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Aktuell Psychiatrie

Erwachsene Behinderte besser versorgen

Behandlungszentrum fängt Patienten nach dem Ende der Betreuung für Minderjährige auf

Dr. Alexander Baier und Martin Eggler leiten das neue Behandlungszentrum in Zwiefalten gemeinsam.  FOTO: ZFP
Dr. Alexander Baier und Martin Eggler leiten das neue Behandlungszentrum in Zwiefalten gemeinsam. FOTO: ZFP
Dr. Alexander Baier und Martin Eggler leiten das neue Behandlungszentrum in Zwiefalten gemeinsam. FOTO: ZFP

ZWIEFALTEN. Die gesamtmedizinische Versorgung von schwer geistig behinderten Erwachsenen soll verbessert werden. Dafür hält das ZfP Südwürttemberg am Standort Zwiefalten seit Oktober mit dem neuen Medizinischen Behandlungszentrum für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen (MZEB) ein neues Behandlungsangebot vor. Dr. Alexander Baier, Chefarzt der Abteilung Neuropsychiatrie im ZfP am Standort Zwiefalten, und Martin Eggler, pflegerischer Abteilungsleiter, leiten das neue Zentrum gemeinsam.

Kooperation mit Fachärzten

»Viele Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung wurden in einem Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) allumfassend versorgt und fallen als junge Erwachsene aus diesem System heraus«, erklärt Baier. Das neue MZEB stelle eine Folgeeinrichtung dar und schließe eine Lücke in der medizinischen Versorgung dieser Patientengruppe. »Die Zielgruppe konnte im bisherigen System der niedergelassenen Ärzte nicht auseichend versorgt werden. Nun ist dies endlich möglich«, verdeutlicht Professor Dr. Gerhard Längle, Regionaldirektor Alb-Neckar des ZfP Südwürttemberg. Zielgruppe des Zentrums sind schwer geistig behinderte Erwachsene, die gleichzeitig auch schwerwiegende Kommunikations- und Verhaltensstörungen aufweisen. Solche Patienten seien nicht »wartezimmerfähig«, eine gute medizinische Behandlung ist deshalb oft schwierig. Aufnahmekriterien für das MZEB sind des Weiteren ein Alter von mindestens 18 Jahren sowie ein Grad der Behinderung von mindestens 70 Prozent. Indikationen sind auch angeborene oder erworbene schwere neurologische Erkrankungen.

Der zuständige Hausarzt überweist die Patienten direkt an das MZEB und das Behandlungszentrum übernimmt dann die Aufgabe, die medizinische Versorgung zu koordinieren. In Zwiefalten finden die medizinische Diagnostik und Behandlung vor Ort statt. »Wir haben auch die Möglichkeit, bei einer ausgeprägten psychischen Krankheit an unsere psychiatrische Spezialambulanz zu überweisen«, berichtet Baier.

Mit Fachärzten – zum Beispiel Zahnärzten oder Urologen – im Umkreis von Zwiefalten, um Riedlingen und Biberach besteht eine Kooperationsvereinbarung. »So kann man diesen Menschen eine medizinische Versorgung aus einem Guss bieten«, fasst Baier das Ziel zusammen.

Bestandteil der Betreuung und Behandlung sind auch nichtärztliche Leistungen, die zum Beispiel von Psychologen, Pflegepersonal, Ergotherapeuten, Krankengymnasten oder Sozialdienstmitarbeitern erbracht werden. Es kann auch sein, dass ein Patient nach Überweisung durch das MZEB in eine Facharztpraxis begleitet werden muss.

Eigene Praxis mit Behindertenbus

Mit im Team sind auch der Neurologe Dr. Stefan Diez, ein Allgemeinmediziner, verschiedene Therapeuten, Fachpflege sowie sozialdienstliche Unterstützung. Aus dem großen Erfahrungsschatz des multiprofessionellen Teams der Abteilung Neuropsychiatrie kann geschöpft werden.

Für die Region spielt das MZEB eine wichtige Rolle: »Für das ZfP Südwürttemberg, das am Standort Zwiefalten seit vielen Jahren eine der wenigen Spezialabteilungen für geistig behinderte Menschen mit einer akuten psychischen Erkrankung betreibt und dafür bundesweite Beachtung erfährt, ist dies eine lange gewünschte und für die Patienten notwendige Abrundung des Behandlungsangebotes«, stellt Regionaldirektor Längle die Wichtigkeit des neuen Zentrums heraus. Für das MZEB wurden bereits Räume renoviert, der Zugang ist barrierefrei. Wie in einer eigenen kleinen Praxis stehen ein Untersuchungs- und Behandlungsraum zur Verfügung sowie der behindertengerechte Bus der Abteilung. (em)