Begegnungen um so wichtiger. Hausbesuche gibt es auch in Pandemiezeiten, Schüler-, Lehrer-, und Elternberatung an der Schule ebenso. Kleine Dinge helfen: Überraschungstüten mit kleinen Geschenken für Grundschüler, Stofftiere für die etwas Älteren: »Sie merken, man denkt an sie«, sagt Egerter.

Jugendliche treffen sich nach wie vor

Corona hin, Pandemie her, Jugendliche treffen sich nach wie vor. Im Jugendzentrum »Alte Strickerei« oder im Freien. Es gab ja immer wieder auch Phasen, in denen die Beschränkungen gelockert waren. Einige Jugendlichen störte und stört dabei zunehmend der Unrat an den Treffpunkten. Eine Lösung könnten mehr und größere Papierkörbe sein, glaubt zum Beispiel Philipp, der dem Gemeinderat einen Lösungsvorschlag vortrug. Aus dem Gedanken wurde ein Projekt unter den Fittichen des Jugendbeauftragten Otto Sommer: In der Alten Strickerei wurden aus Holz und Papier Modelle gebastelt. Mit dem Muster ging es ins Gammertinger Blechlasercenter, das erste Vorserienmodell konnte Philipp jetzt den Räten präsentieren: aus Edelstahl, groß genug für blaue Müllsäcke, in ansprechendem Design. Für die Mülleimer werden jetzt Paten gesucht, denn ganz billig sind sie nicht: 450 Euro pro Stück hat Sommer kalkuliert, es sollen ja keine rostigen Kübel sein. So teuer sei das nicht, erläuterte Bürgermeister Holger Jerg den aufgeschreckten Räten, und bot einen Blick in die Kataloge seiner Anbieter an. Vor der Serienfertigung sollten die Jugendlichen aber noch mal mit dem Bauhof reden, »die wissen, auf was man da praktisch achten muss«, riet der Bürgermeister

Mülleimerpaten gesucht

»Mehr schlecht als recht«, sei die Arbeit während der Pandemie gelaufen, meinte Sommer. Trotzdem konnte er Erfolge vermelden. Eine Onlinedebatte mit den Kandidaten zur Landtagswahl habe 50 Jugendliche an die Bildschirme gelockt. Auch das Graffityprojekt wurde unter reger Beteiligung fortsgesetzt. Bei den Räten kam auch der Juze-Wald gut an. Finanziert aus einem Ökoflomarkt wurden Bäume unter dem fachmännischen Blick von Förster Elmar Molnar gepflanzt. Mit dem geplanten nächsten Flohmarkt könnte ein soziales Projekt angegangen werden, meinte Sommer. Sommer strebt einen großen und festen »Kundenstamm« an. Er habe in den zwei Jahren seiner Tätigkeit schon den zweiten Generationswechsel mitgemacht. Insgesamt sei »seine« Klientel jünger und weiblicher geworden.

Frank Steng von der Jugendarbeit Mariaberg zog das Fazit: »Wir sind froh und erleichtert, dass durch die Diskussion in den letzten Wochen eines wieder klar wurde: Kinder und Jugendliche sind Menschen, nicht nur Schüler.« (GEA)