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Sanierungsbedarf im Trochtelfinger Untergrund

Risse, Fettablagerungen und Wurzeln: Eine Kamerafahrt durch die Kanäle deckt Schäden auf

ARCHIVFOTO: ZENKE
ARCHIVFOTO: ZENKE

TROCHTELFINGEN. Der Blick in den Untergrund, weiß Andreas Stauß, »ist nicht besonders populär«. Mit der Abwasserbeseitigung wird gemeinhin wenig Appetitliches assoziiert. Dennoch: »Das Kanalsystem ist einer der größten Vermögensgegenstände einer Gemeinde und eine Pflichtaufgabe«, unterstrich der Ingenieur die Wichtigkeit des Themas, mit dem sich der Trochtelfinger Gemeinderat in seiner Jahresabschluss-Sitzung befasste. Die Dimensionen sind beachtlich: Stattliche 28 Kilometer lang ist das Kanalsystem allein im Städtle – die Teilorte noch nicht mit eingerechnet.

Stauß und seine Kollegen vom Ingenieurbüro Kovacic haben die Rohre inklusive der 1 028 dazugehörigen Schächte mithilfe einer Fachfirma im Auftrag der Gemeinde durchgecheckt. Nach der Erstuntersuchung der Trochtelfinger Kanäle vor 23 Jahren war es höchste Zeit für die Inspektion, die dank Kamerabefahrung ein umfassendes Bild vom Zustand der Kanäle gibt: Die sogenannte Eigenkontrollverordnung in Baden-Württemberg sieht vor, dass die Gemeinden die aufwendige Prozedur alle zehn bis 15 Jahre wiederholen. Nicht ohne Grund, denn so werden die aufgetretenen Schäden rechtzeitig entdeckt und können nach und nach saniert werden.

Die Reihenfolge, in der die Reparaturen abgearbeitet werden, ergibt sich aus den sechs »Objektklassen«, in die die Fachleute die Untersuchungsergebnisse einteilen. Bei Klasse 0 ist alles in bester Ordnung, bei Kanälen in Klasse 5 am anderen Ende der Skala besteht dagegen »sofortiger Handlungsbedarf« – was drastischer klingt als es ist, weil die Fachleute darunter ein Zeitfenster von bis zu fünf Jahren verstehen. In Trochtelfingen sind die ganz schweren Fälle zudem rar, in Klasse 5 fallen nur zwei Prozent der Kanäle, berichtete Stauß.

Der Ingenieur zeigte an Beispielen auf, was eine 5 verdient hat: Im Burgweg ist ein Rohr komplett gebrochen, in der Mühlgasse behindern massive Fettablagerungen den Durchfluss und in der Vorstadt werden Wurzeln den Kanal bald vollends verschließen, wenn nichts getan wird. Am Kressenberg haben aggressive Abwasser-Inhaltsstoffe das Material angefressen und am Graben sickert die Brühe durch einen gut 10 bis 15 Zentimeter breiten Spalt, der sich durch den Versatz zweier Rohre gebildet hat.

Ortsteile folgen 2020 und 2021

6,7 Kanal-Kilometer – das entspricht 27 Prozent – bekommen die Note 4, hier besteht also »kurzfristiger Handlungsbedarf«. 7,9 Kilometer und damit 31,5 Prozent liegen mit Klasse 3 im Mittelfeld. Gut ein Drittel der Rohre und Schächte ist so gut in Schuss, dass weder kurz- noch mittelfristig etwas gemacht werden muss. Mit dieser Bilanz liege die Stadt Trochtelfingen im Vergleich zu anderen Gemeinden im Durchschnitt, so Stauß auf Nachfrage aus dem Gremium.

Dass in den kommenden Jahren einiges in den Untergrund investiert werden muss, liegt auch am Alter der Kanäle: Der Großteil wurde in den 1960er- und 70er-Jahren verlegt. »Das Material ist einem Alterungsprozess unterworfen«, erläuterte Stauß. Auch die Tatsache, dass man es mit den Umweltschutz-Anforderungen an die Abwassersystemen damals noch nicht so eng gesehen habe, ziehe jetzt Verbesserungsbedarf nach sich.

Alle Schäden in der Kernstadt zu beheben, würde rein rechnerisch 2,16 Millionen Euro kosten. Relevant sind vor allem die 152 600 Euro, die die Stadt für Reparaturen im Bereich der Objektklasse 5 ausgeben muss. Die kurz- und mittelfristigen Sanierungsarbeiten werde man sich »in haushaltsverdaulichen Häppchen zu Gemüte führen«, so Bürgermeister Christoph Niesler. Die Kanäle in den Ortsteilen Steinhilben (neun Kilometer) und Mägerkingen (zehn Kilometer) werden im kommenden Jahr befahren und dokumentiert, Hausen und Wilsingen sind dann 2021 dran. (ma)